Salzburger Pinzgau: Neues Tageshospiz in Leogang eröffnet
Das Tageshospiz als Raststätte am Ende des Weges: In Leogang im Salzburger Pinzgau wurde jetzt Österreichs erstes Tageshospiz im ländlichen Raum eröffnet. Es bietet sechs Personen Platz und ist vorerst jeweils am Montag und Donnerstag geöffnet.
„Es freut mich außerordentlich, dass die Eröffnung dieses neuen Angebots „Lebensraum Tageshospiz Pinzgau“ trotz der schwierigen Corona-Zeit möglich war und gut angenommen wird“, so Pflegedirektor Mag. Karl Schwaiger (Bild u.), Obmann der Hospizbewegung Salzburg. Vor allem im ländlichen Raum sei es wichtig regionale, qualitativ hochwertige Angebote der Palliativ- und Hospizversorgung anzubieten und auszubauen.
In Tageshospizen werden unheilbar kranke Menschen in einem fortgeschrittenen Erkrankungsstadium, tageweise begleitet, betreut und behandelt. Durch bestmögliche palliativmedizinische und –pflegerische Betreuung, sowie psychosoziale Begleitung mit dem Behandlungsziel der Verbesserung ihrer Lebensqualität können die Besucher/innen den Großteil der Zeit in ihrer gewohnten Wohnumgebung verbringen. Dies trägt wesentlich zur Entlastung ihrer pflegenden Angehörigen und Betreuungseinrichtungen bei.
Erste Gedanken für ein Tageshospiz im Pinzgau wurden bereits im Jahr 2003 von den beiden Pionierinnen der Hospiz- und Palliativarbeit im Pinzgau Dr. Ines Eberl und Edith Trentini formuliert. Unter dem Projekttitel „Lebenswege“ wurde vorgestellt, wie eine abgestufte Hospiz- und Palliativversorgung im Pinzgau gedacht werden könnte: Diese Ideen konnten lange Zeit aufgrund fehlender Finanzierungsaussichten nicht umgesetzt werden. Erst durch die Anfrage seitens der Senator Otto Wittschier-Stiftung zu regionalen Projektideen im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung im Pinzgau, konnte ein lang gehegtes Vorhaben wieder aufgegriffen und ein entsprechendes Konzept erstellt werden, das nach vier Jahren der Planung und Einreichung im Juni 2020 zur Eröffnung des ersten Tageshospizes im ländlichen Raum führte.
Hospiz-Bewegung Salzburg als Impulsgeberin
Der 1992 gegründete eigenständige, politisch und konfessionell unabhängige, landesweit tätige Verein Hospiz-Bewegung Salzburg eröffnete vor 20 Jahren in der Stadt Salzburg das erste Tageshospiz in Österreich, das zu einer festen Größe im Zentralraum Salzburg geworden ist. Aufgrund des steigenden Bedarfs übersiedelte die Hospiz-Bewegung samt Tageshospiz im Jahr 2013 in ein für diese Zwecke adaptiertes Gebäude, das zehn behördlich bewilligte Betreuungsplätze bietet.
Bislang gab es keine Tageshospize im Süden des Bundeslandes Salzburg, die Gemeinde Leogang errichtete 2019 ein Gebäude in dem die Praxis für niedergelassene Ärzte, das Tageshospiz und der Sozialverein „Loigom hoit zam“ unter einem Dach untergebracht sind. In Zusammenarbeit mit der Hospiz-Initiative Pinzgau und dem benachbarten Wohnhaus Prielgut wurde das Konzept entwickelt. Mit März konnten diplomierte Palliativpflegerinnen angestellt werden, für den ländlichen Raum hat sich die Zusammenarbeit mit der Gemeinschaftspraxis Dr. Michael Rainer für die Gewährleistung der palliativmedizinischen Versorgung als geeignet erwiesen.
Die >>Hospiz-Bewegung Salzburg hat sich mit Unterstützung durch das Land Salzburg auch beim „Lebensraum Tageshospiz Pinzgau“ für den medizinischen Typus und die dadurch ermöglichte intensive, Krankenhaus-entlastende Wirkung entschieden. Nach Erteilung aller behördlichen Bewilligungen konnte die Einrichtung im Juni 2020 – trotz der durch die Covid-19-Situation erschwerten Bedingungen – eröffnet werden.
Der Aufbau eines Tageshospizes im ländlichen Bereich ist zur Verbesserung der regionalen Hospiz- und Palliativversorgung wichtig. Belastungen und Zeitaufwand der Pflege von Angehörigen in der letzten Lebensphase machen Angebote zur Entlastung dringend erforderlich, dies vor allem auch aufgrund der großen Bedeutung der familiären Strukturen im ländlichen Bereich.
Modellregion im Süden des Bundeslandes Salzburg
Seit vielen Jahren sind die Hospizteams und die mobilen Palliativteams der Caritas im Pinzgau, Pongau und Lugau tätig, Palliativbetten gibt es in den Krankenhäusern Tamsweg und Schwarzach, im Tauernklinikum Mittersill sind Palliativbetten geplant. Hinsichtlich der Erreichbarkeit ist mit den Palliativ-Betten in Mittersill für den Oberpinzgau und mit der bereits bestehenden Palliativ-Station im Klinikum Schwarzach in Pongau stationäre Angebote erreichbar, und für den Bereich des mittleren Pinzgaus mit Leogang ein verkehrsmäßig geeigneter Standort gegeben. Damit entsteht eine Modell-Region Salzburg Süd für eine flächendeckende Hospiz- und Palliativversorgung in der beinahe jeder Ort im Pinzgau nur eine halbe Autostunde von einer Hospiz- und Palliativeinrichtung entfernt ist. Diese qualitätsvollen Möglichkeiten schaffen für einen wichtigen Teil der Einwohner/innen der Region eine gute Versorgungssituation, womit der Pinzgau auch für andere Regionen in Österreich ein Vorzeigeprojekt darstellt.
Charakteristika des Angebotes
Unabhängig von der strukturellen Entscheidung bietet das Tageshospiz als Ort, an dem Menschen mit einer fortschreitenden schweren Erkrankung und einer dadurch begrenzten Lebenserwartung tagsüber „zu Gast“ sind und außerhalb ihrer gewohnten Umgebung an verschiedenen Aktivitäten teilnehmen können. Primär dient diese teilstationäre Einrichtung der Ergänzung zur Versorgung schwer Kranker und Sterbender im häuslichen Bereich, nur in Ausnahmefällen zum stationären Bereich. Der Entlastung pflegender An- und Zugehöriger kommt dabei große Bedeutung zu.
Findet in der mobilen häuslichen Begleitung die Betreuung in der Privatsphäre statt, so kann der Tageshospizgast außerhalb der eigenen vier Wände Abwechslung zum Alltag zu Hause finden, ohne hier jedoch – wie im stationären Bereich – in einem Zimmer außerhalb des eigenen Zuhauses Tag und Nacht zu verbringen. Bei dieser wohnortnahen Hospiz- und Palliativbetreuungsform sind die Nutzerin und der Nutzer während der begrenzten Aufenthaltszeit tagsüber „Gast“ im Tageshospiz. Dieser Gaststatus beruht auf einem wechselseitigen Verhältnis, bei dem die Entscheidung über Zeitpunkt und Dauer des Besuches in Absprache mit dem Gastgeber geschieht. Damit das Angebot der Gastfreundschaft angenommen wird, bedarf es entsprechend einladender Atmosphäre, Bewirtung und Angebotsstruktur.
Als „Gastgeber*innen“ werden in erster Linie gut ausgebildete ehrenamtliche Hospiz-Begleiter/inn/en tätig, welche zwischenmenschliche Zuwendung, sowie eine abwechslungsreiche Alltagsgestaltung gewährleisten. Durch ihre unentgeltliche Tätigkeit werden Spaziergänge, Gespräche, Gemeinschaftsaktivitäten, Ausflüge und Feiern ermöglicht. Kreativangebote wie Malen, gemeinsames Kochen, Lesestunden, Meditation, Musik und Basteln ergänzen das Programm entsprechend den Interessen der Gäste und den Neigungen und Fähigkeiten der Ehrenamtlichen. Spezielle spirituelle Begleitung wird während der Tageshospiz-Öffnungszeiten je nach Wunsch und Bedürfnis angeboten.
Die Gemeinschaft im Tageshospiz ist nicht zufällig, sondern gewollt und wirkt der Gefahr krankheitsbedingter sozialer Isolation entgegen. Gerade der Austausch in der Gruppe mit anderen von Krankheit und therapeutischen Behandlungen Betroffenen kann die Gäste dazu motivieren, über ihr Befinden und über den Umgang mit ihrer Situation ins Gespräch zu kommen, sich gegenseitig zu stützen und zu bereichern. Das Gespräch über das Befinden und über Krankheits- und Therapieerfahrungen lassen vielfach auch höhere Akzeptanz gegenüber Therapievorschlägen und dem Einhalten von festgelegter Medikation entstehen. Menschen finden hier Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, kommen raus aus der Isolation des Krankenbettes.
Die erkrankten Gäste und ihre Angehörigen können zu mehr Selbständigkeit in dieser Lebensphase ermächtigt werden, indem sie dazu motiviert werden, sich selbst Unterstützung zu holen, wann und wie sie diese brauchen. Sie werden über Behandlungsalternativen informiert und zu eigenständigen Entscheidungen und Willensbekundungen ermutigt. Ziel ist es dabei, die vorhandenen Potentiale zu stärken und auszubauen. Durch vorausschauende Planung wird ein Verbleib zu Hause gefördert. Die Tage, die ein Gast im Tageshospiz verbringt, helfen zum einen das System Familie so weit zu stabilisieren, dass die Angehörigen die Pflege zu Hause auch längerfristig leisten können.
Koordiniert und getragen wird dieses Angebot durch ein Team von hauptberuflich tätigen Pflegefachkräften, Palliativärzt/inn/en und psychosozialen Berufsgruppen.
Interprofessionelle Versorgung im Tageshospiz
Durch das intensive Miteinander von Palliativpflege, Palliativmedizin, das Wirken psychosozialer Berufsgruppen und die mitmenschliche Begleitung durch Ehrenamtliche, gelingt Hospizarbeit in besonderer Weise. Bei Tagehospizen mit medizinischem Angebot bildet die palliativmedizinische Betreuung durch Ärztinnen/Ärzte einen zentralen Pfeiler in der Betreuung der Gäste. Durch die Beobachtung über eine längere Zeitspanne während des Tages kann die Schmerzmedikation und die Symptomkontrolle engmaschig überprüft und nachgebessert werden. Dies geschieht in Abstimmung mit dem Hausarzt/der Hausärztin. Das ärztliche Angebot ist für viele Gäste „Türöffner“, da im medizinischen Bereich der Bedarf am ehesten erkennbar ist und Betroffene über ärztliche Beratung und Behandlung die Einrichtung mit der gesamten Angebotsstruktur kennenlernen können.
Um durch den Aufenthalt im Tageshospiz Entlastung und Unterstützung für die häusliche Betreuung zu gewährleisten, sind vorausschauende Planung und der intensive Kontakt mit den pflegenden Angehörigen, sowie eine enge Zusammenarbeit mit Diensten der Hauskrankenpflege unerlässlich. Wenngleich Angehörige kaum ins unmittelbare Tagesgeschehen einbezogen sind, werden sie durch Beratung und Unterweisung, sowie Gespräche über die eigene Situation unterstützt und entlastet. Den Schwerkranken und Sterbenden wird so in den letzten Lebenstagen ein Verbleiben zu Hause ermöglicht.
Ambulant vor stationär
Das Tageshospiz leistet einen wertvollen Beitrag, um unnötige Krankenhaustage zu vermeiden. Wird es als teilstationäre Einrichtung vielfach als Verbindung zwischen dem mobilen und dem stationären Bereich angesiedelt, so ist die Erfahrung aus Patient*innensicht vielfach eine andere: der Kontakt zum Tageshospiz ist in vielen Patient/inn/enkarrieren die erste Station in der unmittelbaren Erfahrung mit Hospiz- und Palliativversorgung, entweder im Anschluss oder zusätzlich zur kurativen Behandlung im Krankenhaus. Noch bevor jemand aus einem mobilen Betreuungsteam nach Hause kommt, kann sich der/die Betroffene hier selbst die benötigte Hilfe holen, und kann diese so lange nutzen, als der Verbleib in vertrauter Umgebung noch möglich und sinnvoll ist. Die stationäre Versorgung setzt erst dann ein, wenn dies nicht mehr möglich ist.
Das Tageshospiz kann so als niederschwelliges Einstiegsangebot in die Hospiz- und Palliativbetreuung gesehen werden, Das Tageshospiz hat den Vorteil, dass man es „sich einmal ansehen“ kann und auch wieder gehen darf, wenn es nicht (gefällt) entspricht. Die Erfahrung in den österreichischen Tageshospizen zeigt, dass der überwiegende Teil der Gäste von unklaren Erwartungen vor dem ersten Besuch berichtet und viele regelmäßig wiederkommen und den Besuch im Tageshospiz nicht mehr missen möchten. Damit kann auch die Hemmschwelle zu anderen Hospiz- und Palliativangeboten abgebaut werden.
Vorerst zwei Öffnungstage: Montag und Donnerstag von 8:30-16:30 Uhr, Standort Leogang, Sonnrain 34. Platz für jeweils sechs Patient/innen. (Bei entsprechender Nachfrage ist eine Erweiterung auf bis zu fünf Tagen möglich).
Kosten: 10 Euro pro Tag für die Verpflegung im Lebensraum Tageshospiz