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Bochumer Bund: Pflegende jetzt schützen heisst Betten sperren

An Corona erkranktes Pflegepersonal solle weiterhin arbeiten, um einen Kollaps der kritischen Infrastruktur zu verhindern – auf diese Ansage aus der Politik reagierte die Pflegegewerkschaft ´Bochumer Bund´ mit der resoluten Gegenforderung, Betten zu sperren, um das Pflegepersonal zu schützen.

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Die Aussendung im Wortlaut:
Am Mittwoch, 22. Dezember 2021 ließ die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer in einer Pressekonferenz zu den neuen Corona Verordnungen in ihrem Bundesland verlauten, dass künftig auch Pflegekräfte eingesetzt werden sollen, die am Corona-Virus erkrankt sind.
Leerbetten Krankenhaus
„Wie schaffen wir es, dass die kritische Infrastruktur sichergestellt werden kann, wenn viele Menschen erkranken?“ fragt die Politikerin suggestiv das Publikum. Die ebenso erwartbare, so wie auch falsche Antwort, lieferte sie gleich im Nachsatz. Das Personal mit leichtem Verlauf müsse eben weiterarbeiten. Natürlich mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen. Sie bezieht sich dabei auf „die kritische Infrastruktur bei der Polizei, der Feuerwehr und in Krankenhäusern.“
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Dass die Pflege hier keine explizite Erwähnung findet und gleichzeitig mit Polizei und Feuerwehr auf eine Ebene gestellt wird, zeugt von großem rhetorischen Kalkül. Natürlich wird diese Regelung in erster Linie die 1,8 Millionen Pflegekräfte in Deutschland betreffen, die ihre Arbeit täglich eng am Menschen verrichten. Dies liegt nicht nur an der Arbeit selbst, sondern auch an der Größe der Berufsgruppe. Die Polizei zählt bundesweit 333.600, die Berufsfeuerwehr lediglich rund 66.000 Personen (Beide Angaben laut Statista).
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Schon vor Beginn der Corona-Pandemie war der Personalnotstand in der Pflege bekannt. Seit Beginn der Pandemie hat sich die Lage weiter dramatisch verschärft. Der massive Anstieg von Berufsaussteigern und psychischen Erkrankungen unter Pflegenden sind durch zahlreiche Studien erforscht und dokumentiert. Die immer schlechtere Versorgung der PatientInnen in den Krankenhäusern, Heimen und in der Häuslichkeit sind seit Jahren beobachtbar. Die korrekte Versorgung der PatientInnen beim Examen der Krankenpflege ist längst nur noch ein Schauspiel, das die AbsolventInnen einmalig in ihrer Berufsausbildung absolvieren können.
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Dass Pflegekräfte nun noch drastischer ihre Gesundheit aufs Spiel setzen sollen, setzt auf deren scheinbar grenzenlose Bereitschaft sich selbst für die PatientInnen aufzuopfern. Dass PolitikerInnen von einer gemeinsamen Aufgabe sprechen, die wir zu bewältigen hätten, ist blanker Hohn. Noch immer keine drastische Steigerung der Gehälter, kein Personalmindestschlüssel, keine massiven Anreize eine Ausbildung zu beginnen.
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Die einzige Möglichkeit die Pflege nun zu schützen, besteht darin die Betten zu sperren, die auf Grund von mangelndem Personal nicht mehr belegt werden können.
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Natürlich würde das die Versäumnisse im Pflegesektor in den letzten Jahren offen legen, doch wenn hier von einer gemeinsamen Aufgabe gesprochen wird, ist es an der Zeit, Fehler einzuräumen.
Quellen: Aussendung BB vom 23. Dez. 2021; Symbolfoto gesperrte Betten