Kongressrückblick aus Bregenz: „Kontroversen in Palliative Care“

Erstmals fand Ende April der interdisziplinäre Österreichische Palliativkongress in Vorarlberg statt. Für rund 1.000 Teilnehmende hatten die OrganisatorInnen – OA Dr. Otto Gehmacher, Stationspflegeleitung DGKP Anna Frick (Bild, Palliativstation am LKH Hohenems) sowie Dr. Karl Bitschnau (Hospiz Vorarlberg) – ein attraktives dreitägiges Programm zusammengestellt.  

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Der geografischen Lage im Dreiländereck zwischen Österreich, Deutschland und der Schweiz entsprechend, fand der österreichische Palliativkongress erstmals grenzüberschreitend in Kooperation mit der Ostschweiz, Bayern und Baden Württemberg statt. Dadurch ergaben sich interessante Vergleiche über die Entwicklung und den Stand von Palliativ und Hospizstrukturen – bundesweit, aber auch grenzüberschreitend mit der Schweiz und Deutschland.  „Die Vergabe des größten österreichischen Kongresses für Palliative Care an das westlichste Bundesland sehen wir auch als Wertschätzung für das, was hier in Vorarlberg an Palliative Care Arbeit geleistet wird: Sei es auf unserer Palliativstation, in der Heimlandschaft oder auch im niedergelassenen Bereich“, freut sich rückblickend Dr. Otto Gehmacher, Leiter von Vorarlbergs Palliativstation am LKH Hohenems.

 

Das Motto: Kontroversen – der Widerspruch macht kreativ

Themen wurden von unterschiedlichen Standpunkten aus beleuchtet, das ermöglichte eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Inhalten. Es ist den Veranstaltern gelungen, den international anerkannten Experten für Palliativmedizin, Prof. Dr. Husebo Stein aus Norwegen, zu gewinnen, er referierte über den „Schmerz des Lebens“. Prof. Andreas Heller (Institut Palliative Care und Organisationethik, Wien) setzte sich kritisch mit der provokanten Frage „Palliative Care – ist alles eitel Wonne?“ auseinander. Die Vorarlberger Palliativpflegerin DGKP Ingrid Marth referierte über die Möglichkeiten der ambulanten Palliativbetreuung.

 

Neue Entwicklungen

Die Entwicklung bleibt auch bei Palliative Care nicht stehen und bringt stetig neue Herausforderungen mit sich:

  • die Ausweitung auf nichtonkologische Erkrankungen wie Endstadien von Herzschwäche, chronische Bronchitis, Leber und Nierenerkrankungen sowie neurologischen Krankheitsbildern.
  • der frühere Beginn einer Palliativbetreuung, der – wie eine aktuelle und bahnbrechende Studie zeigt –  nicht nur zu einer Verbesserung der Lebensqualität, sondern auch zu einer Verlängerung der Überlebenszeit geführt hat.
  • die Frage, wie kann durch eine vorausschauende Planung der Patientenwille am Lebensende bestmöglich umgesetzt werden?
  • spezielle Bedürfnisse von Patienten mit Migrationshintergrund am Lebensende
  • welchen Stellenwert hat die Telemedizin in der Betreuung sterbender Menschen?
  • die Rolle der Angehörigen in der Palliativbetreuung in Zeiten, in welchen die Pflegelast nicht automatisch auf den Schultern der Töchter und Schwiegertöchter liegt.
  • die Aufgabe der Psychotherapie und von Spiritual Care in der Betreuung schwerstkranker Menschen.

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Foto: VKHBG/Schnabel)

 

Diese Fragen bildeten die Basis für die verschiedenen Vorträge und Workshops. Grundlegend gilt, dass die optimale Symptomkontrolle ist ein wesentliches Merkmal einer guten Palliativbetreuung ist. Auch hier haben die Organisatoren dem Thema der Schmerzbehandlung  – angefangen von medikamentösen Möglichkeiten über invasive Schmerztherapien bis hin zu nichtmedikamentösen Maßnahmen – viel Raum gegeben.

 

„Das Gleiche läßt uns in Ruhe, aber der Widerspruch macht uns produktiv “ hat schon Johann Wolfgang v. Goethe erkannt. Themen aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten erlaubt oft eine differenziertere Auseinandersetzung. So stand auch der assistierte Suizid auf der Kongress-Agenda und wurde aus der jeweils unterschiedlichen Gesetzeslage der drei Länder im Rahmen einer Podiumsdiskussion betrachtet.

 

Publikumsabend im Kongresshaus

Dem Kongressmotto „Kontroversen in Palliative Care“ begegneten die Veranstalter auch mit einem öffentlichen „Publikumsabend“ am ersten Kongresstag. Unter dem Titel „Sterbebegleitung statt Sterbehilfe“ haben zwei Ärzte, eine Pflegeperson und ein Seelsorger an Hand von Fallbeispielen aus ihrer alltäglichen Praxis berichtet, und sich anschließend einer lebhaft geführten Podiumsdiskussion gestellt. Moderiert wurde der Abend vom Präsidenten der österreichischen Palliativgesellschaft, Dr. Harald Retschitzegger.

 

Näheres zur Nahlese und Fotos finden Sie hier.

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