Pflegedesaster: Kann Buurtzorg eine Kehrtwende schaffen?

Eine Kehrtwende hin zu mehr Hilfe zur Selbsthilfe in der Pflege – d. h. Empowerment für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige durch Pflegeberatung und Pflegecoaching – fordert der Mannheimer Managementforscher Winfried Weber in einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung. Dabei verweist er auf das höchst erfolgreich umgesetzte Buurtzorg-Konzept in den Niederlanden, das als Best-Practice-Beispiel dienen kann.

BuurtzorgZiel müsse es sein, die Selbsthilfekräfte der Älteren und deren sozialen Netzwerken zu stärken. „Wenn möglichst viele Ältere sich auf ihre Stärken besinnen und ihr Sozialraum intakt bleibt, kann der Pflegenotstand verhindert werden.“

Weber verweist als positives Beispiel auf die Pflegeorganisation Buurtzorg in den Niederlanden, ein 2007 gegründetes Start-up mit heute 10.000 Krankenschwestern und 960 sich selbst organisierenden Teams, das inzwischen Marktführer geworden sei.

Die Organisation schaffe mit ihren ambulanten Pflegeleistungen Bedingungen dafür, dass Krankenschwestern sich selbst managen könnten und sich als präventive Gesundheitscoaches verstünden. Sie sorge dafür, dass die Personal- und Wissens­ressourcen in hohem Maß für direkte Patientenkontakte und direkte Hilfen zur Verfügung stünden. Vorhandene Ressourcen bei Pflegebedürftigen und ihrem sozialen Umfeld würden weitestgehend genutzt.

Das gegenwärtige Pflegesystem in Deutschland mit seiner Konzentration auf stationäre Pflege rutscht nach Darstellung des Wissenschaftlers in ein Desaster. Belobigt würden nicht Gesundheit, Selbsthilfe und Prävention. „Belohnt wird das, was Ökonomen kalku­lieren können und in ihr Denkmuster passt: Serienfertigung, Größenvorteile (…), Hierarchie, Standards und Kennzahlen“.

Zum Kommentar „Pflegedesaster“ in der Süddeutschen Zeitung

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