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„NoHep“ – für eine Welt ohne Hepatitis

Der Welt Hepatitis Tag erinnert wieder an die Bedrohung durch die virale Erkrankungen Hepatitis B und C. Unter dem Motto “NoHep – für eine Welt ohne Hepatitis bis 2030” wirken Europas führende Expert*innen und Interessenvertretungen zusammen.

 

“Was nur Wenige wissen: Weltweit sterben weit mehr Menschen an Virushepatitis als an HIV oder Malaria”, betont Angelika Widhalm (Hepatitis Hilfe Österreich). “Vor allem Hepatitis B und C, die allein in Österreich zigtausende Menschen betreffen, können zu Zirrhose und Leberkrebs führen.” Und das, obwohl es etwa gegen Hepatitis B eine sehr effektive Schutzimpfung (Kombination Hepatitis A+B) gibt. “Hepatitis C ist dank neuer Medikamente (DAAs) nun fast immer heilbar. d.h., man wird virusfrei – eliminiert das Virus aus dem Körper”, so Widhalm. Sie bedauert allerdings, dass diese Schutz- und Therapiemöglichkeiten nicht allen bekannt sind. “Und in vielen Ländern sind Impfungen, Diagnostik und Therapien aus Kostengründen noch nicht oder nur eingeschränkt zugänglich”, führt Widhalm ein weiteres Problem an. Der Schlüssel zum Erfolg im Sinne von “NoHep” liegt für sie im konzertierten Dreiergespann bestehend aus Vorbeugung, rechtzeitiger Diagnose und entsprechender Therapie.

 

Während bei der Hepatitis B die Behandlungskosten von den Krankenkassen refundiert werden und der Arzt das jeweils beste Medikament für den Patienten verschreiben kann (Therapiekompetenz des Arztes), sieht es bei der Behandlung von Hepatitis C in Österreich leider etwas anders aus: Denn die neuen Medikamente (DAAs), die seit 2014 bis zu 98% Heilung bringen, sind nicht billig. Die HHÖ fordert daher seit Jahren, dass die Medikamentenkosten für ALLE Hepatitis C-Patienten sofort vom Gesundheitssystem refundiert werden sowie der behandelnde Arzt das jeweils beste Medikament für seine Patienten verschreiben kann – unabhängig von den Kosten oder der Phase der Leberschädigung. Seit 2014 konnten laut HHÖ rund 2.500 Patient*innen jährlich geheilt werden – dies sei aber nur ein Bruchteil derjenigen, die die neuen Therapien brauchen.

 

Aktuell refundiert das Gesundheitswesen die Medikamentenkosten erst bei einer bereits fortgeschrittenen Lebererkrankung (Fibrosegrad  2) aufgrund einer Hepatitis-C-Infektion. “Für die Betroffenen ist das ein untragbarer Zustand. Man wartet, bis die Patienten schwer krank sind und die Leber bereits geschädigt ist. Das ist auch aus ethischer Sicht höchst fragwürdig”, kritisiert Widhalm. Auf diese Weise bekäme das österreichische Gesundheitssystem das Problem der viralen Hepatitis B und C nie in den Griff.

Strategieplan wird immer dringlicher

Die WHO fordert seit Jahren von allen Staaten Strategiepläne zur Erreichung des NoHep-Ziels. “In Österreich schafft man das leider seit Jahren nicht, sondern unternimmt vielmehr alles, um einen solchen Strategieplan zu verhindern”, so die HHÖ in einer aktuellen Aussendung und bezeichnet dieses Verhalten als schwer fahrlässig, wenn es um die Gesundheitssicherung der Bevölkerung geht. Auch aus wirtschaftlicher Sicht sei ein derartig restriktiver Umgang mit den Ressourcen unverantwortlich, da so die Kosten aufgrund von längeren Therapiezeiten, Folge- bzw. Nebenerkrankungen und auch mehr Sozialfällen unterm Strich höher sind, als wenn man sofort die effektivste Therapie zum Einsatz brächte, warnt die HHÖ in ihrem Appell an die Gesundheitspolitik.

 

Aktuell haben 30 Millionen Menschen im EU-Raum eine chronische Lebererkrankung, Virushepatitis betrifft bereits mehr als 10 Millionen Menschen. Diese Zahlen machten Leberkrankheiten zur fünfthäufigste Todesursache in Europa, betont Univ. Prof. Dr. Petra E. Munda: “Noch davor rangiert Alkohol als dritthäufigste vorzeitige Todesursache der EU, gefolgt von der Fettleber (= Leber-Manifestation des metabolischen Syndroms), Diabetes und Adipositas; die Lawine rollt!”

 

Aus der Praxis weiß der Allgemeinmediziner Dr. Helmut Schiel, dass “viele Krankheiten der Leber schleichend verlaufen und lange Zeit von den Betroffenen kaum wahrgenommen werden. Chronisch verlaufende Leberentzündungen können jahrelang unbemerkt bestehen bleiben, da die Beschwerden lange – wenn überhaupt – als sehr unspezifisch wahrgenommen werden. Die Patienten klagen über Müdigkeit, Abgeschlagenheit, erhöhten Schlafbedarf, Lustlosigkeit, depressive und aggressive Stadien, Inappetenz, Nachlassen der Leistungsfähigkeit, Völlegefühl, Verdauungsstörungen und diverse unklare Schmerzen.”

 

Mehr Aufmerksamkeit für einen stillen Killer

  • Weltweit leidet einer von zwölf Menschen an chronischer Hepatitis B oder C. Die wenigsten wissen davon.
  • Die Leber leidet stumm. Warnende Symptome bleiben oft Jahre lang aus. Erhöhte Leberwerte bei Routineuntersuchungen können ein erstes Warnsignal sein, das jedoch oft ignoriert wird.
  • Beide Infektionen können nach Jahren zu Zirrhose und Leberkrebs führen.
  • Je früher die Infektion entdeckt wird, desto besser lässt sie sich therapieren. Die Behandlung hat in den letzten zehn Jahren große Fortschritte gemacht. Hepatitis B ist kontrollierbar. Hepatitis C ist heilbar.
  • Jeden Tag sterben 4.000 Menschen an Virushepatitis. Durch Impfung oder Behandlung könnten schon heute alle diese Menschenleben gerettet werden.
  • 2010 erkannte die WHO-Hauptversammlung Virushepatitis mit einer Resolution als globale Gesundheitsbedrohung an. Seit 2011 wird der Welt-Hepatitis-Tag offizieller Gesundheitstag der WHO durchgeführt. Das Datum des 28. Juli wurde zu Ehren des inzwischen verstorbenen Hepatitis-B-Entdeckers Prof. Baruch Bloomberg neu festgelegt, welcher an diesem Tag Geburtstag hatte.

 

Link zum “NoHep”-Video: http://hepatitis-community.org/stream/9485/

Hepatitis A & B Durchimpfungsrate in Österreich beträgt ca. 67 %

Gemäß einer aktuellen Umfrage ist jeder dritte Österreicher zwischen 16 und 69 Jahren nicht vor Hepatitis A oder B geschützt laut Apothekerkammer sind rund 120.000 Menschen mit chronischer Hepatitis B oder C infiziert.

Hepatitis B kann über Körperflüssigkeiten wie Blut, Speichel, Sperma oder Vaginalsekret übertragen werden. Die Übertragung kann sowohl durch direkten Kontakt, insbesondere ungeschützten Geschlechtsverkehr, als auch indirekt durch kontaminierte Gegenstände (Zahnbürste, Rasierklingen, Nagelscheren, Kanülen oder Tätowiergeräte) erfolgen. Hepatitis B ist bis zu 100-mal ansteckender als HIV. Weltweit gesehen, ist Hepatitis mit bis zu ca. 400 Millionen Virusträgern die häufigste chronische Virusinfektion. Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung weist Antikörper als Zeichen einer Hepatitis-B-Infektion auf. Chronisch infizierte Personen können das Hepatitis-B-Virus zudem auf gesunde Menschen übertragen. Jährlich sterben weltweit etwa 600.000 Menschen an den direkten Folgen einer Hepatitis B. Problematisch ist, dass viele chronische Hepatitis-B-Träger*innen nichts von ihrer Erkrankung wissen. In Mitteleuropa sind 5 bis 10 % der Bevölkerung Antikörperträger. Diese Gruppe hatte demnach Kontakt mit dem Erreger. In Österreich gibt es jährlich etwa 1.500 Neuerkrankungen (3) und 42.000 chronische Hepatitis-B-Träger.

Hepatitis

Hepatitis A wird fäkal-oral über Schmierinfektion (z.B. durch verunreinigte Gegenstände auf Toiletten, mangelnde Hygiene), verunreinigtes Wasser, Getränke, Eiswürfel, Speiseeis, ungenügend gegarte Nahrungsmittel übertragen. Die Infektion tritt häufig in Regionen mit niedrigen Hygienestandards auf. Immer wieder jedoch kommt es allerdings auch zu Ausbrüchen in Europa. Das Virus ist gegenüber hohen und niedrigen Temperaturen resistent (sogar unter dem Gefrierpunkt). Dies gilt ebenso gegenüber Säuren und Laugen. Herkömmliche Reinigungsmittel oder Seifen können das Virus nicht inaktivieren. In den letzten Jahren ist es zu einer Zunahme von Hepatitis A-Fällen durch den Konsum von kontaminierten Speisen/Lebensmitteln gekommen.

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Sowohl gegen Hepatitis A als auch gegen Hepatitis B sind Impfstoffe erhältlich. Für Hepatitis C ist nach wie vor keine Impfung verfügbar. Eine Impfung gegen Hepatitis B ist im kostenlosen nationalen Kinderimpfkonzept des Bundesministeriums für Gesundheit enthalten und steht Säuglingen und Kleinkindern im Rahmen der 6-fach Impfung bzw. Schulkindern und Jugendlichen bis zum 15. Lebensjahr als separate Impfung kostenlos zur Verfügung. Die Hepatitis A Impfung ist nicht Teil des kostenfreien Kinderimpfprogramms, allerdings wird eine Impfung gegen Hepatitis A vor Eintritt in Gemeinschaftseinrichtungen ab dem vollendeten 1. Lebensjahr vom Bundesministerium für Gesundheit empfohlen.

Weitere Informationen zu Hepatitis A & B sind unter www.stophepatitis.at verfügbar.

Robert Koch-Institut: Themenheft und Bulletin zu Hepatitis C

Anlässlich des Welt-Hepatitis-Tages sind zwei neue Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts zu Hepatitis C erschienen: ein Themenheft der Gesundheitsberichterstattung (GBE) – zum Download hier: http://www.rki.de/gbe-hefte  – sowie ein umfassender Beitrag im Epidemiologischen Bulletin 29/2016 zur aktuellen Situation – zu finden hier:  http://www.rki.de/epidbull  ..