v.l.n.r. KAGes-Vorstandsdirektor Ernst Fartek, MBA, Mag. Dr. Christina Grünauer-Leisenberger, DGKP Ingeborg Zadravec, Pflegedirektorin DGKP Christa Tax, MSc, Landesrat Mag. Christopher Drexler, KAGes-Vorstandsvorsitzenden Univ. Prof. Dr. Karlheinz Tscheliessnigg (Foto: LPD)
Wie schon vor Jahren im Bereich der Salzburger Landeskliniken (SALK) realisiert, setzen nun auch die Krankenanstalten in der Steiermark ein ambitioniertes Förderkonzept für die Pflegeberufe um. Ein „Lebensphasenorientiertes Attraktivitätsprogramm“ verbessert die Arbeitsbedingungen und work-life-balance in der KAGes für über 8.500 MitarbeiterInnen in den Pflegeberufen. Die Maßnahmen gehen in den 12 Landeskrankenhäusern an 22 Standorten und in den vier Landespflegezentren mit Jahresbeginn 2018 Schritt für Schritt in die Umsetzung, Gehaltserhöhungen sind seit Juli 2017 wirksam.
Die KAGes startete dieses Programm trotz – oder gerade aufgrund- einer guten Ausgangssituation: Die Stellen in der Berufsgruppe der Pflege sind in den letzten 5 Jahren kontinuierlich zu 98% besetzt, die Krankenstandsquote liegt KAGes-weit unter 5%, die Fluktuation liegt weit unter 10%.
Davon ausgehend verfolgt die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H (KAGes) mit dieser Programmarbeit das Ziel, auch mittel- und langfristig als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, qualifizierte MitarbeiterInnen zu gewinnen und an das Unternehmen zu binden, um die bestmögliche PatientInnenversorgung gewährleisten zu können.
Das „Lebensphasenorientierte Attraktivitätsprogramm“ berücksichtigt die gegenwärtigen und kommenden fachlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Der Altersdurchschnitt steigt sowohl bei MitarbeiterInnen und PatientInnen und muss in der Arbeitsorganisation, der Dienstplanung wie auch in der künftigen Ausrichtung der Pflege (wie z.B. der Pflege von Demenzkranken) Berücksichtigung finden. Der spezifisch hohe Frauenanteil in den Pflegeberufen und der Wunsch vieler MitarbeiterInnen, Arbeits- und Privatleben in besseren Einklang zu bringen (work-life-balance) sowie die Anforderungen junger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an eine ausbildungsadäquate Tätigkeit in einem wertschätzenden Umfeld müssen berücksichtigt werden, um den Pflegeberuf nachhaltig attraktiv zu machen.
Die Programminhalte sind in fünf thematische Bereiche gegliedert:
Zukunft Pflege – ein Laufbahnmodell
(Projektleitung Pflegedirektorin DGKP Christa Tax, MSc)
Optimierung der Personalplanungsprozesse
(Projektleitung Margit Janisch)
Arbeitsorganisation, Prozesse und Dienstplangestaltung
(Projektleitung Johanna Mandl, MSc)
Lebensphasenorientierung
(Projektleitung Mag. Dr. Ulrike Zierler)
Gehaltssituation
(Projektleitung Mag. Dr. Christina Grünauer-Leisenberger)
Das neue Laufbahnmodell
Zur Sicherstellung einer professionellen pflegerischen Versorgung und Betreuung der PatientInnen werden Pflegekräfte mit unterschiedlichen Ausbildungen und Qualifikationen benötigt. Um die Pflege weiter zu professionalisieren, den Outcome zu erhöhen und den pflegenden MitarbeiterInnen Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung auch transparent aufzuzeigen, wurde ein Laufbahnmodell in verschiedenen Versionen für die unterschiedlichen KAGes-Standorte erstellt.
Das Modell orientiert sich am gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, sichert aber auch Pflegeassistenzberufen nach entsprechender Qualifikation den Zugang zu weiteren Entwicklungsstufen.
Pflegepersonen, die in einem Spezialbereich tätig sind, verfügen über erweiterte Kernkompetenzen (z.B. Intensivpflege) und werden ebenfalls dem Basisbereich zugeordnet.
Zur bisher bereits gegebenen Möglichkeit, die Führungslaufbahn einzuschlagen, kann man sich künftig Spezialkompetenzen in der Fach- und Bildungslaufbahn aneignen.
Die drei Säulen des Pflegelaufbahnmodels:
- Fachkompetenz
- Führungskompetenz
- Schulungskompetenz
Führungslaufbahn
Im Zuge der steigenden Anforderungen an den Pflegeberuf ist es wesentlich, die Potentiale der MitarbeiterInnen voll auszuschöpfen. Die gezielte Auswahl, Förderung und laufende Unterstützung künftiger Führungskräfte leistet einen wesentlichen Beitrag, um gemeinsam mit dem Pflegeteam und den anderen Berufsgruppen eine optimale Versorgung und Betreuung der PatientInnen sicherzustellen. Die Führungskraft beeinflusst über Dienstplanung, zielgerichtete Arbeitsorganisation und Personalplanung wesentlich die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ermöglicht spezifische, fachliche Weiterentwicklung.
Fachlaufbahn
Gut qualifizierte Pflegekräfte können maßgeblich zur Weiterentwicklung der Pflegepraxis beitragen. Im Rahmen der Fachlaufbahn können sich interessierte Pflegepersonen in 10 spezifischen Feldern der Pflege (wie z.B. Pflege bei Demenz, Schmerzmanagement, Onkologie Pflege, Diabetes Care u.a.) weiter vertiefen und ihre Kompetenzen gezielt erweitern. Bei der Auswahl dieser Fachbereiche wurde besonders auf die künftigen demographischen Entwicklungen und dem zu erwartenden Anstieg an chronischen Erkrankungen Rücksicht genommen.
PflegeexpertInnen begleiten und unterstützen PatientInnen und KollegInnen bei komplexen pflegerischen Fragestellungen. Sie erarbeiten gemeinsam mit den Pflegeteams, Führungskräften und multiprofessionellen Versorgungsteams Konzepte für die PatientInnenversorgung, evaluieren diese und tragen zur Weiterentwicklung der Pflegepraxis und zur Implementierung von Forschungserkenntnissen in der Praxis bei.
Bildungslaufbahn
Unternehmensweit werden jährlich zwischen 6.000 und 7.000 Auszubildende, Studierende und neue MitarbeiterInnen der Pflege in die klinische Arbeit der Pflege eingeführt und benötigen – auch aufgrund der fortschreitenden klinischen Spezialisierung – gezielte Anleitung und Einschulung durch PraxisanleiterInnen. Die methodisch und didaktisch geschulten Pflegepersonen erstellen Schulungs- und Einarbeitungskonzepte und tragen Sorge für deren Umsetzung.
Der/Die PraxisanleiterIn begleitet und unterstützt die KollegInnen und übermittelt vorgesetzten Führungskräften entsprechendes Feedback über den Entwicklungsstand. PraxisanleiterInnen sind wichtiges Bindeglied zwischen Ausbildungsstellen und Führungskräften.
Optimierung der Personalplanungsprozesse
Die leistungsorientierte Herleitung des Personalbedarfs für die Erbringung der pflegerischen Leistungen ist in der KAGes seit vielen Jahren etabliert.
Künftig werden MitarbeiterInnen der Pflege noch besser in die Erarbeitung und regelmäßige Evaluierung der Berechnungsmodelle eingebunden und regelmäßig geschult.
Weiters werden ab 2018 die für den jeweiligen Wirtschaftsplan periodisch durchgeführten Berechnungsergebnisse mit den Pflegedienstleitungen, der mittleren Ebene und dem Betriebsrat persönlich erörtert und abgestimmt. Damit wird die Personalbedarfsberechnung und deren Umsetzung im jeweiligen Budget besser transparent, wodurch auch ein Beitrag zu Fairness und empfundener Arbeitszufriedenheit geleistet wird.
Lebensphasenorientierung
Die Auseinandersetzung der KAGes mit den Themen Vereinbarkeit von Familie und Beruf, work-life-balance und Lebensphasenorientierung ist seit vielen Jahren etabliert. Diese Initiativen wurden u.a. mit dem 1.Platz beim Wettbewerb „Familienfreundlichster Betrieb der Steiermark 2015″ in der Kategorie öffentlich-rechtliche Unternehmen und dem 2. Platz beim Staatspreis 2016 gewürdigt, wo unter anderem die Einrichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen, die Einführung der Altersteilzeit und die Stärkung der Väterbeteiligung besonders hervorgehoben wurden.
Im Zuge der aktuellen Programmarbeit wurde der Schwerpunkt auf das Thema „Angehörigenpflege“ gelegt. MitarbeiterInnen, die Familienmitglieder pflegen, werden mit zielgerichteter Information besonders unterstützt. Aus der Zusammenarbeit mit den Grazer Universitäten und dem JOANNEUM RESEARCH entstand eine Informationsbroschüre mit allen wesentlichen Informationen zum Thema Angehörigenpflege und eine Veranstaltungsreihe mit interessanten und hilfreichen Vorträgen zu diesem Thema.
Eine weitere Maßnahme innerhalb der KAGes, mit der unter Umständen die Arbeitsfähigkeit von MitarbeiterInnen nach längeren Krankenständen wiederhergestellt und erhalten werden kann, ist die Einführung des „Betrieblichen (Wieder)Eingliederungsmanagements“.
Mit dem Abschluss des Pflegeprogramms ist die Arbeit an den Themen Vereinbarkeit, work-life-balance und Lebensphasenorientierung nicht beendet, sondern wird beständig und nachhaltig weitergeführt.
Arbeitsorganisation, Prozesse und Dienstplangestaltung
Im Mittelpunkt der Programmarbeit zum Thema Arbeitsorganisation galt es, die verschiedenen Tätigkeiten im Krankenhaus und auf den Stationen zu analysieren, zu entflechten und die Pflege von nichtpflegerischer Tätigkeit zu entlasten.
Geregelte Arbeitsabläufe und als fair empfundene Dienstplangestaltung tragen wesentlich zur Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit zu klaren patientenbezogenen Prozessen bei.
Zur Sicherung der Nachhaltigkeit für die Themen Dienstplangestaltung und Arbeitsorganisation in der Pflege wurde eine eigene Kompetenzstelle für Dienstplanung und Arbeitsorganisation in der Organisationseinheit MPM/Pflege-Koordination eingerichtet. Insgesamt fanden bereits sieben Tagesworkshops zur Dienstplangestaltung und Arbeitsorganisation mit insgesamt 320 TeilnehmerInnen statt.
Dazu wurden den Dienstplanführenden der Pflege unterstützende Instrumente zur Dienst- und Personalplanung zur Verfügung gestellt.
Tätigkeiten, die nicht von Personen mit Pflegequalifikation durchgeführt werden müssen, also rein administrative und hauswirtschaftliche Tätigkeiten, wurden erhoben und kategorisiert, Modelle, inwieweit die Pflegeberufe durch Abteilungshilfsdienste und StationssekretärInnen entlastet werden können, erprobt und als „Good practice Beispiele“ zur Verfügung gestellt. Damit wird das Ziel eines ausbildungsadäquaten und ressourcenschonenden Personaleinsatzes verfolgt und gleichzeitig die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht.
Zur Gehaltssituation
In Verhandlungen zwischen dem KAGes-Vorstand, dem Zentralbetriebsrat der KAGes bzw. der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Landesrat Mag. Christopher Drexler wurde ein Gehaltspaket geschnürt, das letztlich der Zielsetzung des Gesamtprogrammes letzte Glaubwürdigkeit verschaffte. Unter finanziell schwierigen Rahmenbedingungen und im Wissen, dass die betroffenen Berufsgruppen fast zwei Drittel aller KAGes-Bediensteten umfassen, stimmte der Eigentümer Land Steiermark Gehaltserhöhungen von 35,5 Millionen Euro pro Jahr für über 10.000 MitarbeiterInnen in den Pflegeberufen, im gehobenen medizinisch-technischen Dienst und bei den Hebammen zu.
Diese wurden mit 1. Juli 2017 wirksam, unter Berücksichtigung folgender Prämissen:
- die Anpassung im Grundgehalt erfolgte differenziert unter Berücksichtigung eines österreichweiten Gehaltsvergleichs und der Prämisse eines fairen/ attraktiven Einstiegsgehaltes
- Kompetenzerwerb und Erfahrung wurden im Schema abgebildet
- Das Gehaltsschema S II Gesundheitsberufe berücksichtigt bereits die mit 01.09.2016 gesetzlich verankerte neue Berufsgruppe der Pflegefachassistenz
Die durchschnittliche Erhöhung des Grundgehaltes stellt sich – differenziert nach Berufs-/ MitarbeiterInnengruppen mit 1.7.2017 folgendermaßen dar:
Berufs/ Mitarbeitergruppe | durchschnittliche Erhöhung pro Stufe im Schema in % | Durchschnittliche Erhöhung (bezogen auf eine Vollzeitkraft) per 1.7.2017 in € |
Medizinische-technische Dienste und Hebammen | 6,4 % | € 215 |
Mittlere Führungsebene in der Pflege | 5,6 % | € 232 |
Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflege | 10,5 % | € 274 |
PflegeassistentInnen | 6,4 % | € 95 |
Quelle: KAGes