Auch in der Schweiz können immer mehr Intensivbetten nicht mehr belegt werden, weil das Fachpersonal fehlt, berichtet die ´NZZ´ jetzt in einer ausführlichen Reportage.
Offizielle Statistiken gibt es nicht, aber es wird geschätzt, dass in den besonders betroffenen Bereichen wie der Intensivstation und der Notfallaufnahme etwa 15 Prozent des Fachpersonals bereits abgegangen sind. Andere haben ihre wöchentliche Arbeitszeit – trotz anteiliger Lohnkürzung – reduziert, weil sie den Dauerdruck nicht mehr ertragen konnen und um ihre eigene Gesundheit bangen müssen. Die erschöpften Pfleger*innen seien zum Symbol der Corona-Krise geworden, konstatiert der NZZ-Bericht – die Pandemie habe den ohnedies akuten Personalmangel in der Pflege weiter verschärft. Dass immer mehr Intensivbetten mangels Fachpersonal nicht mehr belegt werden können, zeigen beispielsweise die offiziellen Zahlen des Kantons Zürich (Abb.):
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Leihkräfte verdienen besser und erfordern Mehrarbeit des Teams
Teilweise könne man nur mehr das Nötigste machen, und es komme unweigerlich zu vermehrten Fehlern, berichtet eine Pflegefachkraft gegenüber der Zeitung. Die vermehrt eingesetzten Leiharbeitskräfte schliessen zwar kurzfristige personelle Lücken – aber sie verursachen auch Mehrarbeit: „Sie kennen die innerbetrieblichen Abläufe noch nicht, unser Team muss sie einführen, ihnen vieles zeigen und erklären. Und wenn sie nur kurzfristig da sind, müssen wir für sie auch noch die Pflegedokumentation übernehmen.“
Was die Kollegin nicht sagt, pfeifen dennoch die Spatzen von den Dächern: Aushilfsfachkräfte werden durch die Leiharbeitsfirmen deutlich besser entlohnt als die Stammbelegschaft, was für weiteres Rumoren in den Belegschaften sorgt und das Betriebsklima zusätzlich belastet. Und nicht zuletzt sorgt auch die Tatsache für schlechte Stimmung, dass einige Temporärmitarbeitende sich schlicht weigern, Covid-Patienten zu übernehmen. Denn: „Sie sind einfach am längeren Hebel, weil wir ja froh sein müssen, wenn überhaupt jemand kommt“, so eine Pflegefachfrau gegenüber der NZZ.
Wie dramatisch der Personalmangel tatsächlich ist, bestätigt auf Anfrage der NZZ auch die Klinik Hirslanden: Auf der Intensivstation stünden derzeit 8 Fachkräfte weniger zur Verfügung – im Schichtbetrieb rund um die Uhr bei 22 zertifizierten IPS-Betten. Die offenen Stellen können teilweise gar nicht mehr besetzt werden, da der Arbeitsmarkt leer ist, beklagt die Klinik. Bei den Vermittlungsagenturen von temporären Leihkräften hingegen herrscht „Goldgräberstimmung“.
Nun setzen die Krankenhäuser ihre Hoffnung in die vom Bundesrat angekündigte rasche Umsetzung der Forderungen der „Pflegeinitiative“, die Ende November an der Urne mit grosser Mehrheit angenommen wurde. Die Verkürzung der Arbeitszeiten – bei gleichem Lohn – war eines der zentralen Anliegen. Ob es damit gelingen wird, eine ganze „…Reserve-Armee von ehemaligen Intensivpflege-Fachleuten“ (NZZ) auf den leer gefegten Arbeitsmarkt zurück zu locken, wird sich zeigen ….