Onkologische Palliativversorgung in Österreich: Zu wenig, zu spät

Jährlich sterben in Österreich rund 20.000 Menschen an Krebs – zu viele von ihnen im Krankenhaus, vor allem in Wien. Es gibt zwar eine hohe Versorgungsintensität, jedoch weniger und späte Palliativversorgung.

Das Austrian Institute  for  Health  Technology  Assessment  (AIHTA)  veröffentlichte eine erste  Analyse  zur Versorgung  von  Krebspatient*innen am Lebensende.

Am Ende ihres Lebens werden in Österreich weniger Krebspatient*innen im Spital palliativ versorgt als in anderen europäischen Ländern, und das auch noch später – obwohl oder weil die Intensität der allgemeinen Versorgung der Betroffenen hoch ist. Grundlage der Analyse waren anonyme Daten der 283.228 Personen, die im Zeitraum 2012 – 2016 in Österreich eine  Krebsdiagnose erhielten. 29% dieser Betroffenen (80.818) starben innerhalb dieses Zeitraums, wobei mehr als die Hälfte von  ihnen während eines stationären Krankenhausaufenthalts verstarben – die in Relation zur Bevölkerung meisten davon in Wien.  Dies ist dabei einer von mehreren Unterschieden zwischen österreichischen Bundesländern, die die Analyse zu Tage förderte.

Palliativstation

Jährlich sterben in Österreich rund 20.000 Menschen an Krebs. Das Leid der Betroffenen und Angehörigen ist dabei groß. Für das Gesundheitssystem wiederum ist das menschlich faire und gleichzeitig wirtschaftlich leistbare Bereitstellen von Ressourcen eine enorme Herausforderung. Sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene setzt man daher zur Bewältigung auch auf die  Analyse hochwertiger onkologischer Daten und evidenzbasierter Informationen.

Stärken und Schwächen im internationalen Vergleich

Dazu Dr. Claudia Wild, Direktorin des AIHTA: „Doch ist die Palliativversorgung im internationalen Vergleich nicht nur gering,  sondern beginnt auch spät im allerletzten Lebensabschnitt der Betroffenen“ (ohne die fehlenden Daten aus der ambulanten Palliativversorgung). Tatsächlich zeigte sich, dass z.B. in der Schweiz fünfmal mehr Betroffene ihre letzten Lebenstage auf  Palliativstationen erleben als in Österreich (68,5 % zu 12,9 %) und in Belgien immerhin noch viermal mehr (53 %).  „Zudem wurden mehr als 50% der in Palliativstationen versorgten Krebspatient*innen erst zwei bis 14 Tage vor dem Tod eingewiesen“.

Als Anzeichen für mangelnde Qualität der terminalen Onko-Versorgung gelten international:

  •  Hoher Anteil an  stationären Todesfällen,
  • Anwendung systemischer Chemotherapie,
  • Einweisungen auf Intensivstationen
  • Krankenhausaufenthalte innerhalb der allerletzten Lebensphase  sowie
  • Überweisungen auf Palliativstationen.

Bei der Anzahl stationärer Todesfälle in Krankenhäusern liegt Österreich im internationalen Vergleich sehr hoch (53,4%): Das ist deutlich mehr als beispielweise in Deutschland (38,3 %) oder in den Niederlanden (29,4 %). Ähnlich wie in anderen Ländern waren hingegen die Anzahl der Aufnahmen auf  Intensivstationen und die systemische Chemotherapie (innerhalb von 30 Tagen vor dem Tod).

Krebs in den Bundesländern

Erhebliche Unterschiede zeigt die Analyse auch zwischen den einzelnen Bundesländern: So konnten etwa in Kärnten (ca. 18%) rund dreimal so viele Krebspatient*innen auf Palliativstationen sterben als in Vorarlberg (Österreich-Durchschnitt: 12,9%). Stark abweichende Werte gab es auch für die Anwendung von systemischer Chemotherapie im letzten Lebensmonat – erhielten  in Salzburg über 10 % der Patient*innen diese Therapie, so waren es im Burgenland nur etwa halb so viele.

> ePrint der Studie

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Originalpublikation:
Robausch, M. und Grössmann, N. (2020): Versorgungsforschung Onkologie. Teil I: Versorgung am Lebensende (End-of-Life Care). HTA-Projektbericht 127.

Robausch M, Grössmann N, Wild C (2020): Cancer Care near the End-Of-Life in Austria: a retrospective Data-Analysis.  In Review beim European Journal of Cancer Care.

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