Die Pflegeversicherung ist die jüngste Säule der Sozialversicherungen. In den vergangenen 25 Jahren hat sie zweifellos positiv dazu beigetragen, Langzeitpflege als eigenständige Aufgabe innerhalb der sozialen Sicherung zu verankern. Doch jetzt besteht dringender Reformbedarf – denn schon jede/r dritte Pflegebedürftige kippt in die Armutsfalle.
„Ein großes Problem heute sind allerdings die hohen Eigenanteile in der vollstationären Pflege, die schon ein Drittel der Heimbewohner überfordern. Ein deutliches Indiz dafür, dass wir eine Kurskorrektur benötigen und die Pflegeversicherung reformiert werden muss“ sagt Maria Loheide, sozialpolitischer Vorstand der Diakonie Deutschland.
Aus Sicht der Diakonie Deutschland ist eine Begrenzung der Eigenanteile dringend notwendig. Die Pflegekosten, die über einen festen Eigenanteil liegen müssen zukünftig von den Pflegekassen getragen werden, damit für die Versicherten die Kosten der Pflegebedürftigkeit berechenbar werden.
Nach wie vor werden die meisten pflegebedürftigen Menschen in den Familien und von Angehörigen versorgt. „Die Einsicht, dass Pflegebedürftigkeit nicht in der Familie nebenbei bewältigt werden kann, setzt sich politisch leider zu langsam durch“ erläutert Loheide, „notwendig sind schnelle Hilfen wenn Pflegebedürftigkeit eintritt und eine fachliche und sozialräumliche Infrastruktur zur Unterstützung.“ Die pflegerische Infrastruktur habe sich seit 1995 zwar entwickelt, steht heute aber vor großen Herausforderungen.
Loheide plädiert für eine breite Reformdebatte, die berücksichtigt, dass das Risiko der Pflegebedürftigkeit seit 1995 durch die längere Lebenserwartung gestiegen ist, die Renten und das familiäre Pflegepotenzial hingegen gesunken sind.
„Wir dürfen die zu Pflegenden und ihre Angehörigen nicht im Regen stehen lassen, sondern müssen dafür sorgen, dass die Pflegeversicherung die Belastungen kalkulierbar absichert und kommunale Pflegeinfrastrukturen zur Entlastung ausgebaut werden“, erklärt Loheide (Quelle).
Hintergrund: Deutschlands Pflegelandschaft in Zahlen:
Deutschland wird immer älter. 2013 waren etwa 4,4 Millionen Menschen 80 Jahre und älter, 2050 werden es Schätzungen zufolge 10 Millionen sein. Mit dem Alter steigt das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Ende 2017 waren in Deutschland 3,4 Millionen Menschen pflegebedürftig. Nach wie vor werden die meisten pflegebedürftigen Menschen – 2,59 Millionen – zu Hause versorgt. In Deutschland arbeiten etwa 1,15 Millionen Berufspflegepersonen. Dem großen Trägerverband Diakonie Deutschland beispielsweise sind 2.755 Pflegeheime sowie 1.756 ambulante Pflegedienste und Beratungsstellen mit rund 153.000 hauptberuflichen Mitarbeitenden angeschlossen.
Durchschnittlich muss ein Pflegebedürftiger derzeit 1.830 Euro monatlich als Eigenanteil für ein Pflegeheim aufbringen, wobei es beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern gibt. Die Durchschnittsrente lag 2017 bei 1.018 Euro monatlich.