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Ausbildungsreform: Ein großer Schritt weg vom Bett?

Die lange geplante Ausbildungsreform in Österreichs Pflegesektor (GUKG-Novelle) rückt nun spät aber doch der Realisierung näher. Am vergangenen Freitag konnten in Verhandlungen mit dem Gesundheitsministerium die finanziellen Bedenken der Bundesländer offenbar ausgeräumt werden. Die Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) soll bereits ab September – allerdings in einem langen Zeitrahmen bis 2024 – schrittweise umgesetzt werden. Vor allem in der Langzeitpflege dürften damit wohl die Würfel gefallen sein: Die künftig auf FH-Niveau generalistisch ausgebildeten „diplomierten Pflege-Bachelors“ werden weitestgehend „umstrukturiert“, also durch billigere Pflege(fach-)assistenz mit nur ein- bzw. zweijähriger Ausbildung ersetzt werden – ein großer Schritt weg vom Bett…

 

Künftig soll die Ausbildung der Pflegekräfte über drei Schienen laufen. Neben einer Pflegeassistenz (bisher: Pflegehilfe, einjährige Ausbildung wie bisher) ist auch die Schaffung einer Pflegefachassistenz (neue zweijährige Grundausbildung) vorgesehen, die mehr Kompetenzen haben soll. Beide sollen weiterhin an den Krankenpflegeschulen ausgebildet werden. Die gehobenen Pflegefachkräfte (derzeit „diplomierte Pflegekräfte“) sollen künftig ausschließlich an Fachhochschulen ausgebildet werden.

Reform schon ab Herbst 2016 wirksam?

Inkrafttreten soll die Neuregelung bereits ab September 2016 stufenweise bis 2024. Allerdings soll dies nun auf einen noch längeren Zeitraum erstreckt werden können, und zwar dann, wenn die vollständige Überführung der Ausbildung des gehobenen Dienstes von den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen auf FH-Niveau bis dahin nicht gelingt. Für Ende 2023 ist eine umfassende Evaluierung der Reformschritte und des Zusammenspiels der einzelnen Berufsgruppen vorgesehen. Den Ländern, Behindertenorganisationen und Trägern sei man bei der Pflegeassistenzausbildung entgegengekommen, hieß es im Gesundheitsministerium. Die Ausbildungsdauer bleibe wie bisher bei einem Jahr, allerdings sei ein höherer Theorieanteil mit Schwerpunkt Langzeitpflege möglich.

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Reform muss kostenneutral für die Länder sein – bezahlen künftige Pflege-Studierenden ihren „Aufstieg“ an die FH selbst?

Den Ländern scheint dies zu reichen. Sie haben den im Herbst ausgelösten Konsultationsmechanismus, der den Bund zu Verhandlungen verpflichtet, wieder außer Kraft gesetzt. Der Salzburger Gesundheits- und Spitalsreferent Christian Stöckl (ÖVP) erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme, die Bundesländer hätten die GuKG-Novelle von Experten aus dem Wirtschaftsbereich und der Pflege hinsichtlich der Plausibilität der Zielsetzungen sowie des Kostenfaktors noch einmal genau überprüfen lassen (LAZARUS berichtete). Dazu Stöckl: „Dabei sind wir zum Ergebnis gekommen, dass wir es im Spitalsbereich unter Einbeziehung aller zusätzlichen Tätigkeiten dann schaffen, kostenneutral zu sein, wenn die Ausbildung der Pflegeassistenz auch nach 2024 fortgeführt wird.“

Weiters sehe man seitens der Länder jetzt Möglichkeiten, durch Umstrukturierungen in der Langzeitpflege und Ausnutzung von Synergien eine einigermaßen kostenneutrale Umsetzung der neuen Ausbildungsordnung zu schaffen, so Stöckl. „Außerdem hat die Gesundheitsministerin nunmehr zugesagt, dass die kostspielige Sozialversicherungspflicht für Studierende an Schulen für Sozialbetreuungsberufe nicht kommt. Auch das war mir ein großes Anliegen.“

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Widerstand in der Gewerkschaft: „Verlust der Mitte“

Als „Verlust der Mitte“ bezeichnete hingegen DGKS Ulrike Werhonnig, Vorsitzende der Fachgruppe Gesundheitsberufe in der Gewerkschaft, bei ihrem kritischen Referat im Rahmen des LAZARUS Pflegekongresses vor wenigen Wochen diese bevorstehende Entwicklung. Anders als bei den Ländern stößt die neue Pflegeausbildung bei der Gewerkschaft daher weiter auf Widerstand. Es sei dies eine „Reform mit dem Sparstift“, sagt Reinhard Waldhör von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Zu befürchten seien eine Nivellierung nach unten zulasten der Qualität. Das Personal mit FH-Ausbildung werde kaum am Krankenbett eingesetzt werden. Mit der Reform werde genau das Gegenteil des gewünschten Effekts erreicht, so die Befürchtung des Gewerkschafters. (Quelle: APA, 10.6.2016)

 

Erläuterungen zur GUKG-Novelle