Massiver Pflegegeld-Schwund in Österreich: Offener Brief an Bundespräsidenten zeigt dringenden Handlungsbedarf auf

Glosse von Erich. M. Hofer

Obwohl die Wertanpassung des Pflegegeldes entsprechend der Inflation gesetzlich verankert ist, scheren sich die Regierungen seit 26 Jahren keinen Deut darum. Diese unerträgliche Ignoranz schmerzt nicht nur zehntausende behinderte Mitmenschen, denen damit eine selbstbestimmte Lebensführung zunehmend unmöglich gemacht wird. Auch hunderttausende pflegebedürftige alte Menschen – also jene Generationen, die unseren heutigen Wohlfahrtsstaat aufgebaut haben – müssen immer mehr selbst zuzahlen, um eine angemessene Versorgung zu erhalten – oder werden zum „Sozialfall“ degradiert .

Inflation

Grafik: smartcrowd.ae

 

Diese „schleichende Ent-Wertung“ ist nicht nur perfid und entwürdigend – sondern auch zutiefst inhuman.Immer mehr Menschen – vor allem Frauen – rutschen in die Armutsfalle ab. Aus diesem Grund haben wir den Bundespräsidenten in einem Offenen Brief (siehe unten) auf diese dramatische Entwicklung aufmerksam gemacht und gebeten, auf alle Parlamentsparteien sowie auf die von ihm so erfolgreich initiierte Expertenregierung einzuwirken, um eine angemessene (steuerfinanzierte) Erhöhung des Pflegegeldes rasch auf den Weg zu bringen.

Pflegegeld auch volkswirtschaftlich sinnvoll

Der budgetäre Mehraufwand des Bundes von rund 900 Mio. Euro jährlich kann durch das Schließen von Steuerschlupflöchern für Konzerne gegenfinanziert werden. Nicht zuletzt ist das Pflegegeld auch volkswirtschaftlich sinnvoll. Denn es wird für Hilfsmittel sowie unterstützende ambulante Pflegedienste sofort wieder ausgegeben und belebt somit – in Zeiten der sich abschwächenden Konjunktur – die Inlandsnachfrage. Dies schafft und sichert viele Arbeitsplätze im Gesundheits- und Sozialbereich sowie in der Medizinproduktewirtschaft.

Sackgasse

Pflegeversicherung: Vorsicht, Sackgasse

Gleichzeitig warne ich vor dem teuren Irrweg einer – aktuell durch die ÖVP andiskutierten – „Pflegeversicherung“ und verweise dabei auf die Erfahrungen in Deutschland: Die dort vor 25 Jahren eingeführte Pflichtversicherung belastet mit derzeit 3,04 Prozent einseitig die Arbeitseinkommen, erhöht die Lohnnebenkosten und läuft mehr und mehr aus dem Ruder. Ebenso wie in Österreich steigt der Eigenanteil der Pflegebedürftigen stetig an. Deshalb wird von vielen Seiten bereits der Umstieg auf ein steuerfinanziertes System – wie etwa der „Pflegefonds“ in Österreich – gefordert.

 

Offener Brief an Bundespräsident Dr. van der Bellen vom 21.06.2019:

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