Im Rahmen des im April in Wien veranstalteten Querdenk-Symposiums forderte die Caritas Österreich eine rasche Umsetzung der von der Bundesregierung im Spätherst 2015 präsentierten „Demenzstrategie Österreich“ ein. Diese sollte bundesweit „rasch mit Leben erfüllt werden. 130.000 Betroffene und ihre Angehörigen haben keine Zeit zu verlieren“, mahnte Präsident DDr. Landau in einer Aussendung.
Prof. Konrad Beyreuther (Universität Heidelberg) machte deutlich: „Wir benötigen eine Enttabuisierung des Themas Demenz, um rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen treffen zu können und weil gerade auch Angehörige Wissen über die Erkrankung benötigen. Das Fortschreiten der Erkrankung mitzuerleben und nichts ändern zu können, ist schwer. Ich habe es bei meiner eigenen Mutter erlebt. Da die meisten Menschen mit einer Demenz im eigenen Zuhause betreut und gepflegt werden, braucht es mehr Hilfe von außen, wie sie etwa Selbsthilfegruppen anbieten. Denn Angehörige haben ein deutlich höheres Risiko, selbst an einer Depression zu erkranken.“
Bessere Anerkennung der Bedürfnisse Demenzkranker
Konkret fordert die Caritas zusätzliche Betreuungsangebote in der Geriatrie und Langzeitpflege. Die Demenzstrategie werde nur dann ein Erfolg, wenn schon jetzt genügend Ressourcen bereitgestellt werden, um morgen qualifizierte Fachkräfte, Unterstützungs- und Entlastungsdienste für Betroffene und pflegende Angehörige zur Verfügung zu stellen, meint die Caritas Österreich. Und auch im Falle von an Demenz erkrankten Menschen müsse die Pflegegeldeinstufung dringend verbessert werden, da der derzeitige sog. „Erschwerniszuschlag“ völlig ungeeignet sei und die tatsächlichen Bedarfe und Bedürfnisse von Menschen mit Demenz nicht abbilden könne.
Reiche praktische Beratungserfahrung brachte Demenz-Pflegeexpertin DGKS Lea Hofer-Wecer (Bildmitte, bei der Posiumsdiskussion) ein. Sie begründete bereits vor zehn Jahren die erste „Kompetenzstelle für Demenzbetroffene und pflegende Angehörige“ (Caritas St. Pölten, NÖ) und hat in langjähriger Seminartätigkeit schon tausende Kolleg/innen in Krankenhäusern, Pflegeheimen und mobilen Pflegediensten in allen Bundesländern im Umgang mit Demenzerkrankten praxisnah geschult. Auch zahlreiche Angehörigen-Stammtische sowie speziell für Demenzkranke gestaltete kirchliche Messfeiern gehen auf ihre Initiative zurück. Frau DGKS Hofer-Wecer vertritt die Pflege auch in der ExpertInnen-Arbeitsgruppe „Demenzstrategie“ des Landes Niederösterreich.
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GUKG-Novelle ohne geriatrische Spezialisierung?
Für eine qualitätsvolle, fachlich kompetente pflegerische Betreuung müssen auch die notwendige Qualifikation und Spezialisierung im Pflegeberuf gesetzlich verankert werden. Dazu Caritas sterreich-Präsident DDr. Michael Landau: „In den derzeit bekannten Entwürfen für ein neues Gesundheits- und Krankenpflegegesetz sind noch keine Spezialisierungen für Langzeitpflege und Geriatrie vorgesehen. Wenn das neue Gesetz umgesetzt wird, sollten die rechtliche Voraussetzungen für diese Spezialisierungen per Verordnung der Gesundheitsministerin umgehend geschaffen werden.“
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Über das „Querdenk“-Symposium selbst bleibt abschließend anzumerken, dass ein Erfahrungsaustausch mit Expert/innen zwar überaus verdienstvoll und wichtig ist, aber dies allein wenig mit quer-denken zu tun haben muss.