1


Rudolfinerhaus Wien: 25 Jahre Pflegewissenschaft gefeiert

vl.: Dr. Barbara Dätwyler-Wehrli, Univ.-Prof. Dr. Christa Them, Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Seidl, Univ.-Prof. Dr. Wilfried Schnepp, Univ.-Prof. Dr. Hanna Mayer, Mag. Dr. Martin Nagl-Cupal (Foto: Anna Rauchenberger)

 

Das Jubiläum „25 Jahre Pflegewissenschaft“ bot am vergangenen Freitag am Rudolfinerhaus Wien die Gelegenheit im feierlichen Rahmen auf die bisherigen Erfolge zurückzublicken und die künftigen Herausforderungen an die professionelle Pflege zu thematisieren.

1992, also vor 25 Jahren, wurde die Abteilung für Pflegeforschung des Instituts für Pflege- und Gesundheitssystemforschung der Johannes Kepler Universität Linz für sieben Jahre am Rudolfinerhaus in Wien etabliert. Diese Institution war ein Meilenstein der Pflegewissenschaft in Österreich und hat essenziell zur Entwicklung entsprechender Universitätsinstitute und Studienlehrgänge beigetragen. Dessen Leitung hatte Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Seidl, die damalige Schul- und Pflegedirektorin des Rudolfinerhauses, inne. Anlässlich dieses Jubiläums wurde das Thema Pflegewissenschaft am Rudolfinerhaus, wo seit je her Pionierarbeit in der Pflege geleistet wird, aufgegriffen und umfassend beleuchtet.
Bereits seit 1912 gibt es ein Übereinkommen zwischen dem Rudolfinerverein mit dem Österreichischen Roten Kreuz. “Damals wie heute ist der Zweck des Vereins, neben der Behandlung von Kranken sowie der Gesundheitsvorsorge und Altenpflege, die theoretische und praktische Aus- und Weiterbildung von Pflegepersonal”, so KommR Dr. Georg Semler, Vorstandsvorsitzender des Rudolfiner-Verein – Rotes Kreuz, im Rahmen der Eröffnung. Im Rudolfinerhaus legt man seit jeher besonderen Wert auf eine anspruchsvolle Aus- und Weiterbildung von Pflegepersonen.

Neue Rolle in der Pflege
Demografische, epidemiologische und gesellschaftliche Veränderungen erfordern nicht nur einen quantitativen Zuwachs an Pflegeleistung, sondern auch eine neue Rolle in der Pflege selbst: “Pflegewissenschaftliche Erkenntnisse müssen nicht nur eine wesentliche Grundlage im Entscheidungsprozess sein, sondern es müssen immer wieder neue Einsichten in das Leben der Betroffenen und deren Familien gewonnen sowie neue pflegerische Interventionen entwickelt und überprüft werden”, legte Univ.-Prof. Dr. Hanna Mayer, Leiterin am Institut für Pflegewissenschaft der Universität Wien, eingangs dar. Dass die Pflegewissenschaft neben den gesellschaftlichen Veränderungen auch auf die Verteilungskämpfe innerhalb des Gesundheitswesens selbst reagieren müsse, unterstrich anschließend Univ.-Prof. Dr. Wilfried Schnepp, Lehrstuhl für familienorientierte und gemeindenahe Pflege an der Universität Witten/Herdecke, Deutschland: “Künftig wird sich die Pflegewissenschaft stärker mit der Übernahme von Aufgaben auseinandersetzen müssen, die bislang traditionell in den Bereich von Ärzten gehören. Insbesondere in der primären Gesundheitsversorgung werden Pflegeberufe künftig eine große Rolle spielen”, so Prof. Schnepp.

Hintergrundgespräch thematisierte Akademisierung und Professionalisierung
Bereits am Vormittag fand eine hochkarätig besetzte Expertenrunde, moderiert von Josef Kalina, zusammen. “Es ist der Beharrlichkeit einzelner Persönlichkeiten zu verdanken, dass wir heute in der Pflegewissenschaft klare Strukturen haben”, so Dr. Barbara Dätwyler-Wehrli, Präsidentin i.R. des Berufsverbands der diplomierten Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner Sektion Bern, Schweiz. Eine dieser Persönlichkeiten ist Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Seidl.

Die österreichische Pionierin auf dem Gebiet der Pflegewissenschaft thematisierte deren Stellenwert innerhalb des Gesundheitssystems: “Die immer älter werdende Bevölkerung und die zunehmende Anzahl chronisch Kranker stellt die Pflege vor immer neue Herausforderungen. Eine sinnvolle Entwicklung sehe ich im Ausbau multiprofessioneller Beratungszentren, wodurch beispielsweise Spitalsambulanzen entlastet würden”, spielte die Doyenne der österreichischen Pflegewissenschaft auf die aktuelle Entwicklung von Primary Health Care (PHC) an.

Darauf, dass ein wesentlicher Teil der Pflegeleistung im ambulanten bzw. häuslichen Bereich stattfindet, verwies Mag. Dr. Martin Nagl-Cupal: “Die Kooperation mit anderen Gesundheits- bzw. Sozialberufen gewinnt daher zunehmend an Bedeutung”, so der Experte. Angesichts dieser Entwicklungen liegt die fortschreitende Professionalisierung und Akademisierung der Pflege auf der Hand. Am Institut für Pflegewissenschaft der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik (UMIT) in Hall in Tirol fokussiert das Studienangebot daher ganz bewusst auf hohe Praxisorientierung, pflegewissenschaftliche Studien sowie den Wissenstransfer und Feedback mit den Studenten: “Wir sind laufend um die Weiterentwicklung der Studiencurricula auf handlungs- und systemorientierter Ebene bemüht. Die Anforderungen des Pflegealltags stehen dabei stets im Mittelpunkt unserer Arbeit”, so Univ.-Prof. Dr. Christa Them, Leiterin des Departments für Pflegewissenschaft und Gerontologie.

Verleihung Elisabeth Seidl Preis
Der feierliche Rahmen wurde auch zur Verleihung des Elisabeth Seidl Preises genutzt, mit dem bereits zum 7. Mal herausragende wissenschaftliche Arbeiten aus der Pflege ausgezeichnet wurden. Melanie Mattes, BA, MSc und Maria Katherina Job, BSc waren die diesjährigen Preisträgerinnen.

Rudolfinerhaus Billroth

Die älteste Pflegeausbildungsstätte Österreichs
Der Rudolfiner-Verein – Rotes Kreuz zählt mehr als 200 Mitglieder und fungiert als Trägerverein der Rudolfinerhaus Privatklinik GmbH und des Campus Rudolfinerhaus. Vorsitzender ist KommR Dr. Georg Semler. Aufgabe des Campus Rudolfinerhaus ist die Aus- und Weiterbildung des Pflegepersonals – im Speziellen der Bachelorstudiengang Gesundheits-und Krankenpflege. Die Rudolfinerhaus Privatklinik GmbH wurde 1882 von Theodor Billroth, einem der bedeutendsten Ärzte der Wiener Medizinischen Schule, als Lehrkrankenhaus für die Pflegeausbildung gegründet.