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40 Jahre Johanniter Tirol: Jubiläum mit Zukunftssymposium gefeiert

v.l.: Erich Pechlander (Johanniter-Bereichsbeauftragter Tirol), Univ.-Prof. Dr. Michael Baubin (Gründungsvater der Johanniter Tirol), Franz Bittersam (GF Johanniter Tirol), LR Dr. Bernhard Tilg (Land Tirol), DI Johannes Bucher (Präsident Johanniter Österreich)

Mit einer Fachtagung unter dem Motto „Rettung, Pflege und Soziale Arbeit 4.0“ erinnerten die Johanniter Tirol am 25. April 2018 an ihre Gründung vor 40 Jahren und boten einen spannenden Ausblick auf die Zukunft im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens.

Das 1. Zukunftssymposium der Johanniter wurde seinem Namen vollends gerecht: mit namhaften Referenten, einem vielseitigen Themenspektrum und einem interdisziplinär besetzten Fachpublikum.

Über 170 Tagungsteilnehmer wollten sich die Vorträge der international anerkannten Keynote-Speaker Matthias Horx, Univ.-Prof. Michael Baubin und Jos de Blok sowie die Ringlectures und Best-Practices-Präsentationen zu verschiedensten Projekten nicht entgehen lassen.

Unter den Ehrengästen Landesrat Univ.-Prof. DI Dr. Bernhard Tilg, Stadtrat Franz X. Gruber, der Präsident der Johanniter Österreich DI Johannes Bucher, Dr. Robert Brandstetter, Bundesgeschäftsführer der Johanniter Österreich, sowie zahlreiche Vertreter der Tiroler Rettungs-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen.

Franz Bittersam, Geschäftsführer der Johanniter Tirol, wertet diese Vielfalt an Teilnehmern „als gutes Zeichen für eine funktionierende Zusammenarbeit aller Rettungs- und Pflegeorganisationen in Tirol“ und sprach dafür seinen Dank aus.

Keynotes mit spannenden Inputs für die Zukunft im Gesundheitswesen

Zukunftsforscher Matthias Horx zeichnete ein Bild über die Veränderungen in der Lebensweise und dem Umgang mit dem Älterwerden aus den letzten beiden Generationen und ließ erkennen, dass positive Lebenseinstellung und damit einhergehende Veränderungen im sozialen Miteinander in der Zukunft immer mehr gute Grundlagen für ein möglichst gesundes Älterwerden bilden werden.

Der Gründervater der Johanniter Tirol, Univ.-Prof. Michael Baubin, gewährte einen kurzen Blick zurück in die Vergangenheit. „Das allererste Angebot der Johanniter-Unfall-Hilfe Tirol war ein Erste-Hilfe-Kurs. Dann kam der Behindertenfahrdienst dazu, ein Angebot, das es bis dahin in Tirol noch nicht gab.“ Mit einem statistischen Überblick über das Rettungswesen in Österreich zeichnete Baubin anschließend ein Bild über die medizinische Notfallversorgung sowie mögliche Optimierungspotentiale.

Der Slogan „Keep it small, keep it simple“ dominierte den Vortrag von Jos de Blok, dem Initiator und Geschäftsführer des erfolgreichen niederländischen Pflegemodells „Buurtzorg“. Zu hohe Kosten, zu viel Bürokratie, hatten de Blok dazu veranlasst, über eine neue Art der Pflege nachzudenken. Daraus entstand ein inzwischen in vielen Ländern der Welt realisiertes und zukunftsweisendes Pflegesystem. Mit weniger Kosten, höherem Versorgungsgrad und mehr Gemeinschaftsdenken in überschaubaren Einsatzgebieten für die betreuenden und pflegenden Einsatzteams.

Johanniter Unfallhilfe Tirol / 1. Symposium "Rettung, Pflege und soziale Arbeit 4.0" - 40 Jahr Jubiläum / Haus der Begegnung - Innsbruck / 25.04.2018 / @Innsblick / Vanessa Rachlé

Ergebnisse aus den Ringlectures

Prof. Mag. Dr. Eva Fleischer, Professorin am Department für Soziale Arbeit am MCI, sieht die Betreuung älterer und pflegebedürftiger Menschen durch Soziale Arbeit erst am Anfang. Soziale Arbeit kann neue Modelle der Unterstützung entwickeln um auch das größere Umfeld einer pflegebedürftigen Person in deren Betreuung einzubinden. Die Forschung sollte dabei der Politik proaktiv positive Anstöße für Veränderungen liefern.

Auf die Vor- und Nachteile der modernen Technik zur Unterstützung von Gebrechlichkeit verwies Mag. Georg Aumayr, Forschungsleiter der Johanniter Österreich. Technik trägt besonders zur Steigerung der Lebensqualität durch Informationsgewinn bei. Die Möglichkeiten der Telemedizin wie Blutzucker- und Blutdruck-Überwachung oder die Auffindbarkeit von Personen per Geofencing stehen noch ganz am Anfang der Entwicklung.

Die Überbeanspruchung des Rettungsdienstes als Transportmittel stellte Prof. Mag. DDr. Christoph Redelsteiner ins Zentrum seiner Ausführungen. Ist der Rettungsdienst mit der medizinischen Basisversorgung ausgelastet, fehlen Kapazitäten für Notfälle. Hier bedarf es neuer Konzepte u.a. durch Einbindung kaum involvierter Berufsgruppen wie z. B. Sozialarbeiter oder Hauskrankenpfleger in das Bereitschaftssystem.

Dr. Heinrich Weninger, Bundesfinanzreferent der Johanniter, beleuchtete die Grenzen der Finanzierbarkeit des Sozial- und Gesundheitssystems. Wo sich der Wohlfahrtsstaat zurückzieht, können nicht automatisch gemeinnützige Organisationen diese Aufgaben übernehmen. Deren finanzielle Möglichkeiten sind in Österreich sehr begrenzt, das Spendenauskommen liegt im Vergleich zu anderen europäischen Ländern im unteren Viertel.

Praxisbeispiele und neue Wege

Gabriele Adelsberger und Claudia Thurnwalder (Die BERATERINNEN) entwickelten für 40 Südtiroler Führungskräfte in Sanitätsbetrieben einen dreijährigen Führungskräftelehrgang. Die fachlich bestens ausgebildeten Führungskräfte sollten mittels Selbstreflexion und Persönlichkeitsentwicklung die Methode der Transformationalen Führung kennen lernen und im Alltag anwenden.

Bei einer stark alternden Bevölkerung steht nicht immer ein Angehöriger oder Institution zur Betreuung bereit. DGKP Christian Römer, Pflegedienstleiter des Pflegenotdienstes in Wien, koordiniert die häusliche Pflege in Notsituationen. Der Pflegenotdienst übernimmt diese Aufgaben bis zu drei Tagen rasch, kostenlos und unbürokratisch.

Anschließend wird der Patient an einen Trägerverein übergeben. Der demografische Wandel erfordert auch einen veränderten Umgang im Informationsangebot. Brigitta Hochfilzer von b´kom (Barrierefreie Kommunikation) informierte darüber, wie man mit einfacher oder leichter Sprache, größerer Schrift und einfachem Design, Orientierungshilfen und vielen anderen Methoden, Menschen mit Lese- und Schreibschwäche Informationen vermitteln kann.

 

Foto: Vanessa Rachlé