Tag der Altenarbeit 2017 in Oberösterreich: Neuer Fokus auf alternativen Wohnformen

Oberösterreich verfügt in der Altenbetreuung und Pflege über ein gut ausgebautes, qualitativ hochwertiges Angebot. Im Zuge der weiteren Individualisierung des Angebotes will Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer (Bild unten) künftig den Fokus auf alternative Wohnformen richten und damit die Lücke zwischen Pflegeheim und häuslicher Pflege schließen .

LR Gerstorfer

Als zweite Maßnahme stellt Landesrätin Gerstorfer eine derzeit in Österreich einzigartige Initiative vor: Die Anbieter der 24-Stunden-Pflege sollen in Oberösterreich erstmals ein Qualitätssiegel erhalten. Dieses Qualitätssiegel wird nach klaren und transparenten Maßstäben an Anbieter vergeben, die nachweislich eine hohe Dienstleistungsqualität in der 24-Stunden-Pflege erbringen. „Das Qualitätssiegel soll Kundinnen und Kunden die
Entscheidung für oder gegen einen Anbieter der 24-Stunden-Pflege erleichtern und Orientierung bei dieser wichtigen Entscheidung bieten“, so Gerstorfer, die davon ausgeht das Qualitätssiegel nach Abschluss der fachlichen Planungsarbeiten im Frühjahr 2018 einführen zu können.

1. Bilanz: Altenbetreuung und Pflege in Oberösterreich

Pflegegeldbezieher/innen in Oberösterreich
Mit Stand Juli 2017 gab es in Oberösterreich 69.877 Pflegegeldbezieher/innen, wobei fast eine „Zwei-Drittel-Mehrheit“ für das weibliche Geschlecht besteht. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Anzahl der Pflegegeldbezieher/innen leicht rückläufig (2012: 70.901 Personen).

Pflegegeldbezieherin OÖ

Auch die Verteilung der unterschiedlichen Pflegestufen auf die Pflegegeldbezieher/innen ist in den vergangenen Jahren relativ konstant. Die Gruppe der Bezieher/innen der Pflegestufen 1 und 2 machte mit 49,7% fast die Hälfte aller Bezieher/innen aus.

Pflegegeldbezieher OÖ Stufen

Entwicklungen in den Alten- und Pflegeheimen
Mit Stand 31.12.2016, also zu Beginn des Jahres 2017, standen in Oberösterreich 12.550 Plätze in 132 Alten- und Pflegeheimen zur Verfügung, die von insgesamt 12.070 Bewohner/innen (davon 11.764 in der Langzeitpflege und 306 in der Kurzzeitpflege) bewohnt wurden. Der Anteil an Ein-Personen-Wohneinheiten“ lag bei 90,43%. Im Vergleich dazu standen zu Beginn des Jahres 2015 11.989 Plätze in 129 Alten- und Pflegeheimen zur Verfügung. Der Anteil der Ein-Personen-Wohneinheiten lag damals bei 87%.

Bei der Entwicklung des Alters der Bewohner/innen zeigt sich ein leichter, aber kontinuierlicher Anstieg (von 83,3 Jahre im Jahr 2011 auf 84,8 Jahre im Jahr 2016).

Entwicklung Bewohner Pflegeheime OÖ

Gleichzeitig mit dem steigenden Alter der Bewohner/innen – und damit einem tendenziell steigenden Pflegebedarf – wie auch mit der Erweiterung der Ressourcen gab es einen neuerlichen Zuwachs des Pflegepersonals. Insgesamt sind in den 132 Alten- und Pflegeheimen in Oberösterreich 10.000 Mitarbeiter/innen beschäftigt. Die Alten- und Pflegeheime sind mit ihren wohnortnahen, qualifizierten Arbeitsplätzen (ebenso wie die mobilen Dienste) ein besonders wichtiger Motor für die regionale Wirtschaft bzw. den regionalen Arbeitsmarkt.

Entwicklung Mitarbeiter Pflegeheime OÖ

Entwicklungen in den mobilen (sozialen) Diensten
In Oberösterreich gilt seit vielen Jahren der Grundsatz, mobilen Unterstützungsangeboten den Vorzug vor einem Einzug in ein Alten- und Pflegeheim zu geben. Das zeigt sich deutlich im Vergleich der Entwicklung der Leistungsstunden und der Kund/innen der mobilen Dienste. In Summe sind in den mobilen Diensten im Jahr 2016 im operativen Bereich 1.142 Fachsozialbetreuer/innen-Altenarbeit (FSB“A“), 645 Hauskrankenpfleger/innen (HH) und 542 Heimhelfer/innen tätig.

Entwicklung Mitarbeiter Pflegeheime OÖ Berufe

Tagesbetreuung
Auch das Angebot an Tagesbetreuungsplätzen wurde in den vergangenen Jahren sukzessive ausgebaut. So ist die Anzahl der Plätze von 454 im Jahr 2010 auf 655 im Jahr 2016 angestiegen, was einen Zuwachs von 44% ergibt. Im Jahr 2016 konnten 1.713 Gäste in den Tagesbetreuungsstrukturen betreut werden.

2. Herausforderungen in der Altenbetreuung und Pflege

Demographische Entwicklung
Oberösterreich befindet sich – wie alle anderen hochentwickelten Länder – bereits seit vielen Jahren im Wandel von einer demographisch jungen zu einer demographisch gesehen alten Bevölkerung. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass die Zahl der betreuungs- und pflegebedürftigen Oberösterreicher/innen im selben Ausmaß zunehmen wird, wie es die demographische Entwicklung erwarten ließe, aber dennoch ist in den kommenden Jahrzehnten mit einer wesentliche Zunahme betreuungs- und pflegebedürftiger Mitbürger/innen zu rechnen.

Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen OÖ

Abschaffung des Pflege-Regresses
Die Abschaffung des Pflegeregresses ist als sozialpolitischer Meilenstein zu begrüßen. Das Land Oberösterreich kann im Zuge der laufenden Bedarfs- und Entwicklungsplanungen im Bereich der Altenbetreuung- und Pflege rasch auf Veränderungen der Nachfragesituation reagieren. Derzeit verfügen die oberösterreichischen Altenheime über freie Platzressourcen, sodass auch eine steigende Nachfrage abgedeckt werden kann. Laut Sozial-Landesrätin Gerstorfer ist nicht von einer sprunghaften Entwicklung auszugehen: „Die Nachfrage nach Altenheimplätzen wird sich in den kommenden Jahren schrittweise an die neue Situation anpassen. Mein Fokus liegt auf einer Individualisierung der Angebote, mit der ich auf die veränderten Rahmenbedingungen eingehen und etwaige Nachfragesteigerungen abdecken möchte.“

Der direkte Einnahmenausfall durch die Abschaffung des Pflegeregresses wird in Oberösterreich pro Jahr rund 27 Millionen Euro betragen. Neben den direkten Effekten gilt es, auch die ausgaberelevanten Folgewirkungen im Auge zu behalten, die sich jedoch abhängig von der Nachfrageentwicklung nur schwer einschätzen lassen. „Der Bund muss die Städte und Gemeinden bei dieser Finanzierungsaufgabe unterstützen und für eine entsprechende Abgeltung der Mehrkosten sorgen“, so Gerstorfer, die betont, dass die Gemeinden und Städte auch von Seiten der Länder eine entsprechende Unterstützung erhalten müssen. Die Bundes-Vorgaben zur Regress-Abschaffung werden in Oberösterreich in einer Gesetzesnovelle münden. Die Novelle soll mit Datum der Regressabschaffung, also am 01. Jänner 2018, in Oberösterreich in Kraft treten.

3. Maßnahmen des Sozialressorts

  •  Veränderung der Angebotsstruktur

Im Zuge des Projektes „Sozialressort 2021+“ ist eine Veränderung in der Angebotsstruktur der Altenbetreuung- und Pflege angedacht. Ziel ist es, die derzeitige Angebotslücke zwischen einer „Betreuung daheim“ und einer Betreuung im Alten- und Pflegeheim zu füllen. Dazu will Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer alternative Wohnformen entwickeln, deren Leistungsangebot die Altenheime entlasten wird. „Die Struktur der Alten- und Pflegeheime eignet sich insbesondere für Menschen, mit intensiveren Pflegebedarfen. Für Personen mit niedrigeren Unterstützungsbedarfen will ich eigene dezentral organisierte und in das Gemeindeleben integrierte Wohnformen schaffen.“ Das Konzept dieser alternativen Wohnformen richtet sich an Menschen ab Pflegestufe 1 bis zur Pflegestufe 3 und beinhaltet eine individuell zu vereinbarende Pflegeleistung nach den jeweiligen Unterstützungsbedarfen.

 

  •  Qualitätssiegel für die 24-Stunden-Betreuung

Die 24-Stunden-Betreuung ist ein wichtiges Angebot für Menschen, die trotz hohem Unterstützungsbedarf in den eigenen vier Wänden leben möchten. Für die Kund/innen ist ein Vergleich der unterschiedlichen Anbieter/innen von 24-Stunden-Betreuungsdiensten aber oft schwierig. Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer hat daher ein derzeit in Österreich einzigartiges Projekt in Auftrag gegeben: Ein oberösterreichisches 24-Stunden-Pflegeportal wird erstmals ausführliche Informationen zu allen Anbietern umfassen. Zusätzlich bietet das Portal eine transparente Möglichkeit, die Dienstleistungsqualität der Anbieter anhand fachlicher Kriterien zu bewerten. Auf Basis eines von Fachexpert/innen erarbeiteten Kriterienkatalogs werden Anbieter mit hoher Dienstleistungsqualität mit einem Qualitätssiegel ausgezeichnet, um Kund/innen in der Dichte der Angebote eine Orientierung und Entscheidungshilfe zur Seite zu stellen.

 

  •  Tag der Altenarbeit – Altenbetreuung ist mehr, als bloß ein Job

Über die vielfältigen Angebote und Karrieremöglichkeiten in der Altenarbeit informieren das Sozialressort, die Heimträger und die ARGE Alten- und Pflegeheime OÖ am 06. Oktober beim Tag der Altenarbeit. Dabei sollen in allen Alten- und Pflegeheimen, Ausbildungsstätten bzw. Einrichtungen der Altenarbeit Oberösterreichs die Türen für Interessierte geöffnet werden, um die vielfältigen Aktivitäten und innovativen Projekte, die verschiedenen Berufe und das tägliche Engagement der Mitarbeiter/innen und Auszubildenden zu präsentieren. Insgesamt nehmen 77 Altenheime in allen Bezirken Oberösterreichs am Tag der Altenarbeit teil. Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer wird das Altenheim Sonnenhof in Linz besuchen sowie an den Feierlichkeiten anlässlich „10 Jahre Betreubares Wohnen“ in St. Georgen an der Gusen teilnehmen. Alle Details auf www.sinnstifter.at

 

  • Verstärkte Freiwilligenarbeit in den OÖ Alten- und Pflegeheimen

Aufgrund der Tatsache, dass in den Alten- und Pflegeheimen der Pflegebedarf immer größer wird, muss sich das eingesetzte Personal immer mehr auf die Kernaufgabe der Pflege konzentrieren. Für eine individuelle Betreuung und Beschäftigung der Heimbewohner/innen abseits der Pflege bleibt bei allem Bemühen immer weniger Zeit. Freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dabei eine wertvolle Unterstützung für das professionelle Personal, das in diesen Bereichen arbeitet.

Bereits jetzt ist Freiwilligenarbeit in vielen Alten- und Pflegeheimen schon oftmals geübte Praxis. „Unser Ziel ist, dass Freiwilligenarbeit in allen Heimen praktiziert oder zumindest ermöglicht und professionell begleitet wird. Das Unabhängige LandesFreiwilligenzentrum (ULF) bietet immer wieder Lehrgänge für Freiwilligenkoordination für Mitarbeiter/innen in den Alten- und Pflegeheimen an, damit die gute Unterstützung und Koordination der Freiwilligen gewährleistet ist“, sagt Landesrätin Gerstorfer, die diese Angebote in Zukunft weiter ausbauen will.

 

Quelle: OÖ Landeskorrespondenz vom 05.10.2017

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