Nachhaltige Corona-Gesamtstrategie ist gefragt: Deutscher Ethikrat empfiehlt Ausweitung der gesetzlichen Impfpflicht

Mit deutlicher Mehrheit plädiert der Deutsche Ethikrat in seiner am 22. Dezember 2021 veröffentlichten Ad-hoc-Empfehlung für eine Ausweitung der allgemeinen gesetzlichen Impflicht über die kürzlich vom Deutschen Bundestag beschlossene bereichsbezogene Impfpflicht hinaus.

Das Beratungsgremium betont, dass hohe Impfquoten entscheidend sind, um in eine „kontrollierte endemische Situation zu kommen“. Derzeit stösst das deutsche Gesundheitssystem vielerorts an seine Grenzen. Virusvarianten wie Omikron und erwartbar weitere Varianten des Virus nötigen Sachverständige dazu, ihre Einschätzungen zum künftigen Pandemieverlauf immer wieder aufs Neue zu überprüfen.

Impfpflicht nur ein Teil einer umfassenden Gesamtstrategie

Der Deutsche Ethikrat unterstreicht, dass eine gesetzliche Impfpflicht stets eine erhebliche Beeinträchtigung rechtlich und moralisch geschützter Güter darstelle. Ihre Ausweitung sei daher nur zu rechtfertigen, wenn sie gravierende negative Folgen möglicher künftiger Pandemiewellen wie eine hohe Sterblichkeit, langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen signifikanter Teile der Bevölkerung oder einen drohenden Kollaps des Gesundheitssystems abzuschwächen oder zu verhindern vermag. Eine Impfpflicht könne kurzfristig nicht die gegenwärtige vierte Welle brechen. Ebenso kann eine Impfpflicht kein Allheilmittel gegen die Pandemie sein, sondern nur als Teil einer umfassenden, evidenzbasierten, differenzierten und vorausschauenden Pandemie-Gesamtstrategie erwogen werden.

Daumen-hoch-Daumen-runter

Eine Ausweitung der Impfpflicht muss flankiert werden von einer Reihe von Maßnahmen, etwa einer flächendeckenden Infrastruktur mit sehr vielen niedrigschwelligen Impfangeboten und ausreichend Impfstoff. Empfohlen werden eine direkte Einladung von Impfverpflichteten, ein datensicheres nationales Impfregister sowie kontinuierliche Evaluation und Begleitforschung. Eine Impfpflicht muss mit zielgruppenspezifischer, kultursensibler, mehrsprachiger und leicht verständlicher Information, auch über soziale Medien, verbunden sein. Die politischen Akteure und staatlichen Instanzen sollten bei der Umsetzung der Impfpflicht bewusst darauf hinwirken, Frontstellungen zwischen geimpften und nicht geimpften Menschen zu vermeiden. Die Durchsetzung der Impfpflicht unter Anwendung von körperlicher Gewalt („Zwangsimpfung“) muss ausgeschlossen werden.

Über die konkrete Ausgestaltung einer erweiterten Impfpflicht gibt es im Ethikrat allerdings unterschiedliche Auffassungen. Doch diese konkreten Massnahmen sind ohnedies Sache der politischen Entscheidungsträger(innen) …

> Zur Ad-hoc-Empfehlung im Wortlaut hier

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