Kürzlich fand die Kick-off-Veranstaltung zum Thema „Young Carers“ – organisiert durch das CareManagement Tirol – am AZW in Innsbruck statt.
„Mit der neuen Initiative des CareMangements Tirol sorgen wir dafür, dass wir gemeinsam darüber nachdenken, wie wir jungen Menschen, die versteckt daheim Pflege leisten, aus dieser Situation heraushelfen können, sodass sie ohne Traumata daraus hervorgehen können“, so Tirols Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele.
Im Bild (v.li.): Alexandra Struc (Koordinatorin für Pflege, Imst), Gudrun Kalchhauser (Rotes Kreuz, Krems, NÖ), Andreas Huber (Vorstand LIV Tirol), Landesrätin Cornelia Hagele (Gesundheit. Pflege), Gabi Schiessling (Landeskoordinatorin CareManagement Tirol), Prof. Martin Nagl-Cupal (Vorstand Institut für Pflegewissenshaft, Uni Wien), Fabia Lindner (Koordinatorin für Pflege, Schwaz).
Foto: © LIV/Seeberger
Young Carers sind Kinder und junge Menschen unter 18 Jahren, die für ein Familienmitglied, ein Elternteil, ein Geschwisterkind, für Großeltern oder andere Familienmitglieder mit einer körperlichen, einer psychischen Erkrankung oder einer Behinderung regelmäßig Pflege, Betreuung oder Unterstützung übernehmen. „Was hier geschieht, geht weit über das hinaus, was man unter Hilfe im Haushalt versteht.“, betont Landesrätin Hagele: „Es ist mir ein Anliegen, hier Bewusstsein zu schaffen, dass sowohl diesen Kindern und Jugendlichen als auch ihren Familien geholfen wird und dass sie ohne Angst um Unterstützung bitten können, ohne befürchten zu müssen, dass ihnen die Familie weggenommen wird.“
Young Carers seien eine wesentliche Gruppe der pflegenden Angehörigen, erklärt Andreas Huber, Vorstand Landesinstitut für Integrierte Versorgung Tirol: „Rund 3,5% der Kinder zählen in Österreich zu den Young Carers, das sind rund 42.700 Kinder und Jugendliche“, so Huber, und weiter: „Dabei ist charakteristisch, dass sie diese herausfordernde Tätigkeit wie selbstverständlich übernehmen, sich nicht als Pflegende fühlen und dadurch ihre eigene Kindheit hintenanstellen. Dies ist psychisch aber auch physisch sehr belastend, führt zu Ängsten, Sorgen, einer Verschlechterung der schulischen Leistungen und zu sozialer Isolierung.“
Großes Interesse am Thema
Gabi Schiessling, Landeskoordinatorin CareManagement Tirol, weiß schon lange um die Problematik und freut sich nun besonders, „dass dieser besondere Teil der Vernetzungsarbeit nun auch Platz im Bereich des CareManagements Tirol findet.“ Auch Andreas Huber weiß, „dass gerade Vernetzung in diesem Bereich ein ganz wesentlicher Schritt ist.“ Ein erster Schritt in die richtige Richtung konnte mit dieser Veranstaltung gemacht werden, zeigte doch die rege Teilnahme aus ganz Tirol und von Tiroler Jugendeinrichtungen sowie Sozial- und Gesundheitsdiensten, dass dieses Thema nun in Tirol gemeinsam angepackt werden soll. Nicht zuletzt sicherte auch der neue Kinder- und Jugendanwalt Tirol Lukas Trentini seine bestmögliche Unterstützung zu.
Bewusstsein, Unterstützung und Anerkennung
Zwei besonders spannende Impulsreferate zum Thema lieferten interessanten Input und Denkanstoß für die weitere Vorgehensweise in Tirol. Der Pflegewissenschaftler Prof. Martin Nagl-Cupal (Universität Wien, kl. Bild) beschäftigt sich schon viele Jahre wissenschaftlich mit dem Thema Young Carers. 2012 machte er bereits eine Studie mit dem Ergebnis, dass 3,5% der Kinder und jungen Erwachsenen in Österreich Pflege für Angehörige leisten. Wobei er der Meinung ist, dass die Zahl eigentlich noch höher ist.
Foto: privat
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Er appelliert in seinem Vortrag „dort hinzuschauen, wo Krankheit und Pflege stattfindet“, und weiter: „Neben Bewusstseinsbildung und Unterstützung ist auch die Anerkennung der Leistung von Young Carers wichtig. Wir müssen den Kindern vermitteln, dass ihre Tätigkeit in Ordnung ist und sie sich nicht dafür schämen müssen“, spricht er einen weiteren Aspekt an.
„nothing about us without us“
Gudrun Kalchhauser vom Roten Kreuz Niederösterreich, Bezirksstelle Krems berichtete von ihrem großen Engagement im Bereich Young Carers und erzählte wie sie ein Netzwerk zur Unterstützung von Young Carers aufgebaut hat und welche Ideen bereits in Umsetzung sind: „Die Erkenntnis ein Young Carer zu sein, verläuft bei jungen Menschen schrittweise“, weiß Kalchhauser: „Eine besondere Hemmschwelle dabei ist die Angst vor Stigmatisierung. Young Carers wissen nicht mit wem sie reden sollen und wollen häufig auch nicht darüber reden.“ Ein besonderes Anliegen ist es ihr im Gespräch mit Young Carers herauszufinden, was sie wollen und brauchen, „denn das Projekt kann nur funktionieren, wenn sie mit dabei sind.“
Die Diskussion wurde von Alexandra Struc und Fabia Lindner geleitet, beide Koordinatorinnen für Pflege und Betreuung des CareManagements Tirol. Nach diesem erfolgreichen Auftakt beginnt nun die Planungsphase für die Umsetzung eines Projekts zur Unterstützung von Young Carers unter Federführung des CareManagements Tirol.