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Isolation und Depression zunehmend gefährlicher: Petition gegen generelle Besuchsverbote in Pflegeheimen gestartet

Die Kollateralschäden durch radikale Isolation unserer Alten drohen die erhoffte Schutzwirlung dieser Massnahme bei weitem zu übersteigen. Nun soll eine Petition zu einer neuen Abwägung und individuellen Differenzierung von Risiko und Nutzen führen.

Die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) hat eine Petition gegen Besuchsverbote in Altenpflegeheimen gestartet. Die Isolation stelle eine unverhältnismäßige Härte dar und sollte unter Beachtung entsprechender Hygiene umgehend beendet werden, forderte am Freitag der Bremer Regionalbeauftragte Reinhard Leopold. Die Besuchsverbote sollen die Verbreitung des Coronavirus in Pflegeheimen eindämmen.

Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte der Patientenschützer, Todesfälle in Pflegeeinrichtungen gebe es trotz der Besuchsverbote. In der Petition verlange der BIVA Pflegeschutzbund deshalb effektive Schutzmaßnahmen, die in erster Linie beim Pflegepersonal ansetzen sollten.
„Das vielfach praktizierte totale Besuchsverbot für fast eine Million Bewohnerinnen und Bewohner in Alten- und Pflegeeinrichtungen ist nicht zielführend“, heißt es in der Petition . Es gefährde die seelische und emotionale Gesundheit der alten Menschen und müsse deshalb in dieser Form aufgehoben werden.

Kommentar:

Risiko-Nutzen-Abwägung

Die Corona-Propaganda der Regierungen schert – von schlecht gemanagten Einzelfällen gehäufter Todesfälle in Pflegeheimen aufgeschreckt – derzeit alle Alten pauschal über einen Kamm und isoliert ausnahmslos alle. Das ist nicht nur medizinisch, gerontologisch, pflegerisch und psychologisch falsch, sondern sogar gefährlich. Denn es prallen zwei Schutzbedürfnisse der alten Menschen aufeinander, deren Schaden-Nutzenabwägung unbedingt erforderlich ist: Der Schutz vor einer Virusinfektion sowie der Schutz vor potenziell ebenso tödlicher Isolation und Depression.

Damit die Pflegenden nicht in ein ethisches Dilemma geraten, müssen sie jetzt aktiv werden und mit einer individuellen Pflegeanamnese feststellen, welche hochbetagten und zugleich schwer vorerkrankten Klient*innen tatsächlich zur COVID-19-Hochrisikogruppe gehören. Für diese sollten dann beide Schutzbedürfnisse wie zwei Puzzlesteine (Bild) individuell passend zusammengefügt werden. Der überwiegende Teil der nicht gefährdeten Bewohner*innen sollte sofort wieder Besuche empfangen und Spaziergänge unternehmen dürfen – unter Einhaltung entsprechender Vorsichtsmaßnahmen und regelmäßiger Testung von Personal, Bewohner*innen und Besuchern. Erfolgt diese individuelle Differenzierung der Risikogruppe weiterhin nicht, drohen weitaus größere „Kollateralschäden“ durch Isolation und Depression – mit potenziell höheren Todesfallzahlen als durch COVID-19.

Erich M. Hofer