Späte Erkenntnis der Heimbetreiber: Bis zu 10 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen erhalten bekanntlich keine Leistungen der Pflegeversicherung. Meist werden in diesem Fall die Heimkosten vom Sozialhilfeträger übernommen. Dies könnte sich bald zum Nachteil dieser Heimbewohner änder, stellte nun der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) in einem Warnruf erschrocken fest. Wurde diese Lücke von allen Beteiligten im Begutachtungsverfahren übersehen – oder ist sie sogar beabsichtigt, um etwa alternative Wohnformen voran zu treiben..?
Denn im dritten Pflegestärkungsgesetz (PSG III) fehlt für das Sozialhilferecht eine Regelung, durch die ab 01. Januar 2017 für Heimbewohner*innen, die nicht in die Pflegegrade zwei bis fünf eingestuft werden, die Finanzierung der Heimkosten durch den Sozialhilfeträger sichergestellt ist, reklamiert der Verband. Betroffen wären ältere Menschen, die einen geringen Pflegebedarf haben, aber trotzdem nicht mehr alleine in ihrer Wohnung leben können. Bereits jetzt weigern sich dem bpa zufolge einzelne Sozialhilfeträger, die bestehenden Vereinbarungen mit den Pflegeheimen über das Jahr 2016 hinaus zu verlängern. Bleibt der Gesetzgeber bei seiner Absicht, müssten die Pflegeheime bis zu 80.000 Heimbewohner/innen kündigen, da die Heimkosten nicht gezahlt werden können.
„Mit der Pflegereform wurde jedoch von der Bundesregierung zugesichert, dass sich die Versorgungssituation für niemanden verschlechtert. Wenn nun in der Sozialhilfe der Anspruch für viele hochbetagte Heimbewohner*innen der sog. Pflegestufe 0 abgeschafft werden sollte, stünden bis zu 80.000 alte Menschen vor einer völlig ungewissen Zukunft. „Alle Beteiligten benötigen dringend ein verlässliches Signal, dass die Sozialhilfeträger auch künftig die Kosten tragen, wenn die Unterbringung in einem Pflegeheim notwendig ist, aus dem eigenen Einkommen aber nicht bezahlt werden kann. Hier darf es keine bösen Überraschungen geben,“ so bpa Präsident Bernd Meurer.
Kommentar:
Blockiert politischer Eiertanz eine klare Lösung?
Die Sicherung der Finanzierung von Pflegeheimplätzen für finanziell schwache Bewohner*innen mit Pflegestufe „0“ sorgt für erhebliche Differenzen zwischen den Regierungsparteien. Aus Sicht von CDU/CSU verzögere das von Andrea Nahles (SPD) geführte Bundes-Sozialministerium (BMAS) eine Lösung für das seit Monaten bekannte Problem. Das BMAS jedoch weist diesen Säumnisvorwurf zurück. Die Zahl von 80.000 von einem Heimplatzverlust bedrohten Senioren, denen sei zudem völlig aus der Luft gegriffen. Die betroffenen Senior*innen würden laut BMAS auch in Zukunft stationäe Leistungen der Hilfe zur Pflege erhalten, da sie v.a. bei eingeschränkter Alltagskompetenz mindestens in den Pflegegrad 2 eingestuft würden.
Bei Einstufung in Pflegegrad 1 allerdings verweisen die Sozialbürokraten des BMAS bei Bedarf auf andere Leistungstöpfe wie etwa das SGB XI (z.B. Hilfe zum Lebensunterhalt). Gerade damit aber setzen sie zehntausende hochbetagte Menschen – anstelle eines klar definierten Rechtsanspruchs im Rahmen des PSG III – einem zusätzlichen behördlichen Spießrutenlauf mit ungewissem Verlauf aus. Fazit: Das BMAS ist säumig – und damit die SPD. Anstatt Nägel mit Köpfen zu machen, wird auf dem Rücken der Alten geschachert und herumgeeiert. Peinliches Deutschland…
Erich M. Hofer