1


Österreichs Pflegereform: Umstrittener dualer Lehrberuf Pflege startet ab Herbst 2023 – Scheitern vorprogrammiert?

Seit Jahren wird sie kontroversiell diskutiert – jetzt macht die Regierung Ernst und führt versuchsweise die „Pflegelehre“ als duale Berufsausbildung ab 15 bundesweit ein. Doch der Gesetzesentwurf lässt viele wichtige Details offen.

Interessent*innen können sich für die vierjährige Lehre zur Pflegefachassistenz oder für die Lehre zur Pflegeassistenz (3 Jahre) entscheiden. Jedoch können die Azubis erst ab dem gesetzlichen Mindestalter von 17 Jahren – aus gutem Grund – für Tätigkeiten an Patienten praktisch angelernt werden.

Berufsverbände, Gewerkschaft und Trägerorganisationen reagieren überaus skeptisch umit vielen kritischen Fragen:

  • Werden 15-jährige Jugendliche mangels Reife überfordert?
  • Führen 80 Prozent Praxisausbildung der Lehrlinge zu einer weiteren Überlastung des Pflegefachpersonals auf Station – und verschärfen damit den bestehenden Fachkräftemangel?
  • Lehrlinge können in den ersten Lehrjahren lediglich als patientenferne Hilfskräfte zum Putzen, für Bring- und Holdienste usw. eingesetzt werden – sobald die Jugendlichen dies durchschauen, wird die Drop Out-Rate wohl massiv ansteigen?
  • Völlig offen ist auch, wie die Lehrpläne insbesondere für die ersten zwei Lehrjahre inhaltlich aussehen und in der Praxis umgesetzt werden sollen?
  • Welche Einrichtungen sind überhaupt als „Lehrbetrieb“ geeignet bzw. vom Gesetzgeber vorgesehen, und wird dabei auch die mobile Pflege einbezogen?
  • Wie hoch wird die monatliche Lehrlingsentschädigung – in Konkurrenz mit anderen ausbildenden Berufsgruppen – sein?
  • Woher soll das zusätzlich erforderliche Fachpersonal für die Lehrlingsausbildung kommen?
  • Wird die Durchlässigkeit des Lehrabschlusses Pflege innerhalb der Pflegeberufe sichergestellt und keine Sackgasse sein – wie z.B. Zugang mit vorheriger Berufspraxis zum Bachelorstudiengang Pflegewissenschaft mit Diplom?
  • u.v.m.

Welche – nicht mehr vorhandene – Lücke will die Pflegelehre denn schließen?

Die Einführung des Pflegelehrberufs erscheint vielen Akteuren auch deshalb befremdlich, weil erst kürzlich die Überführung der bisherigen Schulversuche zu dreijährigen Fachschulen für Sozialberufe mit Pflegevorbereitung bzw. zu fünfjährigen Höheren Lehranstalten für Pflege und Sozialbetreuung in das Regelschulwesen von der Bundesregierung beschlossen wurde. Die „Alterslücke“ zwischen dem Abschluss der Pflichtschulzeit (mit 15) und dem Einstieg in die Pflegeausbildung ist damit ohnehin geschlossen worden.

> Nähere Infos zum Thema hier