Ehrenamtliche Patientenbetreuung im Krankenhaus – wann nutzen wir endlich dieses Potenzial?

Das „Mitmach-Pflegeheim“ gibt es bereits – wann wird es auch in unseren Krankenhäusern soweit sein, dass dieses Potenzial der Einbindung von Angehörigen oder Ehrenamtlichen erkannt und – zum Vorteil für alle Beteiligten – proaktiv genützt wird? Eine neue Studie zeigt interessante Handlungsspielräume auf.

Ein offenes Ohr, freundliche Worte, eine kleine Besorgung oder eine Handreichung am Krankenbett – inwiefern der Einsatz Ehrenamtlicher im Spital für Patient:innen und das Gesundheitspersonal von Bedeutung ist, zeigt die nun vorliegende wissenschaftliche Studie von Gerlinde Kosits, die demnächst im Lambertus-Verlag ersch wird.

Stationäre Krankenhausaufenthalte können stressbehaftete Ereignisse sein, ebenso gilt die Berufsarbeit von Gesundheitsfachkräften im Kliniksetting als stark belastend. Ehrenamtliche Patient:innenbetreuung ist als ergänzend zum gesundheitsberuflichen Angebot konzipiert und kann als Möglichkeit sozialer Unterstützung zur Stressmilderung für Patient:innen wie auch für das Gesundheitspersonal eingesetzt werden. Im deutschsprachigen D-A-CH Raum ist dies jedoch bislang kaum üblich und kaum erforscht. Einschlägige Untersuchungen aus dem angelsächsischen Raum fokussieren auf pflegenahe Tätigkeiten und geriatrische oder moribunde Patient:innen.

Entlastung für die Pflege, raschere Genesung? – Ein Versuch könnte sich lohnen

In der nun erscheinenden qualitativen Studie wurde hingegen ein Angebot stationsübergreifender ehrenamtlicher Patient:innenbetreuung mit Schwerpunkt zwischenmenschlicher Zuwendung, dessen wahrgenommene Wirkung auf die subjektive Befindlichkeit von Patient:innen sowie seine Bedeutung für das Gesundheitspersonal auf den Stationen untersucht und dabei die Sichtweisen beider Zielgruppen einbezogen. Darüber hinaus wurde die Rolle ehrenamtlicher Patient:innenbetreuung hinsichtlich ihrer Abgrenzbarkeit zu anderen gesprächsbasierten Versorgungsangeboten in den Blick genommen und die Elemente, die ihr ein eigenständiges Profil verleihen, herausgearbeitet.

Zur Überprüfung der Übertragbarkeit der in einer Klinik gewonnenen Erkenntnisse auf andere Krankenhäuser wurden die Ergebnisse einer Expert:innenvalidierung unterzogen.

Die Ergebnisse aus insgesamt 68 inhaltsanalytisch sowie teilweise metaphernanalytisch ausgewerteten problemzentrierten Leitfadeninterviews weisen deutlich darauf hin, dass ehrenamtliche Patient:innenbetreuung in vielerlei Hinsicht Wirksamkeitspotenzial zeigt – emotional, sozial, kognitiv, operativ, verhaltensbezogen wie auch physisch – und damit Wohlbefinden und Arbeitsalltag in der Klinik beeinflussen kann.

Als Bindeglied zwischen dem Ausnahmesetting Klinik und der Normalität Alltag sowie zwischen Patient:innen und Gesundheitspersonal kann sie somit einen genesungs- und gesundheitsförderlichen Beitrag zur ganzheitlicheren Patient:innenversorgung im Sinne des biopsychosozialen Gesundheitsparadigmas sowie zu Mitarbeiter:innen-freundlicherer Arbeitsgestaltung leisten.

Evidenzbasierte Win-win Effekte für alle Beteiligten

Damit existiert erstmals im deutschsprachigen Raum eine systematische, theoretisch fundierte und evidenzbasierte wissenschaftliche Untersuchung zu Wirkthematiken, struktureller Verortung und Eigenwert ehrenamtlicher Patient:innenbetreuung im Akutkrankenhaus. Abgerundet mit Handlungsempfehlungen zeigt die Studie nicht nur die Sinnhaftigkeit, sondern auch Möglichkeiten zur praktischen Umsetzung ehrenamtlicher Patient:innenbetreuung im Akutkrankenhaus auf.

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