Pflege-Ausbildung an der Hochschule wird nicht automatisch besser

Allein durch die Tatsache, dass ab 2020 Pflegekräfte in Deutschland auch regelhaft hochschulisch ausgebildet werden können, werde die Pflege-Ausbildung „nicht automatisch besser“. Das sagte jetzt Prof. Dr. Thomas Evers von der Hochschule für Gesundheit (hsg) in Bochum (NRW). Viel mehr sei ein ganzes Bündel von politischen Maßnahmen notwendig, um die Pflege attraktiv und zukunftsfit zu machen.

studium„Die Pflege muss sich mit Blick auf bereits heute bestehende und zukünftig erkennbare Bedarfe dringend weiter entwickeln. Fachkräftemangel und drohende pflegerische Unterversorgung sind Szenarien, die – in verschiedenen Arbeitsfeldern und Regionen – bereits heute klar erkennbar sind“, stellte Prof. Dr. Thomas Evers, Vize-Präsident für Studium und Lehre an der Hochschule für Gesundheit (hsg) in Bochum, heute in Bochum fest und fügte hinzu: „Um diese Mammutaufgabe angehen zu können, reichen Einzelmaßnahmen jedoch nicht aus. Es bedarf einer konzertierten Aktion über alle beteiligten Bereiche und Akteure hinweg, um Pflege zukunftssicher und attraktiv gestalten zu können. Hier sind sowohl die Einrichtungsträger, die Kostenträger, die Politik, aber auch die Bildungs- und Forschungseinrichtungen gefragt.“

Auf den Umstand, dass in der Gesundheitspolitik in Deutschland einschneidende Maßnahmen erforderlich sind, weisen in diesen Tagen die unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteure hin. Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) in Köln forderte beispielsweise einen dreischrittigen Masterplan Pflege für Deutschland, um die Dauerkrise in der Pflege zu beenden. Im zweiten Schritt wird der neuen Koalition vorgeschlagen, einen Runden Tisch einzurichten, an dem alle relevanten Akteure beteiligt sind. Genannt wurden Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen, den Sozialversicherungen, der Arbeitgeber und Gewerkschaften, aus Bildung und Wissenschaft sowie von Berufs-, Patienten- und Verbraucherorganisationen.

„Der von den Kollegen des dip vorgeschlagene Masterplan Pflege greift dabei wichtige Aspekte wie Arbeitsbedingungen oder Verdienstmöglichkeiten auf, um das Berufsfeld weiterentwickeln zu können. Aber auch der Beruf selber muss attraktiver gestaltet und an die gestiegenen Versorgungsanforderungen angepasst werden“, sagte Thomas Evers.

Dabei verwies er auf die ab dem Jahr 2020 bestehende Möglichkeit, in der direkten Patientenversorgung tätige Pflegekräfte auch regelhaft hochschulisch ausbilden zu können. „Das ist ein wichtiger Faktor. Aber alleine durch die Tatsache, dass eine Ausbildung an einer Hochschule ermöglicht wird, wird sie nicht automatisch besser. Hier bedarf es auch einer Verständigung bzw. der Abstimmung gemeinsamer Qualitätsstandards hochschulischer Ausbildungswege, damit keine Mogelpackungen etabliert werden und künftig die bestmögliche Versorgung der PatientInnen sichergestellt werden kann“, so Evers.

Durch den ergänzenden hochschulischen Ausbildungsweg gewinne das Berufsfeld an Attraktivität – in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiger Baustein, um Pflege zukunftssicher gestalten zu können, sagte Prof. Dr. Markus Zimmermann, Dekan des Departments Pflege der hsg und setzte hinzu: „Jedoch bedarf es in diesem Zusammenhang auch entsprechend angepasster Verdienstmöglichkeiten für hochschulisch qualifizierte Pflegende.“

Markus Zimmermann machte weiterhin deutlich, warum im Bereich der Pflege Forschungsaktivitäten gefördert werden sollen. „Um die angestrebte Versorgungsqualität solide in den Blick nehmen zu können, ist es zwingend notwendig, Forschungsprojekte zu fördern, die insbesondere den Nutzen pflegerischer Interventionen für den einzelnen Patienten fokussieren. Auch hier ist ein großer Nachholbedarf in Deutschland erkennbar. Während im europäischen Ausland und den USA Studien zeigen, dass eine höhere Quote von hochschulisch gebildeten Pflegenden einen positiven Einfluss auf das Überleben von Patienten im Krankenhaus hat, sind derartige Untersuchungen in Deutschland durch die geringe Zahl von Pflegenden mit Bachelor-Abschluss nahezu unmöglich“, betont er.

Zimmermann: „Wir freuen uns als hsg und als neu gegründetes Department für Pflegewissenschaft  die genannten Aspekte aktiv in die anstehenden Überlegungen zur Umsetzung des neuen Pflegeberufegesetzes und  in die weitere anstehende und dringend notwendigen Diskussionen zur Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgung in Deutschland einbringen zu können und hoffen auf politischen Rückenwind“.

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