Frankreich: Gegen den Personalmangel – mehr Kompetenzen für die Pflege im Parlament beschlossen

Die Flucht nach vorne: In Frankreich werden – wegen des drückenden Fachkräftemangels – die Kompetenzen der Pflegefachleute massiv erweitert. Die Nationalversammlung hat ein entsprechendes Gesetz einstimmig verabschiedet. Allerdings ohne eine bessere Bezahlung festzulegen …

Die 577 Abgeordneten des französischen Unterhauses haben jetzt damit ein >Gesetzespaket unter dem Titel: „Anerkennung der Aufgaben von Pfleger:innen und Entwicklung ihrer Kompetenzen“ zur Modernisierung der Krankenpflegeberufe angenommen. Das seit langem geforderte Gesetz muss nun auch vom Senat bestätigt werden.
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Foto: ZeusUpsistos/Wikipedia
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Hintergrund für diese parlamentarische Eile ist der drückende Fachkräftemangel – vor allem in ländlichen Regionen. Jetzt will man den Zugang zur Gesundheitsversorgung verbessern, indem Pflegefachleute weitere Aufgaben übernehmen können, so Frankreichs Gesundheitsminister Yannick Neuder.

Pflegeberatung und Pflegediagnose

Die Neuerung sieht zum einen eine Führungsrolle der Pflege bei der Harmonisierung des Patientenwegs und der Medikaktion vor. Des weiteren erfolgt die Anerkennung der Rolle in der „Beziehungspflege“ als Pflegeaufgabe, also die psychologische und therapeutische Unterstützung von Patient*innen. Zudem werden weitere Aufgaben wie „Pflegeberatung“ und „Pflegediagnose“ gesetzlich festgelegt, die bislang den Ärzt*innen vorbehalten waren. Eine konkrete Liste der damit verbundenen Aufgaben soll in der Folge per Verordnung festgelegt und danach alle drei Jahre aktualisiert werden.
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Die Pflegefachkräfte tun in der Praxis schon bisher mehr als sie dürfen, verweist die Pflege-Gewerkschaft SNPI auf die gelebte Realität: Dieses neue Gesetz gebe einen rechtlichen Rahmen und korrigiere endlich einige sinnlose Praktiken, die zu einem Verlust von Chancen für die Patienten führen“, begrüßt die Gewerkschaft die längst überfällige Reform.

Kein Wort zu einer besseren Bezahlung …

Eine wesentliche Frage blieb allerdings völlig offen: Mehr Kompetenzen (= Ausbildungsaufwand) und Mehrarbeit müssten auch besser entlohnt werden und mit besseren Arbeitsbedingungen einhergehen als bisher. Doch hierzu findet das neue Gesetz kein einziges Wort.
In Frankreich erhält das Pflegepersonal laut OECD (siehe Tabelle u.) weniger als den Durchschnittslohn des Landes. In der EU ist das Verhältnis insgesamt umgekehrt: Im Jahr 2022 erhielten Pflegefachleute in den Spitälern im europäischen Durchschnitt 20 Prozent mehr als der Arbeitnehmer-Medianlohn im jeweiligen Land. Bereinigt um die Lebenshaltungskosten lag das Durchschnittseinkommen von Krankenpflegepersonen in Frankreich unter jenem in Spanien oder Polen.

Relative Vergütung von Spital-Pflegepersonal (2022):

Quelle: OECD/EU-Kommission: „Health at a Glance: Europe 2024“

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