Land OÖ aktiv gegen Fachkräftemangel in der Altenpflege: Kombination Ausbildung plus Anstellung sowie völlig neuer Berufsweg bereits ab 15

 

Allein in Oberösterreich werden bis zum Jahr 2025 rund 1.600 zusätzliche Altenpflegekräfte (Vollzeitbasis) benötigt. Jetzt beschreitet das Land gemeinsam mit den Sozialhilfeverbänden und Gemeinden völlig neue Wege: Kerninhalte des untereinander gut abgestimmten Maßnahmenpakets sind ein innovativer Lehrgang für Pflichtschulabsolvent/innen (ab 15), ein flexibles regionales Ausbildungsangebot sowie das ab 2019 ausgeweitete sog. „Fachkräfte-Stipendium“ des AMS für Berufsumsteiger/innen in den Pflegebereich.

Gerstorfer

 

Präsentierten das neue Kombi-Modell: Bezirkshauptmann Paul Gruber, Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer, Gemeindebundpräsident LAbg Hans Hingsamer

(Land OÖ/Denise Stinglmayr)

 

 

Entscheidendes Kriterium: Sicherung des Lebensunterhalts während der Ausbildung

Aktuell machen Umsteiger/innen aus anderen Berufen ca. 85% aller Bewerbungen für Altenbetreuungsberufe aus. Diese Personen sind meist weiblich, zwischen 30 und 40 Jahren, besitzen eine große Lebenserfahrung und entscheiden sich aktiv für eine Tätigkeit im Pflegebereich. Auf Grund der Vorgaben der Bundesregierung konnte das AMS bei einer am Arbeitsmarkt verwertbaren Berufsausbildung diesen geeigneten und motivierten Personen bisher während der zweijährigen Ausbildung den Lebensunterhalt nicht finanzieren. Und für Mütter von Kindern ist eine zweijährige Phase ohne Einkommen nicht leistbar.

Deshalb haben die Bundesländer eine Ausweitung des sog.  „Fachkräfte-Stipendiums“ auf pflegerelevante Berufsbilder, wie auch die „Fachsozialbetreuer/innen Altenarbeit (FSB-A)“ gefordert. Dies wird nach einem aktuellen Beschluss des Arbeitsmarktservice (AMS) nun ab 2019 möglich.

 

Neues Modell kombiniert Ausbildung und Anstellung

Neben dem Fachkräftestipendium – als wichtigste Säule, um ausreichend qualifiziertes Personal auszubilden – wird in Oberösterreich nächstes Jahr eine zusätzliche Ausbildungsmöglichkeit angeboten: Der Kombi-Lehrgang „Ausbildung und Anstellung“ sieht vor, dass es ab sofort auf Wunsch der Auszubildenden möglich ist, im Rahmen einer Teilzeit-Anstellung in einem Alten- und Pflegeheim ein Einkommen zu erzielen und parallel eine fundierte Ausbildung für den Sozialbereich zu erlangen. Konkret sieht die Umsetzung folgendermaßen aus:

 

  • Eine interessierte Person kann im Rahmen einer 20-Wochenstunden-Anstellung als Hilfskraft in den Altenheimbetrieb hineinschnuppern. Konkret muss diese Person aber nur die Hälfte, also 10 Wochenstunden, im Alten- und Pflegeheim arbeiten. Innerhalb von etwa 3 Monaten ist es somit berufsbegleitend möglich, die Ausbildung zur Heimhilfe zu absolvieren. Sobald die Heimhilfe-Ausbildung positiv abgeschlossen wurde, kann die Person auch als Heimhilfe angestellt werden und erhält für 20 Stunden Anstellung – und 10 Wochenstunden tatsächliche Tätigkeit – ohne Vordienstzeiten ca. 950€ Lohn (brutto).
  • Berufsbegleitend zu diesen 10 Wochenstunden Arbeit als Heimhilfe (mit der Entlohnung für 20 Wochenstunden) ist es nun möglich, schrittweise die weiteren Ausbildungen zur Pflegeassistenz und zum/r Fachsozialbetreuer/in Altenarbeit zu absolvieren. Die Schulen wurden beauftragt, entsprechende modulare und durchgängige Curricula zu entwickeln, die einen positiven Abschluss bei durchschnittlich 30 Wochenstunden Präsenzzeit in der Ausbildung ermöglichen.
  • Sobald die Auszubildenden den Abschluss „Pflegeassistenz“ erreicht haben, ist eine Anstellung in dieser Qualifikation möglich, sodass sich auch das monatliche Einkommen entsprechend erhöht.
  • Nach Abschluss der Ausbildung zum/r Fachsozialbetreuer/in Altenarbeit ist eine Vollzeitanstellung mit entsprechender Entlohnung vorgesehen.

 

Dieses Modell bringt den Auszubildenden – im Unterschied zum Fachkräftestipendium des Bundes – mehrere Vorteile: Die Anstellungszeit ermöglicht bereits während der Ausbildung den Erwerb von Pensionszeiten, außerdem haben die Auszubildenden nach ihrem Abschluss als FSB“A“ bereits einen fixen Arbeitsplatz in einem Alten- und Pflegeheim, bei dem in Absprache mit dem Dienstgeber die Wochenstunden individuell aufgestockt werden können.

 

An welchen Standorten und mit welchen Startterminen dieses Kombimodell ab 2019 angeboten wird, kann ab 2019 bei den Sozialhilfeverbänden und bei der SoNe – Soziales Netzwerk GmbH angefragt werden, die auch für Fragen rund um das Fachkräftestipendium und Stiftungen zur Verfügung steht.

Gemeindebundpräsident  Bgm. Hans Hingsamer dazu: „Gerne unterstützen die Kommunen die Existenzsicherung (bzw. das Grundgehalt) während der Ausbildung zum/r Fachsozialbetreuer/in Altenarbeit. Wir brauchen darüber hinaus auch entsprechende Rahmenbedingungen und eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung der Pflege“.

„Die Altenbetreuung ist eine sehr komplexe rechtliche Materie, auch die Ausbildungen in diesem Bereich sind durch unterschiedlichste Stellen und Gesetze geregelt. Umso mehr freut es mich, dass es uns mit einem gemeinsamen Schulterschluss gelungen ist, hier einen großen Schritt in Richtung mehr Attraktivität und Durchlässigkeit der Ausbildungen zu gehen“, freut sich Birgit Gerstorfer.

 

Zentrale Drehscheibe rund um Personalrekrutierung und Ausbildung

Mit der Kampagne „Sinnstifter hat sich die SoNe bereits in den letzten Jahren um die Bewerbung von Berufen im Sozial- und Gesundheitsbereich gekümmert. „Wir wollen die Kompetenzen der SoNe nun weiter ausbauen. Neben der Bewerbung von Ausbildungen und der Abwicklung von Stiftungsplätzen wird sie zur zentralen Beratungsstelle für alle Berufsbilder in der Altenbetreuung und Pflege und wichtige Ansprechstelle für die Arbeitgeber. Bereits Anfang 2019 wollen wir mit einem neuen Auftritt von „Sinnstifter“ die Vorteile der Pflegeberufe weiter in den Focus rücken“, betont Landesrätin Birgit Gersorfer.

 

Flexible Ausbildungsangebote in allen Regionen ab 2019

Die Erfahrung der Bildungsanbieter im Sozialbereich sowie des AMS OÖ zeigt, dass Personen, die sich für eine Ausbildung im Sozialbereich interessieren, immer unterschiedlichere Lebenssituationen haben. Durch eine Flexibilisierung und verstärkte Koordination der Angebote der verschiedenen Schulen wird es ab 2019 noch besser möglich sein, diesen verschiedenen Anforderungen der Auszubildenden zu entsprechen.

Das Land OÖ plant und finanziert im Jahr 2019 mindestens 28 verschiedene Ausbildungslehrgänge zum/r Fachsozialbetreuer/in Altenarbeit. Diese werden regional bestmöglich gestreut angeboten, um den Auszubildenden möglichst kurze Anfahrtswege zu bieten. Standorte sind neben den Zentralräumen Linz, Wels und Steyr beispielsweise auch Ried, Mauerkirchen und Andorf im Innviertel sowie Freistadt, Gallneukirchen und Baumgartenberg im Mühlviertel, und außerdem Gaspoltshofen, Vöcklabruck und Ebensee.

 

  • Unter diesen 28 Kursen werden zahlreiche Lehrgänge auch in verlängerter, berufsbegleitender Form angeboten, um berufstätigen Auszubildenden einen leichteren Einstieg zu bieten. Bei dieser Form verlängert sich zwar die Ausbildungsdauer von 2 auf ca. 2,5 Jahre, besonders Eltern mit Kinderbetreuungspflichten oder Personen, die ihren bisherigen Beruf während der Ausbildung aus finanziellen Gründen nicht ganz aufgeben können, sind aber auf solche Angebote angewiesen.
  • Neben dieser verlängerten, berufsbegleitend möglichen Formen wird 2019 bei Bedarf auch eine verkürzte „Intensiv-Form“ der FSB“A“-Ausbildung angeboten. Bei diesem kompakten Lehrgangsmodell ist es möglich, den Abschluss der Ausbildung in ca. 20 Monaten zu erreichen. Dieses Angebot richtet sich dementsprechend an eine Zielgruppe, die bereit ist, die nötige Ausbildung möglichst schnell und intensiv zu absolvieren, um danach raschestmöglich wieder ein volles Erwerbseinkommen zu haben.
  • Eine weitere Verbesserung im Jahr 2019 ist, dass auch eine modular durchgängige Form angeboten wird. Bei dieser Konzeption ist eine stufenweise Ausbildung vorgesehen, die während der ca. 3-jährigen Gesamtdauer zuerst einen Abschluss als Heimhilfe, danach als Pflegeassistenz und am Ende als Fachsozialbetreuer Altenarbeit ermöglicht. Diese qualifizierten „Zwischenstationen“ bieten die flexible Möglichkeit, auch bei einem vorzeitigen Ende oder einer temporären Unterbrechung der Ausbildung bereits beruflich tätig werden zu können.
  • Außerdem werden verstärkt Ausbildungskurse für Migrant/innen angeboten. Diese zeichnen sich durch Vorschaltmodule aus, in denen die deutsche Sprache verbessert und Fachausdrücke gelernt werden. Durch diesen Aufbaukurs wird der Einstieg in die darauf folgende Fachausbildung erleichtert.
  • Zusätzlich zu diesen 28 Kursen für Einsteiger/innen ab 17 Jahren ist 2019 auch vorgesehen, bedarfsgerecht und regional verteilt neue Lehrgänge „Junge Pflege“ zu beginnen. Konkret wird die Altenbetreuungsschule des Landes OÖ bereits im Frühling 2019 mit einem weiteren „Junge-Pflege-Kurs“ starten; bei den Ausbildungsträgern Diakonie und Caritas werden für einen Ausbildungsstart im Herbst Vorbereitungen getroffen und je nach Nachfrage Lehrgänge angeboten.
  • Detailinformationen zur Anmeldung usw. können ab dem Frühjahr 2019 bei den einzelnen Schulen und der SONE – Soziales Netzwerk GmbH angefragt werden.

 

Lehrgangs-Starts im ersten Quartal 2019

TABELLE-OÖ

 

Erster Pilotlehrgang „Junge Pflege“ im November gestartet

In den vergangenen Jahren war es aus rechtlichen und organisatorischen Gründen nur möglich, erst mit 17 Jahren die Ausbildung zum/r Fachsozialbetreuer/in Altenarbeit (FSB“A“) zu beginnen. Die meisten Jugendlichen orientieren sich beruflich aber bereits nach dem Abschluss der Pflichtschule, also mit 15 oder 16 Jahren. Dadurch gingen bisher viele sozial engagierte Jugendliche andere Wege. Mit dem Lehrgang „Junge Pflege“, der am 5. November 2018 startete, ist es nun erstmals möglich, direkt nach der Pflichtschule eine spezielle Ausbildung mit FSB“A“-Abschluss zu beginnen. Die Ausbildung „Junge Pflege“ wurde unter einem besonderen didaktischen Blickwinkel entwickelt, um den speziellen Anforderungen der jungen Teilnehmer/innen bestmöglich zu entsprechen. Da die Teilnehmer/innen die Ausbildung (wie bisher bei einem Eintritt mit 17 Jahren) mit 19 abschließen, sind sie unmittelbar danach befähigt, als FSB-A“ in Heimen und den Mobilen Diensten tätig zu werden.

Durch die Beibehaltung des bisherigen Abschlussalters ist außerdem sichergestellt, dass die Absolvent/innen wie bisher persönlich ausreichend gefestigt sind und wie bisher nicht vor dem 17. Lebensjahr am Pflegebett stehen. Nach einem Monat Laufzeit zeigt sich, dass die 16 jugendlichen Teilnehmer/innen des Pilot-Kurses mit ihrer Ausbildungswahl und der pädagogischen Aufbereitung sehr zufrieden sind.

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