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Empowerment für pflegende Angehörige: Kompetenztransfer und Praxisanleitung als Schlüssel für die Zukunft der Berufspflege

„Wer lernt, dazulernt und nicht stehen bleibt, wirkt auf andere jung – egal, ob er zwanzig oder achtzig Jahre alt ist“ (Elke Gruber 2007, 27).

„Ausbildung ohne Bildung führt zu Wissen ohne Gewissen“ (Daniel Goedevert 2001, 5)

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Einrichtungen und Organisation der Erwachsenenbildung bzw. Weiterbildung(EB/WB) müssen in einer sich ständig ändernden Gesellschaft bestehen können, um Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen durchführen zu können. Dies bedeutet eine zunehmende nationale (Österreich) und internationale Bedeutung (EU) des quartären Bildungssektors.

EB gewinnt in der professionellen Kranken- und Altenpflege an Bedeutung, weil berufsmäßig Pflegende Betroffene und pflegende Angehörige beraten und anzuleiten haben, möglichst lange das Wohn- und Lebensumfeld zu nützen. Diese Ambulantisierung umfasst demnach eine Anleitung zur Hilfe zur Selbsthilfe. Pflegepersonen sollen daher auch ein Element der Erwachsenenpädagogik und Angehörigen-Edukation sein. Der Beitrag will hierfür Bewusstsein schaffen und Möglichkeiten dieser Bildungsarbeit hinterfragen.

 

1 Einleitung

EB/WB stellt Theorie und Praxis von Herausforderungen.

• Die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden ist eine Beziehung zwischen Mündigen. Es gibt keine Erziehung, die Klientel sind Teilnehmende.
• Es gibt den Unterschied in der Teilnehmerorientierung, im Lehren und Lernen, Erwerb des Wissens ohne Belehrung, der Programmplanung, im Bildungssystem und der Landeskultur.
• Es geht um Bildung, Qualifikationen und Erwerb von Kompetenzen. Zu bedenken ist auch die internationale Perspektive.
• Die Organisation von EB/WB ist vielfältig. Es geht um ein Bestehen auf dem Bildungsmarkt. Den gesetzlichen Rahmen regelt der Staat.
• Im Bildungsmanagement geht es neben der Bildungswissenschaft und Organisationsentwicklung bzw. Betriebswirtschaft um die Herausforderungen der jeweiligen Situation(Situationsanalyse), gesellschaftliche Rahmenbedingungen(Gesellschaftsanalyse) , den sich ändernden Wirtschaftsrahmen(Wirtschaftsanalyse) und Ziele und Zielkonflikte der einzelnen Fachbereiche(Lernzielanalyse).

Gefordert sind demnach die Organisation und Veränderungen auf eine Brauchbarkeit mit den Merkmalen von EB/WB und Ergebnisse für eine pragmatische Entwicklungsperspektive. Es geht um lebensbegleitendes Lernen in Form einer Allgemeinen, Beruflichen und Betrieblichen Weiterbildung.

 

2 EB/WB im nationalen Bereich

EB/WB ist mit der Allgemeinen EB mit den Volkshochschulen, der ARGE Bildungshäuser, dem Büchereiverband und dem Ring Österreichischer Bildungswerke sowie der Beruflichen
EB mit den großen Bildungsträgern der Sozialpartner wie dem verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung, der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft, dem Ländlichen Fortbildungsinstitut, dem Wirtschaftsförderungsinstitut und dem Berufsförderungsinstitut sowie seinen Bildungsinstitutionen – dem Bundesinstitut für EB und der Weiterbildungsakademie Österreich – Bestandteil des quartären Bildungssektors.

Aufgabe einer EB/WB in einer Demokratie ist es, sachliches Verständnis der Wirklichkeit und wachsame Kritik zu bilden. Verantwortung und Kritik sollen vorgelebt werden. Eine Demokratie lebt es aus Mut ihrer Bürger, aus Alternativen. Darin wird die Hauptaufgabe einer EB/WB in einer alltags- und lebensorientierenden Bildung gesehen. Mit dem Eintritt in die Europäische Union(EU) hat sich die Zielsetzung mit einer beruflichen Qualifikation erweitert, die gesellschaftlich-politisch-ökonomische Dimension bleibt aktuell.

Erschwerend wird damit die Entwicklung eines professionellen Bewusstseins und Handelns der in der Praxis stehenden Personen. Dies zeigt sich an den verschiedenen Handlungsfeldern, der unterschiedlichen Primärsozialisation und den verschiedenen Arbeits- und Beschäftigungsformen.

Seit den siebziger Jahren gibt es zwei fundamentale gesellschaftliche Neuerungen mit einer gesamtgesellschaftlichen Bildungsverantwortung, zum einen eine weltanschauliche Offenheit und zum anderen eine Orientierung an der Lebenswelt bzw. Beruflichkeit der Adressaten. Zunehmend wird der Bereich der Beruflichen EB forciert, wobei Änderungen auf dem Arbeitsmarkt, die Nachfrage nach Qualifikationen und einem Weiterbildungsangebot eine Rolle spielen. Damit kommt es zur Einbeziehung von Qualifikationslernen und Weiterbildung/Höherqualifizierung mit beruflichen, politischen und lebensweltorientierenden Bildungsaspekten, das sich in Berufs- und Persönlichkeitsbildung mit Qualifikationen und Kompetenzen wie Personal-, Selbst-, Fach- und Methodenkompetenz sowie Sozial- und Handlungskompetenz darstellt. Kritisch werden zusätzlich noch gesellschaftliche Schlüsselqualifikationen wie Identitätskompetenz, ökologische, technologische, historische und ökonomische Kompetenz sowie Gerechtigkeitskompetenz eingefordert.

 

2.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Zu den zentralen Veränderungen einer demokratischen Gesellschaft gehört die Veränderung der Arbeitsgesellschaft. Immatierelle Arbeit wird bedeutender, Freiwilligkeit gewinnt an Bedeutung, insbesondere im Sozial-, Sport- und Kulturbereich. Subjektive Interessen der Arbeitenden gewinnen an Bedeutung. Arbeitsverhältnisse werden zunehmend dereguliert, damit Arbeitskräfte flexibler eingesetzt werden(können). Die klassische Form der Berufstätigkeit löst sich auf. Berufliche Orientierung/Vorberufliche Bildung wird bedeutend. Für EB/WB -Einrichtungen hat das Konsequenzen. Es kommt zu einer Aufwertung ihrer Rolle. Berufliche Grundbildung ist mit der Vermittlung von Erfahrungen, Lösen von Problemen, praktischer Umsetzung, aktivem Experimentieren, Handeln und Umsetzen von Plänen und dem Erwerb neuer Erfahrungen gefragt. Neben diesen Notwendigkeiten bedarf es einer Qualitätssicherung(Qualitätsmanagement).

2.2 Ziele und Zielkonflikte

In der EB ist die Zielsetzung vorrangig an gesellschaftspolitischen und bildungspraktischen Belangen ausgerichtet. Die WB orientiert sich an weiteren Bildungswegen der Klientel, an ihre Höherqualifizierung. Fort- und Weiterbildung gehören zu den Kernaufgaben, insbesondere unter EU-Bildungsaspekten(LISSABON 2001).

Persönliche Fragen zur Weiterbildung ergeben sich folgerichtig. Soll ich mich weiterbilden? Was brauche ich? Gibt es eine Beratung und Hilfestellung? Welches Angebot ist für mich geeignet bzw. richtig?

 

3 Lernen in der EB/WB

Lebensbegleitendes Lernen erfordert eine Auseinandersetzung mit dem Lernen von Erwachsenen. Es scheint, es kommt langsam zu einem Übergang von „adult education“ zu „adult learning“, wobei das Interesse sich auf altersbedingte Lernstile, Wissensvermittlung, erwachsenentypische Lernerfahrungen und Lernerwartungen sowie Lernanforderungen bezieht. Zu bedenken sind der Ausbildungsstand und die Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt(vgl. Denken /Wissen und biologische Lernkapazität). Zu bedenken sind die Lernfähigkeit, Lerntechniken und Einbeziehung von Erfahrungen. Ebenso beachtenswert sind selbständiges Lernen und Lernformen.

 

4 Begrifflichkeit EB –WB

Bei aller begrifflichen Vielfalt ist festzuhalten, dass EB sich auf Personen bezieht, die durch ein biographisches Kriterium(„erwachsen“) bestimmt werden. WB weist auf den Bildungsweg als Kriterium hin.

Zudem gilt es zu prüfen, ob berufliche Weiterbildung gemeint ist, in welchem Umfang zwischen formalem, non-formalem und informellem Lernen unterschieden wird.

 

5 Ehrenamtlichkeit/Freiwilligkeit in der EB

Will man Ehrenamtlichkeit/Freiwilligkeit erhöhen, sollte man die Organisationsstrukturen neu ausrichten. Ziel ist eine lebendige Zivilgesellschaft mit Motivation und Engagement. Es geht demnach um bessere Förderstrukturen, Freiwilligenmanagement und Ausrichtungen von Zielvoraussetzungen bzw. Zielen.

Wesentlich sind die Förderung von Wissen, Fertigkeiten, Haltungen, Erfahrungen und Kompetenzen. Geboten werden soll die Chance, Eigeninteressen nachgehen zu können, sich weiter zu qualifizieren, Sinn und Wert in einem Engagement zu finden, Interessierte kennen zu lernen und sich einbringen zu können. Dazu bedarf es Unterstützungssysteme, Qualifizierungsangebote und einer Anerkennungskultur.

 

 

Literatur/Auswahl

Bechtel M.-Lattke S.-Nuissl E.(2005): Porträt Weiterbildung Europäische Union. Bielefeld

Beher K.-Liebig R.-Rauschenbach T.(2000): Strukturwandel des Ehrenamtes Gemeinwohlorientierung im Modernisierungsprozess, Weinheim

Dichatschek G.(2012/2013): Ehrenamtlichkeit in der Erwachsenenbildung, in: AMT und GEMEINDE 4/2012-2013, 688-692

Döring K.W.(2008): Handbuch Lehren und Training in der Weiterbildung, Weinheim-Basel

Europäische Kommission: Mitteilung der Kommission. Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen, Brüssel/21.11.2011, KOM(2001)678

Goedevert D.(2001): der Horizont hat Flügel. Die Zukunft der Bildung, München

Gruber E.(2007): Alter und lebenslanges Lernen, in: Gruber E.-Kastner M.-Brünner A.-Huss S.-Kölbl K.(Hrsg.)(2007): Arbeitsleben 45plus.Erfahrungen, Wissen & Weiterbildung –Theorie trifft Praxis, Klagenfurt, 15-29

Nolda S.(2008): Grundwissen Erziehungswissenschaft. Einführung in die Theorie der Erwachsenenbildung, Darmstadt

Nuissl E.-Lattke S.-Pätzold H.(2010): Europäische Perspektiven der Erwachsenenbildung. Studientexte für Erwachsenenbildung, Bielefeld

Tippelt R.-v. Hippel A.(Hrsg.)(2009): Handbuch Erwachsenenbildung –Weiterbildung, Wiesbaden

Wittpoth J.(2006): Einführung in die Erwachsenenbildung, Bd. 4 – Einführungstexte in die Erziehungswissenschaft, Opladen & Farmington Hills

 

IT-Autorenhinweise/Auswahl

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index:

Erwachsenenbildung

Erwachsenenbildung im ländlichen Raum

Politische Bildung

Interkulturelle Kompetenz

 

 

Zum Autor

Dr, Günther Dichatschek, MSc ist Absolvent des Instituts für Erziehungswissenschaft/Universität Innsbruck/Doktorat(1985), der Weiterbildungsakademie Österreich/wba I und II(2009), des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/Universität Salzburg-Klagenfurt/Master(2008), des 7. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/Universität Salzburg/Diplom(2012), der Personalentwicklung der Universität Wien(2010) und des 4. Internen Lehrganges Hochschuldidaktik/Universität Salzburg(2016)