Land Salzburg: Tausenden Pflegekräften soll der „Pflegebonus“ gestrichen werden

Um die Neuverschuldung des Landes zu begrenzen, plant der Salzburger Landtag den zur Attraktivierung eingeführten sogenannten 15. Gehalt (Pflegebonus) für Pflege- und Betreuungskräfte ab 2026 abzuschaffen. Arbeitnehmervertretungen üben heftige Kritik, Sozialministerin Korinna Schumann bezeichnet das Vorhaben als „enttäuschendes Signal“.

Die Salzburger Landesregierung hat Dienstag vor einer Woche, nach dreizehnstündigen Verhandlungen den Landeshaushalt für 2026 präsentiert. Um die Neuverschuldung unter 350 Millionen Euro zu halten, wird unter anderem der „Pflegebonus“ ab  Beginn 2026 gestrichen. „Die Gehälter in der Pflege sind in den vergangenen Jahren um 15 bis 20 Prozent gestiegen, die Rahmenbedingungen wurden verbessert“, begründete LH-Stv. Marlene Svazek (FPÖ) die Entscheidung der schwarz-blauen Landesregierung. „Die zusätzliche Prämie können wir uns nicht mehr leisten.“

Die Salzburger Gesundheitslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) rechtfertigte die Einsparungen damit, dass sonst eine Nulllohnrunde oder die Nichtbesetzung vakanter Stellen notwendig gewesen wären.

Bundesfinazierung bis 2028

Beim 2023 eingeführten „Pflegebonus“ handelt sich nicht um ein 15. Gehalt, sondern um eine Zusatzzahlung von im Schnitt 162,67 Euro im Monat, die genaue Höhe richtet sich nach Einkommen und Zahl der Arbeitsstunden. Der Zuschuss wurde vom Bund im Zuge der Pflegereform 2023 mittels des Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetzes (EEZG) eingesetzt und jährlich budgetär bedeckt, um mit Blick auf den eklatanten Personalmangel im Sektor die Entgeltsituation für Fachkräfte in der Pflege und Betreuung nachhaltig zu attraktivieren. Der Bund hat auch im aktuell gültigen Finanzausgleich bis 2028 die notwendigen Mittel für den Pflegezuschuss budgetiert und über den Pflegefonds für die Länder bereitgestellt.

Arbeitnehmerverbände üben heftige Kritik

Bei den Arbeitnehmerverbänden und Gewerkschaften stoßen die Rechtfertigungen der Landesregierung auf tiefe Empörung und Unverständnis:

Es entsteht der Eindruck, dass Mittel, die seitens des Bundes den Pflege- und Betreuungskräften gewidmet wurden, in Salzburg zur Sanierung des Landesbudgets herangezogen werden, kritisiert Jana Bockholdt, aktuell Vorsitzende des Interessenverbands der Arbeitgeberverbände der Freien Wohlfahrt (IAFW) und Geschäftsführerin der Barmherzige Schwestern Pflege GmbH. Besonders kritisch sieht der IAFW, dass gerade in Zeiten hoher Inflation und stagnierender Gehaltsentwicklungen mit einer Rücknahme des „Pflegebonus“ eine Kürzung der Gehälter von Pflege- und Betreuungskräften im Ausmaß von rund 5 bis 7 Prozent in Kauf genommen würde.

Scharfe Kritik übt auch die Gesundheitsgewerkschaft in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst an den Aussagen zur Pflegeprämie: „Wenn das Land Salzburg nun behauptet, die Prämie sei nicht mehr finanzierbar, dann ist das schlichtweg falsch. Dieses Geld stammt vom Bund, ist zweckgebunden, steht ausschließlich den Pflegekräften zu und ist über den Finanzausgleich bis 2028 im Pflegefonds gesichert. Sollte das Land diese Mittel einbehalten oder anderweitig verwenden, wäre das eine klare Zweckentfremdung von Bundesgeldern, und zwar auf Kosten jener, die tagtäglich unser Gesundheits- und Pflegesystem am Laufen halten“, stellt Reinhard Waldhör, Vorsitzender der GÖD-Gesundheitsgewerkschaft, klar.

Laut der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) sei die Herangehensweise des Landes Salzburg nicht nur deshalb hoch problematisch, weil hier Mittel, die der nachhaltigen Verbesserung der Gehälter im Sektor gewidmet sind, seitens des Landes fälschlich als „Corona-Bonus“ tituliert und für überholt erklärt würden, sondern auch, weil dadurch ein erhebliches Ungleichgewicht in die Gehaltslage zwischen den Bundesländern käme. Denn während Salzburg die Mittel ersatzlos streicht, setzen andere Bundesländer selbige weiterhin für den ursprünglichen Zweck ein. Die SWÖ appelliert daher an das Land Salzburg, das Vorhaben dringend zu überdenken.

„Diese Maßnahme ist ein Schlag ins Gesicht all jener Pflegepersonen“

Für den Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) bedeutet die Kürzung nicht nur einen Vertrauensverlust der Pflege in die Politik, sondern auch eine Gefährdung der Versorgungssicherheit. Die angespannte Personalsituation in Salzburg war gerade dabei sich leicht zu stabilisieren. Die aktuelle Aktion der Landesregierung ist hier sehr kontraproduktiv und trägt nicht zur Versorgungssicherheit bei“, so Norbert Piberger, Vorsitzender des ÖGKV Landesverbands Salzburg. In den Salzburger Landeskliniken fehlten bereits jetzt 200 Pflegepersonen.

Der ÖGKV fordert die Salzburger Landesregierung daher auf, diese Entscheidung umgehend zu revidieren und endlich nachhaltige Maßnahmen zur Personalbindung und -gewinnung umzusetzen, anstatt bestehende Verschlechterungen noch zu vertiefen.

„Wer hier spart, riskiert, dass Menschen Pflegeberuf verlassen“

Kritik kommt auch von Österreichs Gesundheits- und Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ): „Die Entscheidung des Landes Salzburg, den Pflegebonus zu streichen, ist ein enttäuschendes Signal.“ Noch Ende 2023 hätten sich Bund, Länder und Gemeinden darauf verständigt, eine höhere Bezahlung für Pflegekräfte bis 2028 ins Pflegefondsgesetz überzuführen. Die Streichung komme jetzt überraschend und bedeute nicht nur finanzielle Einbußen, sondern vor allem mangelnde Wertschätzung gegenüber einer Berufsgruppe, die seit Jahren über ihre Grenzen gehe. „Wer hier spart, riskiert, dass Menschen den Pflegeberuf verlassen – das können wir uns als Gesellschaft nicht leisten“, sagte Schumann weiter.

 

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