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CED-Nursing Austria: Neue Zusatzausbildung ab 2017

v.l.n.r.: Ing. Evelyn Gross (ÖMCCV), Univ.-Prof. Dr. Harald Vogelsang (MedUni Wien), DGKS Anita Beyer, QM (CED-Nursing Austria), , Mag. Alexander Schauflinger (FINE FACTS Health Communication) – Foto: Wolf Leeb/ CED-Nursing Austria)

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Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) sind schwer belastet: Sowohl durch die Krankheit selbst, als auch durch ihre Auswirkungen auf alle Lebensbereiche. Auf medizinischer wie auch auf pflegerischer Ebene ist daher kompetente Betreuung gefordert. Die Praxis hat gezeigt, dass die aktuellen Pflegeleistungen bei CED in spezialisierten Zentren oft weit über das hinausgehen, wofür diplomiertes Pflegepersonal ausgebildet ist. Daher hat der Verein CED-Nursing Austria nun ein neues Ausbildungscurriculum ins Leben gerufen, das ab 2017 das Rüstzeug für ein umfassendes CED-Management in die Hand geben wird.

 

KOMPLEXE LANGZEITVERSORGUNG VON CED
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind die beiden häufigsten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, in Österreich sind etwa 60.000 bis 80.000 Menschen betroffen. Tendenz steigend. Meist sind die Betroffenen bei Diagnosestellung noch relativ jung und zwischen 18 und 45 Jahre alt. Krankheitssymptome sind u.a. blutige Durchfälle, Bauchschmerzen, Fieber, Müdigkeit und Gewichtsverlust – schwerwiegende Folgen wie Inkontinenz und Darmkrebs nicht ausgeschlossen.

Essenziell für den Verlauf einer CED – abgesehen von präventiven Maßnahmen wie dem Rauchstopp oder der Stressreduktion – ist eine frühzeitige Diagnose. „CED können nicht geheilt, aber gut therapiert werden“, erläutert Univ. Prof. Harald Vogelsang, Leiter der größten CED-Ambulanz Österreichs am AKH Wien. „Es bedarf allerdings einer lebenslangen Therapiebegleitung, die idealerweise über die reine medizinische Versorgung hinausgeht und spezialisierte Pflegeleistungen eng einbindet.“

ERKRANKUNG BESTIMMT DEN ALLTAG
„Gerade unmittelbar nach der Diagnose herrscht bei CED-Betroffenen oft große Verunsicherung. Vielen fehlt das notwendige Wissen und die Vorstellung, was ein Leben mit CED bedeutet“, erklärt Evelyn Gross von der Österreichischen Morbus Crohn-Colitis ulcerosa Vereinigung (ÖMCCV), selbst Betroffene. Durch ein Dutzend oder mehr Toilettengänge pro Tag mit starkem Durchfall – bei Erkrankungsschüben von Blutungen und Bauchkrämpfen begleitet – seien viele auch häufig müde und erschöpft. Dazu kämen die ständige Angst, es nicht mehr bis zur nächsten Toilette zu schaffen, und das Schamgefühl gegenüber dem familiären oder beruflichen Umfeld. „Ein steter Alltag ist für viele CED-Betroffene eine Wunschvorstellung. Die Erkrankung drängt sich mitten ins Leben, beeinflusst alle Lebensbereiche, vom Arbeitsplatz über den Alltag in Familie und Partnerschaft bis hin zu Sexualität oder Schwangerschaft“, so Gross weiter. „Eine qualifizierte Ansprechperson zusätzlich zum Arzt, die auch bei Fragen zum Alltag und der Therapie Auskunft geben kann, würde da sehr weiterhelfen.“

CED-NURSING: STATE OF THE ART AUSBILDUNG
Genau hier setzt der Verein CED-Nursing Austria an. Als Fachgesellschaft für Pflegekompetenz bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen forciert er nun die Entwicklung des Berufsbildes „CED-Nurse“. Anita Beyer, Präsidentin des Vereins und selbst diplomierte Pflegekraft begründet dies so: „Wir haben gesehen, dass Vieles von dem, was für eine adäquate Versorgung von CED-Betroffenen heute notwendig ist, durch die Standard-Ausbildung von Pflegekräften nicht abgedeckt ist. Eine zusätzliche Spezialisierung und Ausbildung der Pflegekräfte in diesem Bereich ist notwendig.“ Dies sei nicht nur im Sinne der CED-Betroffenen, sondern auch der diplomierten Pflegekräfte. Ab 2017 wird daher – neben bereits laufenden Fortbildungsangeboten – erstmals ein eigenes CED-Nursing Curriculum für Österreich angeboten. Basierend auf internationalen Ausbildungs- und Versorgungsstandards soll damit auch hierzulande die höchstmögliche Betreuungsqualität für CED-Betroffene gewährleistet werden.

Die Module des CED-Curriculums enthalten u.a. folgende Kernbereiche:

  • Kommunikation und Patientengespräch
  • Psychosoziale Faktoren von CED
  • Krankheitsbilder und Diagnostik
  • Therapie & Chirurgie bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
  • Kompetenz bei Fragen zu Schwangerschaft und Stillzeit, Ernährung, Sozialrechtliches etc.
  • Krankheitsmanagement und Compliance
  • Benachbarte gastroenterologische / internistische Krankheitsbilder

Das geplante Ausbildungscurriculum sieht eine Kombination aus unterschiedlichen Schwerpunktthemen sowie einem Praktikum in einer gastroenterologischen Fachpraxis/Ambulanz mit CED-Schwerpunkt vor. Ziel ist es, das Curriculum ab 2017 unter dem Dach diverser Fortbildungsakademien als zertifizierte Sonderausbildung anzubieten, die auch durch die Versorgungseinrichtungen anerkannt ist.

INTEGRIERTES CED-VERSORGUNSMODELL FÜR WIEN LIEGT VOR

Unter der Leitung von Prof. Vogelsang hat eine Steuerungsgruppe – bestehend aus Gastroenterologen, Chirurgen, niedergelassenen Internisten, Pflege, Patienten und Gesundheitsökonomen – ein integriertes CED-Versorgungsmodell für Wien erarbeitet und der Politik präsentiert. Ausgangspunkt war der Landeszielsteuerungsvertrag zur Reform des Wiener Gesundheitswesens, in dem eine sektorenübergreifende Versorgung von CED-Patienten vorgesehen ist. Eine Entscheidung zur Implementierung steht bisher leider aus. Auch in diesem Modell sieht CED-Spezialist Vogelsang die CED-Nurse in einer zentralen Rolle: „Durch die Ausbildung und zukünftige Einbindung von qualifizierten CED-Nurses in die Patientenversorgung sollte eine gute, integrierte Langzeitversorgung, die auch die Lebensumstände berücksichtigt, in Österreich künftig zum Goldstandard werden. Dies würde nicht nur – abgesehen von einer gesteigerten Lebensqualität bei CED-Betroffenen – die Versorgungseinrichtungen (personell und ökonomisch) entlasten, sondern auch der Wiener Gesundheitsstrategie zur Entlastung von Ambulanzen hin zum niedergelassenen Bereich entgegenkommen. Somit fügt sich dieses Konzept auch perfekt in die Ziele der Wiener Gesundheitspolitik ein.“