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AT: Regierung verschlechtert Arbeitsbedingungen im Krankenhaus – wird EU-Richtlinie umgangen?

 

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Obwohl der „Masterplan Pflege“ gerade erst im Detail erarbeitet wird und bis Jahresende 2019 vorliegen soll, plant die Bundesregierung bereits konkrete massive Verschlechterungen im Arbeitszeitgesetz der Krankenhäuser (KA-AZG). Nun stehen Pflege und Ärzteschaft gemeinsam dagegen auf und fragen: Wird die betreffene EU-Richtlinie umgangen bzw. konterkariert?

 

Die geplanten gesetzlichen Änderungen verschlechtern die Arbeitsbedingungen von ArbeitnehmerInnen und die Gesundheitsversorgung von PatientInnen. Das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz sieht derzeit – EU-konform – eine maximale tägliche Höchstarbeitszeit von 13 Stunden (bei verlängerten Diensten 29 Stunden) und eine wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit von 48 Stunden (als Opt Out bis 2021 bis zu 55 Stunden) für ÄrztInnen und PflegerInnen vor – das ist schon jetzt eine deutliche Mehrbelastung als in vielen anderen Branchen. Die Regierung plant nun, die Arbeitsbedingungen für Ärzteschaft und Pflege weiter zu verschärfen.

Weniger Ruhezeiten, mehr Rufbereitschaft, Verlängerung des Opt-Out

So sollen die durchgehenden Ruhezeiten von derzeit 11 bzw. 8 Stunden auf 5 Stunden gekürzt, während die Rufbereitschaften pro Monat auf 12 Tage erhöht werden. Für Anna Kreil, Obfrau der Ärztegewerkschaft Asklepios, ein inakzeptabler Plan: „Hier wird der ArbeitnehmerInnenschutz ausgehöhlt und zugleich eine Verschlechterung der PatientInnenversorgung billigend in Kauf genommen. Die Arbeitsverdichtung seit der Einführung der EU-Richtlinie vor vier Jahren hat schon jetzt viele KollegInnen an ihre Grenzen gebracht – diese Gesetzesänderung werten wir als nicht mehr zumutbar.“

Für Helga Kien, Betriebsratsvorsitzende im Orthopädischen Spital Speising, liegt eine weitere Vermutung nahe: „Das Rufbereitschaftsmodell soll Personalengpässe, die durch die Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie aufgetreten sind, verschleiern, und zwar unter Umgehung der gesetzlichen Arbeitszeitregeln.“ Anna Kreil ergänzt: „Das eigentliche Problem – der eklatante Personalmangel und die strukturellen Defizite – sind damit nicht gelöst.“

Darüber hinaus soll das bis 1.Juli 2021 geltende Opt-Out auf unbestimmte Zeit verlängert werden – auch das steht für Kreil außer Diskussion: „In Krisenfällen gibt es jetzt schon entsprechende Ausnahmen, hier weiter Druck auf MitarbeiterInnen ausüben zu können, ist abzulehnen. Dieser Entwurf bedeutet einen großen Rückschritt.“

Arbeitsbedingungen und Patientenversorgung werden verschlechtert

Sollte die geplante Gesetzesänderung so kommen, so sehen Kreil und Kien unisono vor allem eine Gefahr: „Diese noch schlechteren Arbeitsbedingungen für Ärzteschaft und Pflege, deren Berufsstände schon jetzt mit Personalmangel, drohender Pensionierungswelle und enormer Belastung zu kämpfen hat, wird die Situation weiter verschärfen.“ Asklepios überlegt bei Bedarf eine entsprechende Überprüfung des Gesetzes durch eine Beschwerde bei der EU-Kommission zu veranlassen. Anna Kreil ergänzt: „Letztendlich ist der Leidtragende der Patient, der sich mit einem immer schlechteren Gesundheitssystem und überlasteten Personal auf allen Ebenen konfrontiert sieht.“ (APA, 18.01.2019)

 

Kommentar:

Die im Bericht scharf kritisierten Gesetzesänderungen sind nicht nur inhaltlich höchst fragwürdig, sondern auch völlig übereilt – und wohl eher geeignet, den kommenden „Masterplan Pflege“ (bis Ende 2019) bereits vorweg zu konterkarieren bzw. schon im Ansatz ad absurdum zu führen. Wer wird die politische Verantwortung für diese unglaubliche Huschpfusch-Aktion zu Lasten von Beschäftigten und Patient*innen  übernehmen..?

Erich M. Hofer