Abschluss der Serie: Community Health Nurses – der Pflegeberuf wird erwachsen

Jetzt – inmitten der Covid-19-Pandemie – wird das Fehlen eines niedrigschwelligen, lokalen Zugangs für hunderttausende pflegende Angehörige immer schmerzlicher spürbar. Stehen wir vor einer Renaissance der schon vor Jahrzehnten so erfolgreichen Gemeindeschwestern als ´Community Health Nurses´?

Die engagierte Pionierin Rosa Maria Eglseer (NÖ) berichtete in dieser Serie ausführlich mit dem Ziel, dass damit „…einige Pflegekräfte mutiger und selbstbewusster geworden sind und die Flamme für diesen wunderbaren Beruf  wieder entfacht wurde“.

Community Health Nurse Logo 2020 JPG

Wenn Pflege für Pflege spricht, wird sie erwachsen. Der Pflegeberuf war einige Jahrzehnte von anderen, starken Berufsgruppen dominiert. Gerade als Community Health Nurse aber kannst Du Dir deinen Bereich zurückerobern. Es liegt an uns, uns selbst zu organisieren und gute Organisationsformen zu finden. Denn einerseits brauchen wir die interdisziplinäre Zusammenarbeit und anderseits eine Community, in der wir Gemeinschaft und ein wohlwollendes Klima finden. Organisationsformen mit mehr Menschlichkeit und weniger Bürokratie – wie kann uns das gelingen?

Gibt es gute Beispiele für Organisation und wie sehen sie aus?

International hat das Modell Buurtzorg (2007) vom Holländer Jos de Blok, selbst Pflegekraft, große Beachtung gefunden. Autark organisierte Pflegeteams gehen nach einem Vier-Phasen-Modell vor:

  • Im ersten Schritt geht es vor allem um Beratung der Klient*innen bzw. der An- und Zugehörigen. Mit dem Ziel, die Unabhängigkeit so rasch wie möglich wieder zu erlangen.
  • Im zweiten Schritt wird ein informelles Netzwerk aus Familienangehörigen, Nachbarn und Freunden aufgebaut.
  • Im dritten Schritt werden pflegefachliche Handlungen gesetzt.
  • Im vierten Schritte wird ein formales Netzwerk aufgebaut: Hausärzt*innen, Therapeutische Berufe, Spezialist*innen, die im Gesamtbetreuungsprozess benötigt werden.

Die Vorteile der Selbstorganisation zeigen sich auf Seiten der Klient*innen vor allem darin,

  • dass EINE Betreuungsperson die regelmäßigen Besuche durchführt,
  • dass weniger Krankenhauseinweisungen notwendig sind,
  • dass ein formelles und informelles Netzwerk rund um Klient*innen aufgebaut wird, und
  • dass Selbstständigkeit das zentrale Anliegen ist.

Höhere Arbeitszufriedenheit mit geringer Fluktuation und großem Gestaltungsspielraum sind Vorteile auf Seiten der Pflegekräfte.

Wenn Pflege die Selbstorganisation aufnimmt, ist künftig mit vielen Teams nach dem Buurtzorg Modell zu rechnen. Das Abrechnungssystem erfordert dabei allerdings noch ein völliges Umdenken der politischen Entscheidungsträger.

Modell Vorarlberg: Hauskrankenpflegevereine ganz regional

Nach dem Motto „zuhause leben – zuhause pflegen“ ist die Hauskrankenpflege in Vorarlberg seit mehr als 100 Jahren in regionalen Krankenpflegevereinen organisiert. Das Modell basiert auf dem Solidaritätsgedanken. Über 62.000 Vorarlberger*innen sind Mitglieder in einem der 66 Krankenpflegevereine.  Einzigartig ist sicher auch, dass 83 Prozent der Pflegekräfte diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen sind. Finanziert wird die Hauskrankenpflege zu ca. 38 Prozent aus Mitgliederbeiträgen (30 – 42 Euro jährlich) und verschiedenen Aktionen. Den Rest übernehmen das Land Vorarlberg, die Sozialversicherungsträger und die Gemeinden. Der gesamte Vorstand und die operative Leitung der Vereine arbeiten ehrenamtlich.

Das Leistungsangebot geht von Beratung und Unterstützung der Menschen, die Hilfe brauchen bis zu Beratung der An- und Zugehörigen. Mit regionalen Unterschieden. Auch diese Organisationsform kann ein gutes Modell sein, um regionale Verantwortung zu schaffen und das Vertrauen zu stärken.

Künftig ist es denkbar, dass beide Modelle in der Organisation der Community Health Nurses Anklang finden und auch den Beruf attraktiver machen. Selbstorganisation und Regionalität zeichnen beide Modelle aus. Viele Pflegekräfte wünschen sich gerade in den beiden Bereichen mehr gestalterische Freiheit.   Es kann nur die Pflegeexpertin / der Pflegeexperte als Menschen einen Menschen pflegen. Und dafür braucht es vor allem tiefes Vertrauen.

CHN

Abschließen möchte ich mit Liliane Juchli – mein ganz persönliches, erstes und größtes Vorbild im Pflegeberuf:

Wir formen die Welt

wir tragen bei

es liegt an uns.

Daraus ergibt sich, dass Erfolg in der Pflege und in der Gesundheitserziehung nicht von Theorien und Meinungen abhängt, sondern davon, wie weit wir selbst in der persönlichen Verwirklichung von Gesunderhaltung engagiert sind. Nur so weit können wir auch unsere Patient*innen – oder Schüler*innen – bringen. Das alte Wort gilt auch hier: Niemand kann über sich hinaus kurieren, therapieren oder erziehen.“ (L. Juchli)

 Wie können Sie zur PIONIER*IN  werden?

Sie möchten mehr Informationen? Melden Sie sich direkt bei Rosa Maria Eglseer für einen Gesprächstermin unter Tel. +43 664 25 400 10 oder per Mail an:

 „Mein besonderer Dank gilt Lazarus für den Pioniergeist und die großzügige Unterstützung, unsere Plattform „Community Health Nurse“ bekannt zu machen. Möge ein Vielfaches zurückfließen an  jene Menschen, die dadurch mehr Selbstbestimmung, mehr Lebensqualität und mehr gesunde Lebensjahre genießen können.“

 Quellen:

Juchli, Liliane: Sein und Handeln, Ein ABC für Schwestern und Pfleger, 3. Auflage. Basel: RECOM, Friedrich Reinhard AG, 1985

Buurtzorg Österreich: https://cuco.at/wofuer-wir-stehen/ [02.05.2021]

CHN_Eglseer_2020©Vitale Gemeinde

Fotos:  zVg

Zur Autorin:

DGKP Dr.in Rosa Maria Eglseer, MSc, ist seit 38 Jahren Gesundheits- und Krankenpflegerin sowie Sozial- und Lebensberaterin. Sie hat bereits mehr als 350 Gesundheitsförderungs- und Ausbildungsprojekte begleitet. Ihre Dissertation erfolgte 2016 zum Thema: „Bedarf von kommunaler Pflege und Betreuung“. Frau Eglseer ist selbstständige Sozialunternehmerin und Initiatorin von: > „Vitale Gemeinden mit Community Health Nurse„. Im Jahr 2018 erhielt sie den Constantinus-Award in der Kategorie Pro-Ethik und soziale Verantwortung und wurde im Jahr 2020 für den Social Business Award nominiert .

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Ihre Passion ist ein NEUES Alt-werden: selbstbestimmt, aktiv und glücklich!

„Danke an Lazarus für Ihren Pioniergeist und Ihre freundliche Unterstützung!“

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