Neue Initiative minus 15 Prozent warnt: Spitalskeime gefährden schwere Corona- und Grippefälle zusätzlich

Weitaus mehr Tote als das SARS-CoV-2 Virus – 4.500 bis 5.000 jedes Jahr – fordert die zunehmende Verkeimung von Österreichs Spitälern mit multiresistenten Erregern (MRE, MRSA).

Keimbösewicht

An Spitalskeimen erkranken in Österreich jedes Jahr etwa 95.000 Menschen, 4.500 bis 5.000 sterben daran.  Die jetzt von der „Initiative Sicherheit im OP“ (SIOP) und der „Plattform Patientensicherheit“ gegründete „Initiative minus 15 Prozent“ fordert eine Verringerung der nosokomialen Infektionen in Österreich innerhalb der nächsten fünf Jahre um 15 Prozent. Sie will die Politik in die Pflicht nehmen, erwartet von ihr konkrete und verbindliche Vorgaben und fordert ein klares Commitment für dieses Ziel. Die Corona-Krise zeige, was in der Infektionsprophylaxe alles möglich ist, und dieses Engagement gelte es auch für die Prävention von Spitalskeimen zu nützen.

Kontamination systematisch verringern

Dr. Alexander Blacky, Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie, Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (ÖGKH): „Die zunehmende Verbreitung antibiotikaresistenter Bakterien hat zur Folge, dass viele dieser Infektionen nicht mehr wirksam behandelt werden können.“ Nach den Berichten des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) zählen operationsbezogene Wundinfektionen („surgical site infections“, SSI) zu den häufigsten nosokomialen Infektionen. Dr. Blacky: „Der Anteil von SSI variiert je nach Art des Eingriffs und der Prädisposition der Patientinnen und Patienten zwischen 0,6 und 9,6 Prozent aller Operationen.“ Und weiter: „Nosokomiale Infektionen verursachen vor allem Krankheit, Leid und Tod, aber sie sind auch ein beträchtlicher Kostenfaktor. Es geht daher darum, durch systematisches qualitätsvolles Vorgehen diese Prozentsätze kontinuierlich zu verringern.“

Patientenanwalt: Transparenz und verbindliche Richtlinien für Krankenhäuser und Arztpraxen

„Das European Centre for Disease Prevention and Control geht davon aus, dass bis zu 30 Prozent aller nosokomialen Infektionen durch entsprechend gezielte Hygiene und Kontrollprogramme vermieden werden können. Diese beträchtlichen Potenziale gilt es durch zielgerichtete und konsequente Maßnahmen zu nützen“, fordert Dr. Gerald Bachinger, Sprecher der österreichischen Patienten- und Pflegeanwälte. „Wir brauchen also verbindliche Richtlinien für Krankenhäuser, andere Gesundheitseinrichtungen und Arztpraxen, deren Einhaltung überprüft und deren Ergebnisse transparent gemacht werden.“

DGKP Zellhofer: Mehr qualifiziertes Personal und stärkere Patientenbeteiligung

„Ich habe nicht den Eindruck, dass es bei den nosokomialen Infektionen in den vergangenen Jahren eine Veränderung oder Verbesserung gegeben hat“, kritisiert DGKP Josef Zellhofer, Vorsitzender der ÖGB/ARGE-Fachgruppenvereinigung für Gesundheits- und Sozialberufe. Eine positive Ausnahme seien Weiterentwicklungen beim Wundmanagement. „Im Gegenteil, der Druck auf das Personal wird schon seit Längerem, zuletzt beschleunigt durch COVID, immer stärker. Wir brauchen mehr qualifiziertes Personal, das Probleme erkennt und Infektionsquellen zu beseitigen hilft, wir brauchen mehr Ausbildungsplätze und bessere Arbeitsbedingungen.“

Ein weiterer wesentlicher Faktor beim Bekämpfen von Krankenhauskeimen sei eine stärkere Patientenbeteiligung: „Patientinnen und Patienten muss vermittelt werden, was sie selbst tun können und welche Hygienemaßnahmen sie befolgen müssen. Hier braucht es mehr Aufklärung.“

Weniger Spitalskeime – weniger Tote

„Der ‚Initiative minus 15 Prozent‘ geht es darum, nosokomiale Infektionen und ihre Vermeidung gesellschaftlich stärker zu positionieren und zu einem Thema der Politik zu machen, ohne die es hier nicht gehen wird. Die Politik muss klare Ziele definieren und sich dafür einsetzen, dass diese auch erreicht werden. Unsere Initiative wird dabei unterstützen, informieren und das Thema aktuell halten, um vermeidbare Todesfälle durch nosokomiale Infektionen zur verhindern“, so  Dr. Kletecka-Pulker.

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