In Deutschland werden zu viele Patienten stationär behandelt, so der akuelle Krankenhaus-Report der AOK. Statistisch gesehen könnten 500 Krankenhäuser im Land geschlossen werden, rechnete der Gesundheitsökonom Professor Reinhard Busse bei der Vorstellung des Reports am Montag in Berlin vor.
Bei eben diesen Strukturschwächen der Krankenhauslandschaft setzt auch die Kitik des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK) an. „Noch immer leisten wir uns im deutschen Gesundheitssystem teure Doppelstrukturen, die ökonomiegeleiteten Anreize zur Fehl- und Überversorgung in den Kliniken sind unverändert stark, Strukturreformen der Krankenhauslandschaft werden nicht oder nur halbherzig angegangen, oft ausgebremst. In Deutschland wurden 2016 knapp 93 Milliarden Euro für die Krankenhausversorgung ausgegeben, das ist im europäischen Vergleich Spitze. Die Outcomes dagegen und das Versorgungsniveau sind allenfalls Mittelmaß. Wie ist das den Versicherten, den Patientinnen und Patienten gegenüber noch zu rechtfertigen?“ fragt DBfK-Sprecherin Johanna Knüppel. Das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) ist seit mehr als zwei Jahren in Kraft. Es sollte die Qualität der Krankenhausversorgung verbessern, die Schließung von überzähligen Krankenhäusern finanziell erleichtern und die Pflege auf den Stationen verstärken. Diese Effekte seien laut DBfK bisher nicht erkennbar eingetreten, ganz im Gegenteil: „Die Pflege in den Krankenhäusern kollabiert, die Situation ist dramatisch.“ (Knüppel) Für ein Abwarten sei einfach keine Zeit mehr, es dürfe nicht wieder einmal nur bei Ankündigungen bleiben, warnt der Berufsverband eindringlich und fordert die zuständigen Ministerien in Bund und Ländern auf, endlich ernst zu machen mit ihren Ansagen, die professionelle Pflege stärken zu wollen.
Krankenhausökonomen betrachten Pflege in erster Linie als Kosten-, nicht als Wertschöpfungsfaktor. Wie falsch das ist, wissen betroffene Patienten am besten, sie erleben es Tag für Tag. Der gut gemachte Eingriff reicht nicht. Kein Patient hat etwas davon, einen kostspieligen, technisch hochgerüsteten Bettplatz zu haben, aber pflegerisch unversorgt zu sein. Pflege ist in den Krankenhäusern ein wesentlicher Teil des Behandlungsprozesses, kein Nice-to-have, solange das Geld reicht! Die DRG-Kalkulation sieht derzeit jährlich einen Anteil von ca. 18 Milliarden Euro für Pflege in den Kliniken vor. Viel davon kommt bei der Pflege allerdings nicht an. Wo bleibt das Geld? Für Pflege bestimmte Geldmittel der Krankenhäuser müssen künftig zwingend auch in die Pflege fließen, es muss strikte Nachweispflichten geben, die das sicherstellen. Der Fokus der Krankenhausversorgung muss grundsätzlich auf Qualität, Ergebnisse und Nachhaltigkeit gelegt werden – betrachtet und gemessen aus der Patientenperspektive. Damit bekommt die Pflege wieder den Stellenwert, der ihr gebührt und den kranke und pflegebedürftige Menschen erwarten können und brauchen.
Die deutsche Krankenhaus-Landschaft gehöre auf den Prüfstand, das Bett als alleinige Planungsgrundlage reiche bei weitem nicht mehr aus, sagte auch Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in Reaktion auf den Report. Es braucht einen qualitätsorientierten Umbau der Krankenhausstrukturen, und für die erforderlichen Gesamtversorgungskonzepte für Regionen muss im Geiste einer „Integrierten Versorgung(IV)“ innovativ, sektorenübergreifend und interprofessionell gedacht und geplant werden. Strukturveränderungen sind in erster Linie eine Chance, die genutzt werden muss.