In seiner am Freitag, 18. Dezember veröffentlichten Ad-hoc-Empfehlung schlägt der Deutsche Ethikrat Maßnahmen vor, die in Einrichtungen der Langzeitpflege lebenden Menschen trotz der aktuell gebotenen Schutzmaßnahmen ein Mindestmaß an sozialen Kontakten sichern sollen.
Personen, die dauerhaft auf Pflege in Einrichtungen der Alten- oder Behindertenhilfe angewiesen sind, laufen derzeit in besonderem Maße Gefahr, durch Kontaktbeschränkungen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie in soziale Isolation zu geraten. Eingeschränkt sind neben Besuchen durch An- und Zugehörige vielfach auch Kontakte zu anderen Bewohnerinnen und Bewohnern sowie zu Dienstleistern. So berechtigt solche Maßnahmen zur Eindämmung des aktuellen Infektionsgeschehens auch sind, so verschlechtert sich die Lebenssituation der Betroffenen ganz erheblich.
Zwar hat der Gesetzgeber mit der jüngsten Novellierung des Infektionsschutzgesetzes ausdrücklich vorgeschrieben, dass in Alten- oder Pflegeheimen sowie Einrichtungen der Behindertenhilfe trotz aller Schutzmaßnahmen ein Mindestmaß an sozialen Kontakten stets gewährleistet bleiben muss. Damit ist jedoch nur angedeutet, welche konkreten Kontaktregelungen den Zielen des Infektionsschutzes ebenso wie den individuellen Ansprüchen auf soziale Teilhabe gerecht werden. Der Deutsche Ethikrat möchte daher die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben im Bereich der pflegerischen Langzeitversorgung mit einigen ethischen Aussagen zur Bestimmung des auch unter Pandemiebedingungen noch zu gewährleistenden Mindestmaßes an sozialen Kontakten unterstützen.
In seiner Ad-hoc-Empfehlung fordert der Deutsche Ethikrat unter anderem, bei der Bestimmung des Mindestmaßes sozialer Kontakte weniger deren Anzahl und Häufigkeit als vielmehr deren Qualität in den Blick zu nehmen. Zudem müsse stets individuell beantwortet werden, welche Beschränkungen hinsichtlich Art und Häufigkeit sozialer Kontakte sich in welcher Weise auf die Lebensqualität der einzelnen Person mit Pflegebedarf auswirken. Wo immer dies vertretbar ist, sollen die in Einrichtungen der Langzeitpflege Lebenden selbst über die Auswahl ihrer Kontaktpersonen entscheiden.
Außerdem sollten auch Formen virtuellen Kontakts ermöglicht und Angebote bereitgestellt werden, die ihrerseits zur Integration, Teilhabe und Lebensqualität der in Einrichtungen der Langzeitpflege Wohnenden beitragen. Dabei wird allerdings betont, dass der virtuelle Kontakt als Ergänzung und nicht als Ersatz für den physischen Kontakt zu verstehen ist.
Der Ethikrat hebt hervor, dass die Einrichtungen vielfach auf zusätzliche personelle Ressourcen angewiesen sind, um ein Mindestmaß an sozialen Kontakten sicherzustellen sowie Aktivierungsangebote vorzuhalten. Zudem legt er dar, wie wichtig eine Stärkung der Pflege auch und gerade in Zeiten der Pandemie ist.
Quelle: Deutscher Ethikrat, 18.12.2020