Österreichs Hilfsorganisationen fordern gemeinsam Maßnahmen der Politik gegen den drohenden Pflegenotstand (v.l.): DGKP Monika Gugarell (Öst. Hilfswerk), Othmar Karas (Präsident Hilfswerk), Michael Landau (Präsident Caritas Österreich), DGKP Sandra Schrenk (Wohnbereichsleitung)
Othmar Karas (Hilfswerk) und Michael Landau (Caritas) warnen vor dem spürbar wachsenden Personalnotstand und drängen auf eine zügige und umfassende Pflegereform in Österreich: „Ansonsten wird die Pflege selbst zum Pflegefall.“
In weniger als zehn Jahren wird Österreich weltweit zu jenen Staaten mit der ältesten Bevölkerung gehören. Caritas Präsident Michael Landau und Othmar Karas, Präsident des Hilfswerk Österreich, fordern vor diesem Hintergrund eine grundlegende Reform des Pflegewesens. Landau schließt sich dabei der Forderung von Karas nach einem Pflegegipfel an. Landau: „Wir müssen heute reagieren, wenn wir auch morgen eine an der Würde des Menschen Maß nehmende Pflege sicherstellen wollen. Ansonsten wird der Pflegebereich selbst zum Pflegefall.“
Konkret sehen Karas und Landau die Politik in zwei zentralen Punkten gefordert: Im Bereich einer langfristigen Finanzierung der Pflege sowie im Bemühen, den sich bereits abzeichnenden Fachkräftenotstand abzuwenden. Karas: „Experten der Sozialwirtschaft Österreich rechnen mit einem Mehrbedarf von rund 40.000 zusätzlichen Pflegepersonen bis zum Jahr 2050. Es muss in unserer Gesellschaft deshalb sehr viel attraktiver sein, sich für diesen zwar fordernden, aber sehr schönen Beruf zu entscheiden und diesen dann auch dauerhaft auszuüben.“ Caritas und Hilfswerk appellieren an die politisch Verantwortlichen, einen „Pflegegipfel“ einzuberufen und eine parlamentarische Enquete-Kommission für eine menschenwürdige Zukunft der Pflege einzusetzen.
40.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt
Pflegeanbieter wie Caritas und Hilfswerk warnen bereits seit längerem vor einem akuten und sich verschärfenden Personalmangel. Gerade im ländlichen Bereich kann es bereits zu Wartelisten für Menschen kommen, die pflegerische Unterstützung benötigen. Und das Problem dürfte sich aufgrund demographischer Entwicklungen weiter verschärfen. Caritas und Hilfswerk warnen vor diesem Hintergrund vor einem sich abzeichnenden Pflegenotstand. Karas: „Bis 2050 steigt die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit 450.000 auf 750.000 Personen. Durch diesen quantitativen Anstieg darf es künftig jedoch nicht zu einer qualitativen Verwässerung der Pflegedienstleistungen oder gar zu einer Ausdünnung der Versorgung kommen, nur weil gegenwärtig von den Verantwortungsträgern der Ernst der Lage im Personalbereich nicht erkannt und entsprechend reagiert wird.“
Mehr Ausbildungsplätze schaffen, Um- und Wiedereinstieg in Pflegeberufe massiv fördern
Landau: „Wenn hier nicht rasch Gegenmaßnahmen gesetzt werden, droht in wenigen Jahren tatsächlich ein Pflegenotstand. Es geht um Heimhilfen ebenso wie um PflegeassistentInnen. Es geht um diplomierte Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger. Im mobilen und im stationären Bereich. Ich bin überzeugt: Gerade in einer vom Leistungsgedanken durchdrungenen Gesellschaft, können wir es uns nicht leisten, auf das Thema Pflege zu vergessen.“ Caritas und Hilfswerk fordern daher eine Verbesserung der beruflichen Rahmenbedingungen für Pflegekräfte sowie eine aktiv gestaltete Imagekorrektur des Berufsstandes. Parallel dazu sollte eine Ausweitung und Anpassung der Ausbildungsplätze oberste Priorität genießen. Auch über bessere Möglichkeiten für Quer- und Wiedereinsteiger müsste dringend nachgedacht werden.
Pflegegeld für 459.000 BezieherInnen kräftig erhöhen!
Sowohl Karas als auch Landau begrüßten die jüngste Abschaffung des Pflegeregresses, doch klar sei auch, dass die Abschaffung eine umfassende Reform der Pflegefinanzierung insbesondere in Hinblick auf eine sozial verträgliche Gestaltung der Eigenbeiträge von Betroffenen nicht ersetzen könne. Zum einen fordern Caritas und Hilfswerk eine rasche Erhöhung des Pflegegeldes für alle Stufen ab 2019. Landau: „Mehr als 459.000 Menschen in Österreich sind auf Pflegegeld angewiesen. Der Wertverlust des Pflegegeldes beträgt seit Einführung bereits 36 Prozent. Die Politik darf diese Menschen nicht im Stich lassen!“ Das Pflegegeld müsse nebst einer kräftigen Erhöhung künftig zudem – wie gesetzlich eigentlich vorgesehen – jährlich valorisiert, d.h. der Inflationsrate folgend angehoben werden.
Gleiche Versorgungsstandards in allen Bundesländern sehr wichtig
Zum anderen gehe es außerdem um die Bereitstellung von ausreichend Mitteln für den weiteren flächendeckenden Ausbau von Betreuungs- und Pflegeangeboten. Karas: „Der Fortbestand des Pflegefonds als bewährtes und etabliertes Instrument zur Finanzierung des Ausbaues der Versorgungslandschaft in den Ländern und Gemeinden sollte über das Jahr 2021 hinaus beschlossen werden. Das Ziel müssen im Sinne einer Fairness gegenüber den SteuerzahlerInnen gleichwertige Qualitäts-, Versorgungs- und Finanzierungsstandards vom Boden- bis zum Neusiedlersee sein.“