Uni Bremen erforscht bessere kommunikative Kompetenzen beim Pflegenachwuchs

Kommunikative Kompetenzen von Pflegenden bereits in der Ausbildung stärken: Das Bundesgesundheitsministerium hat das Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen beauftragt, ein Mustercurriculum zur Förderung der kommunikativen Kompetenz in der Pflegeausbildung zu erarbeiten. Kürzlich fand hierzu die erste Sitzung des Fachbeirats mit Expert/innen aus der gesamten Bundesrepublik statt.

 

Beruflich Pflegende treffen im Unterschied zu Ärzt/innen nicht nur punktuell auf Patient/innen, sondern begleiten sie kontinuierlich – vielfach über 24 Stunden/Tag hinweg. „Die Kommunikation in der Pflege ist eine anspruchsvolle Aufgabe und stellt hohe Anforderungen an die kommunikative Kompetenz von Pflegenden“, sagt Professorin Ingrid Darmann-Finck, Pflegewissenschaftlerin an der Universität Bremen, die das Curriculum-Projekt federführend koordiniert. Patient/innen oder Bewohner/innen sind oftmals in hohem Maße von den Pflegenden abhängig, wenn es um die Befriedigung ihrer grundlegenden Bedürfnisse geht. Häufig befinden sie sich in extremen Lebenssituationen. Pflegende sind gefordert, sowohl mit Kindern als auch mit alten Menschen, mit Menschen aus vielfältigen Kulturen und mit unterschiedlichen Erkrankungen, also mit ganz unterschiedlichen Zielgruppen zu kommunizieren.

 

Kommunikation ist wichtiger Schlüssel für wirksame Pflege

Durch empathische und an die individuelle Situation der zu pflegenden Menschen angepasste Kommunikation können Pflegende die Patient/innen begleiten und dabei unterstützen, bei auf ihre Gesundheit bezogenen Entscheidungen mitzubestimmen. Pflegende kommunizieren dabei nicht nur mit Sprache und Körpersprache, sondern auch durch Berührung oder gemeinsame Bewegung. Durch Studien ist nachgewiesen, dass Pflegende durch Kommunikation, Information, Beratung und Schulung wesentlich zur Verbesserung von Behandlungsergebnissen beitragen. Eine gute pflegerische Kommunikation befördert beispielsweise die Einhaltung der gemeinsam vereinbarten Therapieziele sowie das Wohlbefinden und die Lebensqualität der zu pflegenden Menschen.

 

Bremer Pflegeforscher erstellen Mustercurriculum

Bereits jetzt ist die Förderung kommunikativer Kompetenzen in den Curricula der Pflegeausbildung verankert. Umfang, Inhalte und Methoden variieren aber sehr stark. Es mangelt an einheitlichen Standards hinsichtlich der Vermittlung und Überprüfung von kommunikativen Kompetenzen. Deshalb soll ein bundeseinheitliches Mustercurriculum „Kommunikation“ für die Pflegeausbildung entwickelt, an drei ausgewählten Pflegeschulen umgesetzt und evaluiert werdeen. „Durch das Mustercurriculum kann die Ausbildungsqualität im Bereich der Kommunikation gesteigert werden“, so Gertrud Stöcker, Vertreterin des Deutschen Bildungsrats für Pflegeberufe (DBR). Das Mustercurriculum soll bei der Überarbeitung der schuleigenen Curricula im Rahmen der Umstellung auf die generalistische Pflegeausbildung als Best Practice Beispiel zur Verfügung stehen.

 

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Kommentar:

 

Dass die pflegerische Kernkompetenz der Kommunikation und Patientenberatung mit Hilfe von Steuergeldern neu „erfunden“ wird, mag auf den ersten (skeptischen) Blick wie die Neuerfindung des Rades erscheinen (bekanntlich ein „Lieblingssport“ der Berufspflege – im konkreten Fall durch Rezeption von längst vorhandenem Wissen etwa aus der Kommunikationswissenschaft). Tatsächlich aber geht es in diesem speziellen Fall wohl eher darum, sehr unterschiedliche Ausbildungsstandards in den 16 Bundesländern zu harmonisieren und zu standardisieren.

 

Zwar ist das geplante „Muster“-Curriculum vorerst „nur“ als Best-practice-Vorlage konzipiert – doch niemand hindert das Bundesgesundheitsministerium später dran, dieses mit Inkrafttreten der „generalistischen“ Pflegeausbildung ab etwa 2018/19 – zusammen mit z.B. den längst erfolgreich evaluierten und ständig mit hoher bundesweiter Expertise aktualisierten zehn essenziellen ExpertInnen-Standards des DNQP ! – zum allgemein verbindlichen Bestandteil des neuen, gesetzlichen Gesamt-Curriculums zu machen. Diesfalls wäre es tatsächlich ein Schritt in die richtige Richtung – denn unverbindliche Best-Practice-Beispiele bzw. -Muster werden niemals von allen befolgt und sind – „Papier ist geduldig“ – das viele Steuergeld sicherlich nicht Wert…

 

Erich M. Hofer

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