Deutschlands Krankenhaus-Reform: Lauterbach erringt wichtigen Etappensieg – doch es gibt noch hohe Hürden

Vom „Scherbenhaufen“ über einen „bitteren Rückschlag“ bis hin zum „Triumph Lauterbachs“ und starkem Lob vom Deutschen Pflegerat (DPR) reichen die Kommentare und Aussendungen der Verbände und der Bundesländer zur Krankenhausreform, die der Deutsche  Bundesrat (Länderkammer) am 22. November gebilligt hat. Die Reform startet nun schrittweise ab Januar 2025. Wir haben einige Stimmen hierzu eingefangen.

Einen „Scherbenhaufen“ nennt der Kommentator in der Fachzeitschrift ´Health Care Management´ das neue Gesetz, das den Verhandlern mit der nächsten deutschen Bundesregierung noch viel Änderungsbedarf abverlangen werde.

Für Lauterbach ist die Entscheidung ein persönlicher wie auch politischer Triumph, kommentiert Bibliomed­-Chefredakteur Florian Albert. Bibliomed berichtet weiters: Im ersten Halbjahr 2025 müssen sich Bund und Länder dann allerdings noch auf drei Rechtsverordnungen zum Transformationsfonds, zu den Mindestzahlen und den Leistungsgruppenkriterien einigen. Der nächsten Bundesregierung hinterlässt er jedoch ein schwieriges Erbe.

Als  „schlechten Tag für die Krankenhäuser in Deutschland, vor allem aber auch für die Patientinnen und Patienten“, bezeichnete Bayerns Gesundheits- und Pflegeministerin Judith Gerlach die Entscheidung des Bundesrates in einer Aussendung am gleichen Tag. Die neue Bundesregierung müsse für Nachbesserungen sorgen.

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Der Bundesrat hat das Reformgesetz am 22. November passieren lassen. Damit tritt die größte Krankenhausreform seit 20 Jahren planmäßig und Schritt für Schritt in Kraft.
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© Bundesrat/Frank Bräuer
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Dagegen stellte der Deutsche Pflegerat Karl Lauterbach ein gutes Zeugnis aus: Der scheidende Bundesgesundheitsminister habe sich in seiner Amtszeit eng mit VertreterInnen der professionellen Pflege abgestimmt – u.a. auch mit dem DPR. Präsidentin Christine Vogler lobte auf dem Deutschen Pflegetag in Berlin am 13. November die Arbeit des Ministers mit sehr deutlichen Worten – berichtet die Fachzeitschrift ´Altenpflege´.

Foto: Susanne-Schmidt-Domine
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Auch der Berufsverband DBfK begrüßte am 26. November grundsätzlich die Zustimmung des Bundesrates, denn es brauche eine umfassende Reform der Krankenhauslandschaft – reklamiert jedoch, dass Pflege darin keine Rolle spiele. DBfK-Präsidentin Vera Lux (re.): „Der Prozess für die grundlegende Neuordnung der deutschen Krankenhauslandschaft hat aus unserer Sicht auch vielversprechend begonnen. Die Vorschläge der Regierungskommission sahen eine starke Rolle für Pflegefachpersonen vor, wie beispielsweise die Level-1i-Krankenhäuser unter fachlich-pflegerische Leitung zu stellen (…)“.

Aber: Im Gesetzgebungsprozess sei die Pflege als wesentlicher Leistungserbringer völlig aus dem Blick geraten und habe im aktuell beschlossenen Gesetz keinerlei Bedeutung mehr, beklagt Lux. Das KHVVG greife in vielerlei Hinsicht zu kurz und bleibe somit weit hinter dem zurück, was notwendig wäre.

Foto: KKVD

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Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbands Deutschland, kommentierte: „Bitterer Rückschlag für eine sachorientierte und praxisnahe Klinikreform“. Und weiter: Es sei „enttäuschend, dass sich im Bundesrat keine Mehrheit für ein Vermittlungsverfahren über die Krankenhausreform gefunden“ habe.

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Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (re.) begrüßte zwar die Reform, sieht aber noch große Herausforderungen für die Bundesländer:

Foto: PD

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„Im Bundesrat endete heute ein fast zweijähriger Abstimmungsprozess über eine Reform der Krankenhäuser in Deutschland. Die Kliniken werden künftig auf ein neues Finanzierungssystem umgestellt. Das ist für die wirtschaftliche Situation vieler Häuser wichtig. Die bisherige Vergütung über Fallpauschalen setzte zu viele Fehlanreize“.

Trotzdem erfülle das Gesetz leider nicht alle Erwartungen, so die Ministerin. Besonders fraglich sei, wie die Kliniken die Transformation zum neuen Finanzierungssystem überstehen? Köpping will alle 76 Standorte in Sachsen – vor allem auch im ländlichen Raum – erhalten. Doch werde es „strukturelle Änderungen in manchen Häusern“ geben.

Foto: BMG/Thomas Ecke

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Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll (li.) resümiert positiv: „Die Krankenhausreform kommt. Das ist gut, denn spezialisiertere Krankenhäuser bedeuten auch, dass Fachkräfte optimal eingesetzt und Patienten bestmöglich versorgt werden können!“.

Zusammenfassung

Der Bundesrat machte – für viele überraschend – den Weg für die umstrittene Krankenhausreform von Gesundheitsminister Lauterbach frei. Die Länderkammer ließ das am 17. Oktober von der Ampelkoalition im Bundestag beschlossene Gesetz für eine Neuordnung der Kliniken am 22. November passieren. Die Abstimmung betreffend Anrufung des Vermittlungsausschusses fand nicht auf die nötige Mehrheit. Damit kann die Reform ab Januar 2025 schrittweise bis 2029  in Kraft treten.

Im Kern soll die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden. Künftig erhalten Kliniken 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten bestimmter Angebote. Das soll Fehlanreize zu immer mehr Fällen und medizinisch teils nicht optimalen Eingriffen beseitigen. Zur künftigen Finanzierung durch die Krankenkassen werden auch neue „Leistungsgruppen“ gemeinsam mit den Ländern zu entwickeln sein. Sie werden Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben dafür schaffen– etwa beim Fachpersonal oder bei der Behandlungserfahrung (Fallzahlen).

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