Von Diabetes bis Demenz: Die Ursache zahlreicher – auch psychischer – Krankheiten liegen wahrscheinlich im Darm. Prof. Dr. Gregor Hasler, Pionier in der Darm-Hirn-Forschung, fasst in seinem Buch die Ergebnisse seiner Arbeit zusammen – mit revolutionären Erkenntnissen.
Der Darm ist ein wichtiges Sinnesorgan, das Gefühle und Gesundheit wesentlich beeinflusst. Essstörungen können die Folge einer Entzündung im Darm sein, die das Gehirn angreift. Und Darmbakterien bestimmen die Persönlichkeit mit. Klingt ungewöhnlich, aber genau das belegen neueste Studien des Neurowissenschaftlers und Psychotherapeuten Prof. Dr. Gregor Hasler, der mit dem Buch: „Die Darm-Hirn-Connection“ Leser*innen eine neue Perspektive auf ihr Bauchgefühl eröffnet.
Krankheiten beginnen häufig im Darm
Die Nervenzellen des Gehirns und des Darms ähneln sich unter dem Mikroskop stark. Zudem ist der Darm das ältere Organ. Im Mutterleib entsteht er zuerst und entwickelt dann als „Ableger“ das Gehirn. Diese grundlegende Verbindung zwischen beiden Teilen des Körpers, kann der Schlüssel für die Heilung zahlreicher Krankheiten sein, deren Ursprung schon länger im Darm vermutet und erforscht werden. Dazu zählen u.a. Multiple Sklerose, Parkinson oder Demenz.
Denn das Verständnis verändert sich zunehmend, lange galt der Darm als schambehaftetes Organ, das schmerzhaft auf sich aufmerksam macht, wenn es leidet. Und laut Autor führen nicht nur Ernährungsfehler oder Bewegungsmangel zu Alarmsignalen – auch die Ursache für psychische Erkrankungen wird immer öfter im Darm gesucht.
Vagusnerv: Kommunikationsachse zwischen Darm und Hirn
Die entscheidende Rolle bei der Kommunikation zwischen Kopf und Bauch spielt der Vagusnerv. Diese Achse zwischen den Organen besitzt zahlreiche Windungen, die sich durch den Körper ziehen, und ist sogar für Gefühle wie Vertrauen, Wohlgefühl und Beruhigung zuständig, wie der Autor in einer Studie erforschte. Ein möglicher Ansatzpunkt für die Heilung von Menschen, die an scheinbar unerklärbaren Beschwerden leiden.
Gregor Hasler, Professor für Molekulare Psychiatrie, wandelt schon lange auf den Spuren der Därme beziehungsweise der Ernährung seiner psychisch erkrankten Patienten. Seine Studien geben ebenso wie eine Reihe weiterer Untersuchungen Hinweise darauf, dass psychische Probleme auch mit der Zusammensetzung des Darmmikrobioms einhergehen. Ein Ungleichgewicht im Darm-Hirn-Link, den der sogenannte Vagus-Nerv besonders augenfällig macht, kann zu Krankheiten beitragen. Diese senken nicht nur das Wohlbefinden, sondern verkürzen auch die Lebenszeit: Übergewicht, Diabetes, Herzkrankheiten, Essstörungen, Depression, Autismus, posttraumatische Belastungsstörung, Schizophrenie und Demenz.
Es ist nun wissenschaftlich plausibel, dass Ernährungsumstellungen, Präbiotika und Antioxidantien über die Darm-Hirn-Connection unsere psychische und körperliche Widerstandskraft stärken. Auch wenn es keine allgemeine Methode gibt und wir alle unsere individuellen Lösungen finden müssen: Unsere Gesundheit liegt viel mehr in unseren Händen und tatsächlich in unserem Darm, als wir es uns je vorgestellt haben.
Körper und Psyche in Balance bringen
Hasler fasst jahrzehntelange Forschung auf dem Gebiet der Darm-Hirn-Kommunikation in diesem Buch zusammen. Durch diese Erkenntnisse könnten grundlegend neue Therapien entstehen, die das System Mensch ganzheitlich betrachten, statt einzelne Organe voneinander losgelöst. Denn der Darm leidet noch an seinem schlechten Image, als lästiger, sensibler Nörgler. Doch Haslers Buch zeigt: Der Darm ist der zentrale Drehpunkt, um Körper und Psyche in Balance zu bringen. Dies erklärt er u.a. in folgenden Kapiteln:
- Hormonelle Achse zwischen Darm und Hirn
- Welche Gehirnregionen sich besonders mit dem Darm beschäftigen
- Wie Darmbakterien die Kommunikation zwischen Bauch und Kopf beeinflussen
- Die „Immun-Achse“ kann helfen die Ursachen von schweren psychiatrischen und neurologischen Krankheiten zu entdecken
- Wie Parasiten das Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen
Über den Autor:
Prof. Dr. med. Gregor Hasler ist ordentlicher Professor für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Freiburg, Chefarzt und Leiter der psychiatrischen Forschungsabteilung des Freiburger Netzwerkes für Psychische Gesundheit. Auch in seiner Jugend litt der Neurowissenschaftler an Darmproblemen, die sich erst mit der Entspannung seines Lebensstils besserten. Heute sind seine Forschungsschwerpunkte neurowissenschaftliche Psychiatrie, bio-psycho-soziale Interaktionen, Stress, Depression und Essstörungen. Haslers vielfältige wissenschaftliche Publikationen wurden mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.
Zitiert…
„Mein Bauch ist sensibel. Ob Fast Food, überfüllte Trams oder verstopfte Terminkalender – mir schlägt alles auf den Magen. Mit der Zeit habe ich gelernt, aus dieser Schwäche eine Stärke zu machen. Diese Erfahrung wollte ich teilen. Bewegt haben mich aber auch die neusten Befunde aus der Darmforschung. Diese sind atemberaubend. Zum Beispiel konnte nachgewiesen werden, dass Darmbakterien und Darmparasiten die Persönlichkeit beeinflussen und dass schwere psychiatrische und neurologische Krankheiten ihre Ursachen im Darm haben. Dies ist wissenschaftlich bedeutsam. Weil wir Darmbewohner und Darmentzündungen mit Ernährung, Sport und Medikamenten maßgeblich beeinflussen können, sind die Befunde auch therapeutisch hochinteressant.“
Prof. Dr. med. Gregor Hasler