Ärztemangel: Narkosen durch nichtärztliches Personal?

 

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ÖGARI-Präsident Prof. Likar zu Aussagen von MedUni Wien-Rektor: „Routine“-Narkosen gibt es nicht, individuelle Komplikationen sind nicht immer vorhersehbar, hohes Fachwissen ist gefragt. Ärzte sollen durch sinnvolle Maßnahmen entlastet werden, nicht aber durch die Verlagerung von Tätigkeiten, für die ärztliches Know-how die wesentliche Voraussetzung ist.

Als „unverständlich und fachlich nicht nachvollziehbar“ kommentiert der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar (Klagenfurt) eine Aussage des Rektors der MedUni Wien, Univ.-Prof. Dr. Markus Müller, im Kurier vom 9. Jänner 2019. Im Zusammenhang mit dem Ärztemangel und der Entlastung von Ärzten durch andere Gesundheitsberufe meinte der Rektor, die „Verabreichung einer Routine-Narkose“ sei eine Tätigkeit, die an nichtärztliche Gesundheitsberufe ausgelagert werden können. „Das kann man praktisch lernen, dazu muss man nicht Medizin studiert haben.“

„Was hier ein hochrangiger Vertreter der universitären Medizin suggeriert ist kein Reformvorschlag, sondern eine Gefahr für die Patientensicherheit“, kritisiert Prof. Likar derartige Aussagen. „Natürlich gibt es in der klinischen Arbeit viel Routine, aber eine Narkose ist immer ein sehr komplexes Geschehen. Um den chirurgischen Eingriff möglich zu machen, lindern wir die Angst der Patienten und versetzen sie in Schlaf, nehmen ihnen ihre natürliche Atmung und ihre Muskelspannung, müssen sie künstlich beatmen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Operation keine Schmerzen verursacht – Dinge, für die viel Know-how erforderlich ist. Hier gibt es keine reine Routine, im Einzelfall können auch bei optimaler Durchführung immer nicht vorhersehbare Komplikationen auftreten. Ich bin sicher, dass keine Patientin und kein Patient sich für so sensible Tätigkeiten in den Händen von Nicht-Spezialisten begeben möchte, sondern nur in die Hände von optimal ausgebildeten Fachärztinnen und -ärzten.“

Aus gutem Grund würden Fachärzte für Anästhesiologie, die zu den größten ärztliche Fachgruppen gehören, für all diese Aufgaben nach Abschluss des Medizinstudiums sechs Jahre lang ausgebildet, betont Prof. Likar: „Das lässt sich sicher nicht in herbeiphantasierten Schnellsiedekursen ohne Medizinstudium lernen. Wer das glaubt, beweist nur eine gewisse Unwissenheit über die Herausforderungen des klinischen Alltags und ist weit weg von den Patienten und Ärzten seines Hauses. Müssen wir als nächstes mit dem Vorschlag rechnen, Blinddarm-Operationen an nichtärztliches Fachpersonal auszulagern, weil es sich ohnehin nur um Routine handelt?“

Anästhesiologie: Schlüsselrolle bei der Patientensicherheit

Auch die ÖGARI betont, dass Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen im System, zum Beispiel durch eine Verbesserung von Organisation oder Strukturen im Behandlungsalltag, sinnvoll, oft möglich und notwendig sind. „Wir bemühen uns, solche Potenziale auszuschöpfen, um Ressourcen frei zu machen und an anderer Stelle zweckmäßiger einzusetzen. Aber hier können ausschließlich medizinisch sinnvolle Maßnahmen mit Patientennutzen in Betracht kommen, und keine das Patientenwohl gefährdende Vorschläge“, so der ÖGARI-Präsident. „Gute Anästhesiologie ist und bleibt personal- und zeitintensiv. Würde hier rationalisiert, kann dies nur auf Kosten der Patienten und ihrer Sicherheit gehen.“

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Gerade die Anästhesie hat in den vergangenen Jahren zu einer laufenden Optimierung der Patientensicherheit beigetragen. Noch in den 1960er-Jahren lag die anästhesieassoziierte Mortalität mit 80 von 100.000 sehr hoch, in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren gingen die Todesfälle auf 10 bis 30 von 100.000 Fällen dramatisch zurück. Seit Ende der 1980er-Jahre und der Einführung weiterer Sicherheitsstandards und einer verbesserten Ausbildung schließlich beträgt sie nur noch 0,4 von 100.000. „Die Anästhesiologie hat eine Schlüsselrolle bei der Senkung der Spitalssterblichkeit und bei der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Patientensicherheit gespielt“, so Prof. Likar.

Die ÖGARI engagiert sich besonders, Absolvent*innen des Medizinstudiums für das interessante und vielfältige Fach zu interessieren. „Da ist es nicht sehr hilfreich, wenn der Rektor der größten Medizinuniversität den jungen Kollegen ausrichtet, dass es sich um eine untergeordnete Tätigkeit handelt, für die man nicht Medizin studiert haben muss. Motivation, die wir angesichts einer drohenden Fachärzte-Knappheit brauchen, sieht anders aus! Ich lade den Rektor ein, uns bei unseren Bemühungen zu unterstützen, statt Aussagen zu machen, die fachlich unhaltbar sind, Patienten verunsichern und einer ganzen Fachgruppe ihre hohe Qualifikation absprechen“, betont ÖGARI-Präsident Prof. Likar in einer Aussendung.

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