Bayern: Ambulante Pflegedienste weisen immer häufiger Patienten ab

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Pflegedienste in Bayern müssen auf Grund des Personalmangels immer häufiger Patienten abweisen. Manche Dienste müssten sogar bestehende Verträge kündigen, berichtet der Evangelische Pressedienst.

 

Im Herbst 2017 sei es so weit gewesen, „wir mussten erstmals einen Patienten abweisen, der von uns gepflegt werden wollte“, erklärt Sabine Bechmann, Leiterin der Lichtenfelser Sozialstation des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Inzwischen habe sie rund einem Dutzend Pflegebedürftiger mitgeteilt, dass die Kapazitäten der Sozialstation bereits voll ausgelastet sind. Ihr fehle das Personal.

Doris Weigand (Diakonie Bayern) erklärt, die Situation sei im gesamten Freistaat ähnlich. Seit vergangenen Sommer komme es immer wieder zu Abweisungen. Zu Beginn habe dies nur städtische Gebiete betroffen, inzwischen sei die Versorgung überall kritisch bis grenzwertig. Auch Weigand habe inzwischen rund 20 Anfragen ablehnen müssen, viele davon im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Anfragen würden nur berücksichtigt, wenn der/die Pflegebedürftige akzeptieren kann, dass die Betreuungsperson der Sozialstation morgens erst nach zehn Uhr kommt.

 

Kommentar:

Dieser zunehmende Personalengpass ist leider hausgemacht. Denn viele Tätigkeiten, die mit der Pflegeversicherung abgerechnet werden, dürfen unverständlicher Weise ausschließlich von Pflegepersonal durchgeführt werden. Dieses jedoch verweigert offenbar im steigenden Ausmaß – aus meiner Sicht völlig zu Recht – die Ausführung von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten (Reinigung, Einheizen, Kochen, Einkaufen, Wäschewaschen, Besorgungen, Förderung der Sozialkontakte, Unterstützung diverser Aktivitäten des Alltags, u.a.m.), weil diese „berufsfremden Aufgaben“ keine pflegerischen Kernkompetenzen (mit hohem Qualifikationsbedarf) darstellen und auch entsprechend niedriger entlohnt werden.

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Ganz anders die Situation in Österreich: Hier sorgen sozialberuflich eigens hierfür ausgebildete  „Heimhilfen“ (200 Stunden Theorie, 200 Std. Praxis) dafür, dass neben der erforderlichen Pflege durch Pflegeassistent*innen und DGKP auch die hauswirtschaftlichen Aufgaben erledigt werden, damit die Pflege- und/oder Betreuungsbedürftigen möglichst lange in der vertrauten Wohnumgebung verbleiben können. Dies alles erfolgt nur wenige Kilometer von der bayrisch-österreichischen Grenze entfernt und könnte – ein rasches Umdenken der Pflegeversicherungen vorausgesetzt – als bedarfsorientiert abgestuftes Modell auch in Bayern umgesetzt werden, um dem steigenden Bedarf der alternden Bevölkerung nachzukommen und die Menschen mit ihrem Unterstützungsbedarf nicht zunehmend wegen Pflegepersonalmangels allein lassen zu müssen.

Erich M. Hofer

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