Sozialminister a.D. Rudolf Hundstorfer (67) plötzlich verstorben – ein Nachruf

Hundstorfer_Rudolf-Nachruf 20-08-2019

Sozialminister a.D. Rudolf Hundstorfer ist plötzlich und unerwartet im 68. Lebensjahr verstorben. In seiner Amtszeit (2008 – 2016) konnten zahlreiche große Reformen – u.a. auch im Pflegebereich – umgesetzt werden. Seiner zutiefst humanen Haltung wegen war der Verstorbene weit über alle Parteigrenzen hinweg geschätzt.

Die amtierende Sozialministerin Brigitte Zarfl betonte, dass bei Hundstorfer immer der Mensch im Mittelpunkt seiner politischen Arbeit gestanden sei, und drückte dessen Familie ihre Anteilnahme aus.

Eine Bilderbuch-Laufbahn im Dienst am Menschen

Aufgewachsen ist Rudolf Hundstorfer in sehr bescheidenen Verhältnissen in Wien-Favoriten. In einer Zweizimmerwohnung mit Toilette am Gang. Früh begann er sich politisch zu engagieren – zuerst als Jugendvertrauensmann beim Magistrat der Stadt Wien, dann als Personalvertreter. Über 17 Jahre lang war er Abgeordneter des Wiener Landtages, zwölf Jahre davon sein Vorsitzender. Im Jahr 2006 übernahm er das Präsidentenamt des Österreichischen Gewerkschaftsbundes in einer sehr kritischen Phase (BAWAG-Affäre) und steuerte den ÖGB souverän wieder zurück in ruhige Gewässer. Im Krisenjahr 2008 zum Sozialminister berufen, hatte er in enger Zusammenarbeit mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) maßgeblichen Anteil daran, dass die internationale Bankenkrise keine großen Schäden in Österreich zur Folge hatte.

Nach der verlorenen Bundespräsidentenwahl 2016 zog sich Hundstorfer von der polituschen Bühne zurück, blieb jedoch als Vorsitzender der Hilfsorganisation Volkshilfe Wien dem Dienst am Menschen weiterhin aktiv verbunden. „Mit Rudolf Hundstorfer verlieren wir eine Persönlichkeit, die sich durch ein ausgleichendes Geschick und ihre Fähigkeit zur Vermittlung über alle Parteigrenzen hinweg auszeichnete“, so Wiens Landeshauptmann Michael Ludwig in seinem Nachruf.

Der schutz- oder hilfsbedürftige Mensch stand immer im Mittelpunkt

In der Amtszeit von Sozialminister Rudolf Hundstorfer konnten wichtige Reformen und sozialpolitische Meilensteine auf den Weg gebracht werden. Von der Ausbildungspflicht für Jugendliche bis zum individuellen Bürger-Pensionskonto hat der verstorbene Sozialminister wesentliche Verbesserungen und notwendige Reformschritte angestoßen. So gelang es mit einem Bündel von Maßnahmen auch, das faktische Pensionsantrittsalter von Herrn und Frau Österreicher auf 60,2 Jahre anzuheben.

Wesentliche Schritte wurden auch im Bereich der Sozialhilfe durch die Umsetzung der §15a-Vereinbarung mit allen Bundesländern zur bedarfsorientierten Mindestsicherung gesetzt, durch die nicht nur bundeseinheitliche Standards geschaffen, sondern durch die engere Anbindung an das AMS auch fast 100.000 Menschen wieder in den Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten. Ebenso ist es gelungen, dass zum Unterschied von Sozialhilfeempfängern die BMS-Bezieher in die reguläre Krankenversicherung einbezogen wurden.

Meilensteine im Arbeitsrecht

Mit dem Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz wurde ein wichtiger Schritt gesetzt, um die Arbeitszeiten der Spitalsärzte in einem bewältigbaren Rahmen zu begrenzen – nicht zuletzt zum Wohle der Patienten. Durch das Sozialbetrugsbekämpfungspaket wurde eine bessere Behördenkooperation möglich und spezifische Maßnahmen gegen Sozialbetrug schützen heute redlich agierende österreichische Unternehmen vor wettbewerbsverzerrenden Praktiken.

Pflegefonds sichert Finanzierung der Pflege

Mit dem Pflegefonds ist es gelungen, die Pflege weiterhin finanzierbar zu halten. Gleichzeitig wurden damit entscheidende Impulse gesetzt, um mobile Dienste, Tageszentren oder moderne Strukturen in Pflegeheimen auszubauen. Eine enorme Verwaltungsvereinfachung brachte die Zusammenlegung der auszahlenden Stellen des Pflegegeldes – von ursprünglich 280 auf heute nur noch fünf auszahlende Stellen.

Zusätzliche Verbesserungen in der Pflege betrafen die Einführung der Pflegekarenz und der Pflegeteilzeit, wodurch die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf deutlich erleichtert wird. Weitere Neuerungen im Pflegebereich in der Amtszeit von Rudolf Hundstorfer sind die Begutachtung und Einstufung des Pflegegeldes durch Pflegefachpersonen, die Ersatzpflege für pflegende Angehörige im Krankheitsfall oder um Urlaub machen zu können und die sozialrechtliche Absicherung von pflegenden Angehörigen.

Flexible Lösungen entschärften die „Flüchtlingskrise“ 2015

Neben den Wirtschaftskrisen hat vor allem die Flüchtlingskrise die Amtszeit von Rudolf Hundstorfer geprägt. Mit dem freiwilligen Integrationsjahr, zusätzlichen Mitteln, um rasch die Kompetenzen der Asylberechtigten zu erheben, ihre Qualifikationen zu verbessern und vor allem, um Deutschkurse zu finanzieren, wurden Impulse gesetzt, um die Integration der schutzbedürftigen Menschen zu fördern.

Konsumentenschutz als Teil der Sozialpolitik

Im Bereich des Konsumentenschutzes hat Hundstorfer für Konsument*innen wirksame Maßnahmen gegen die Internetabzocke, Werbefahrten oder unerwünschte Anrufe gesetzt. Es wurden auch große Sammelklags-Aktionen durchgeführt und ein flächendeckendes Netz an Streitbeilegungsstellen für Verbrauchergeschäfte aufgebaut. An diese Schlichtungsstellen können sich Verbraucher*innen mit Beschwerden wenden, ohne gleich das Risiko eines Gerichtsverfahrens eingehen zu müssen.

Quellen: Österr. Sozialministerium, Rathauskorrespondenz Wien

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