Adieu „Pflege-TÜV“ am 01. Oktober 2019: Neues Qualitätssystem in Deutschlands Pflegeheimen gestartet
Als wichtigen Meilenstein in der stationären Pflege bewertet die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) das neue indikatorengestützte Qualitätssystem. Das Verfahren zur Qualitätssicherung in der stationären Altenpflege wurde – nach Jahre langen, massiven Problemen mit dem sogenannten „Pflege-TÜV“ – grundsätzlich neu aufgelegt.
Eigens zum Zweck der umfassenden Datenerhebung wurde eine eigene Datenauswertungsstelle eingerichtet, welche die von den Einrichtungen selbst erfassten Daten sammelt, prüft und auswertet. Auf Grundlage dieser Daten erhalten die Einrichtungen einen Feedback-Bericht, den sie für das interne Qualitätsmanagement nutzen können.
Bis 2019 wurden unter Begleitung des Qualitätsausschuss Pflege vom Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld (IPW) und vom aQua-Institut unter Federführung von Dr. Wingenfeld indikatorengestützte Instrumente und Verfahren für die Qualitätsprüfungen gem. § 113b SGB XI entwickelt. Sie lösen die bisherigen Qualitäts-Prüfungsrichtlinien und die Pflege-Transparenzvereinbarungen ab. Der gesetzlich vorgeschriebene Erprobungsbetrieb startete jetzt am 01.Oktober 2019 und endet am 30. Juni 2020. Ab der Jahresmitte 2020 beginnt dann die stichtagsbezogene, regelhafte Eigenerhebung der Ergebnisindikatoren durch die Pflegeheime und deren Einmeldung an die Auswertungsstelle.
Eine wesentliche Neuerung für die Einrichtung liegt in der Verzahnung der Erhebung von Indikatoren mit dem internen Qualitätsmanagement und auch darin, das die Plausibilität dieser Ergebnisse durch eine externe Qualitätsprüfung überprüft wird . diese wird auch weiterhin darüber hinausgehende Qualitätsbereiche prüfen. Dafür wurde eine neue QPR entwickelt. Das neue Qualitätsprüfverfahren besteht also aus zwei Elementen, einmal aus der Indikatorenerhebung der Ergebnisqualität durch die Einrichtung selbst, und zum anderen aus der externen Qualitätsprüfung. Beide Ergebnisteile werden weitestgehend unabhängig voneinander in einem neuen Verfahren veröffentlicht, dieses betrifft zunächst nur vollstationäre Einrichtungen.
Hier stehen alle Informationen zum Thema „Qualitätsindikatoren in der stationären Pflege“ zur Verfügung.
Erste Stimmen zum neuen Pflege-TÜV:
„Ohne Zweifel brauchte es einen neuen Pflege-TÜV, der die Realität in den Heimen abbildet. Aber die Abschaffung der bisherigen Pflegenoten und die neue Darstellung nach Kreisen, Punkten und Quadraten bringt keine schnelle Übersicht. Für eine rasche Vergleichbarkeit bei der Pflegeheimsuche sind eine aussagefähige Gesamtnote und K.O.-Kriterien aber dringend notwendig. (…) Die Menschen brauchen einen Pflege-TÜV, der leicht verständlich ist, die Praxis abbildet und eine schnelle Vergleichbarkeit ermöglicht.“
Eugen Brysch
Vorsitzender der Deutschen Stiftung Patientenschutz
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„Ja zum neuen Prüfsystem – aber bitte mit Augenmaß!“ fordert der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK). Das Konzept sei gut, pflegewissenschaftlich fundiert und biete jetzt eine angemessene Methode, die tatsächliche Versorgungsqualität in den Pflegeheimen festzustellen. Allerdings erfordere die Komplexität des neuen Prüfverfahrens eine für die Bevölkerung leicht verständliche Aufbereitung der Prüfberichte.
Zudem warnt der DBfK vor einem bereits erkennbaren Mehr an Bürokratie, die den schon jetzt unter Personalmangel leidenden Pflegenden kostbare Zeit für die Patienten raube. „Nur durch eine Investition in Personal wird auch die Qualität besser!“, so das Resümee des Berufsverbandes.