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Diskussion zum „Masterplan Pflege“: Caritas Österreich fordert konkrete Punkte

Hände-Kooperation

„Der  ‚Masterplan Pflege´ der Bundesregierung ist ein guter Anfang. Die Caritas Österreich fordert konkrete Punkte, um die Pflege zukunftsfit zu gestalten“,  so Präsident Dr. Michael Landau bei einem ExpertInnentreffen im Sozialministerium am vergangenen Donnerstag.

Die wichtigsten Punkte in Sachen Pflege.

Transparente Angebote und Leistungen
„Wir alle können pflege- und betreuungsbedürftig werden. Wir müssen sicherstellen, dass alle Menschen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation und ihrem Wohnort, einen Zugang zu qualitätsvoller und leistbarer Pflege und Betreuung haben“, betont Landau und weiter: „Jede Österreicherin und jeder Österreicher sollte wissen, welche Leistungen im Bedarfsfall gesichert sind, und vor allem, welche Kosten zu erwarten sind. Das Leben in Würde bis zuletzt muss in unserer Gesellschaft möglich sein“, so Landau: „Die Hospiz- und Palliativversorgung muss daher ein selbstverständlicher Teil der Gesundheits- und Pflegeversorgung in Österreich werden.“

Passgenaue Unterstützung und Entlastung der pflegenden Angehörigen
„Wer Pflege braucht, muss wählen können, welche Art der Unterstützung am besten passt“, so Caritas Präsident Michael Landau. Die Angebote von mobiler, teilstationärer und stationärer Betreuung und Pflege müssten dazu in ganz Österreich flächendeckend und leistbar sein. Pflegende Angehörige sind aktuell das Rückgrat der Pflege und Betreuung. Sie brauchen Beratung, Unterstützung und Entlastung. Vor allem der Ausbau von zeitlich flexiblen Tagesbetreuungsangeboten auch in den eigenen vier Wänden, sowie besser geregelte Ansprüche auf Pflegekarenz und Pflegefreistellung könnten hier helfen.

Stärkung der mobilen Dienste, gleichwertige Leistungen und Qualitätskriterien
Nach der Abschaffung des Pflegeregresses gilt es, die Situation zu nutzen. Die Stärkung und gleichzeitig eine finanzielle Entlastung der mobilen Dienste sind wesentlich. Ebenso die Entwicklung von österreichweit gleichwertigen Leistungen und Qualitätskriterien. Die Bundesländer haben jetzt die Chance, gemeinsam mit dem Bund, das Pflegesystem in Österreich für die zukünftigen Herausforderungen zu gestalten.
Über den „Pflegefonds“ wird der bedarfsgerechte Aus- und Aufbau von Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangeboten bis 2021 unterstützt. Die Caritas fordert eine Überführung des Pflegefonds in ein fixes Gesetz, um eine dauerhafte Finanzierungssicherheit zu garantieren.

70 Prozent der pflegebedürftigen Menschen sind in den Pflegegeldstufen 1 bis 3, ein Großteil von ihnen wird zu Hause betreut und gepflegt. Heute müsste das Pflegegeld um 36 Prozent erhöht werden, damit man sich davon wieder dasselbe leisten kann, wie bei seiner Einführung 1993. Immer mehr Angehörige klagen, dass sie sich Entlastung und Unterstützung nicht leisten können. Wichtig wären daher eine Erhöhung des Pflegegeldes in allen Stufen und eine Reformierung der Pflegegeldeinstufung.

Wer soll in Zukunft pflegen?
Die demografischen Entwicklungen zeigen: Bis 2050 ist mit einem Anstieg der Pflegebedürftigen von derzeit 450.000 auf 750.000 Menschen zu rechnen. Landau: „Klar ist, wir werden ausreichend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege brauchen. Pflegeberufe sind nicht nur sichere Arbeitsplätze, sondern haben darüber hinaus viele attraktive Seiten, die es gilt, deutlich zu machen. Und wir müssen es Interessierten leichter machen, umzusteigen oder eine qualifizierte Ausbildung zu absolvieren.“

Menschen sollen in allen Lebenslagen durch gezielte Maßnahmen angesprochen werden – mit Programmen für WiedereinsteigerInnen, UmsteigerInnen und BerufsrückkehrerInnen. Auch interessierte Zugewanderte sollten unterstützt werden, etwa wie im von Einsparungen betroffenen Erfolgsmodell „migrants care“ vorgezeigt. Wünschenswert wären auch weitere Unterstützungsleistungen für arbeitssuchende Menschen ohne große Hürden für alle Berufe im Gesundheits- und Pflegebereich österreichweit.

Gut wäre der Abgleich mit bereits bestehenden Ausbildungen (Sozialbetreuungsberufe) sowie die Evaluierung internationaler Erfahrungen; daraus könnte eine qualitätsvolle Lehrausbildung entwickelt, pilotiert und evaluiert werden.

Digitalisierung als Chance
„Wichtig in der Pflege ist und bleibt der persönliche Kontakt von Mensch zu Mensch. Die Digitalisierung ist im Bereich Pflege eine Chance: Etwa für intelligente, kundenorientierte Lösungen – es geht nicht um den Pflegeroboter, sondern darum, dass das Personal mehr Zeit für die betroffenen Menschen hat, statt mit Dokumentationsleistungen und Bürokratie beschäftigt zu sein“, so Landau. Die Würde des Menschen müsse dabei immer Priorität haben. Um ein Leben in Würde bis zuletzt für alle Menschen in Österreich zu ermöglichen, sei es notwendig, dass die Reform mutig angegangen wird. Landau: „Ich bin zuversichtlich, dass durch die Einbindung aller Beteiligten eine Gesamtstrategie und eine Finanzierung aus einer Hand gelingt.“

parlament

Diskussionen auch im Parlament

Bereits am Vortag der Gesprächsrunde im Sozialministerium waren einige Themenfelder des ´Masterplans Pflege´ im Sozialausschuss des Nationalrates kontroversiell diskutiert und anschließend vertagt worden (PK Nr. 288 vom 20. März 2019).

Die langfristige und nachhaltige Absicherung des Pflegesystems sei ihr nicht nur aufgrund der demographischen Entwicklung ein besonderes Anliegen, betonte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. Ihr sei es vor allem wichtig, dass die pflegebedürftigen Menschen so lange zu Hause bleiben können wie möglich. Im dem von Loacker kritisierten Masterplan wollte man nur einmal die wichtigsten Themen darstellen. Die Seitenanzahl zeige, dass sich die Regierung mit sehr vielen Bereichen befassen wird.

Ein zentraler Aspekt sei dabei die Frage der Finanzierung, wobei unter Einbeziehung von ExpertInnen über alle möglichen Varianten diskutiert werden soll. Außerdem wolle man sich internationale best-practice-Modelle genauer anschauen. Bezüglich der Familienhospizkarenz war ihr die Verankerung eines Rechtsanspruchs sehr wichtig.