Das Innovationsfondsprojekt ERIC* wird als eines der ersten für die flächendeckende Versorgung vom G-BA empfohlen. Es hat gezeigt, dass Telemedizin das Risiko von lang anhaltenden Folgeschäden für Intensiv-Patient*innen nachhaltig verringern kann. Kernstück des erfolgreich evaluierten Projekts ist eine zentrale E-Health-Plattform für die multiprofessionelle Vernetzung und die Standort-unabhängige Tele-Visite.
In Deutschland werden jährlich mehr als zwei Millionen Menschen intensivmedizinisch versorgt, etwa jede/r Fünfte muss künstlich beatmet werden. Zahlreiche Patient*innen leiden nach der Behandlung an Folgeschäden mit kognitiven, funktionellen und psychosozialen Einschränkungen oder Organfunktionsstörungen. Ziel des 2017 gestarteten Projekts ERIC (Enhanced Recovery after Intensive Care) war die nachhaltige Verbesserung der Versorgungsqualität und der Patientensicherheit.
Unter Konsortialführung der Charité Universitätsmedizin Berlin haben die Projektpartner von der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Technischen Universität Berlin, des Fraunhofer FOKUS, der Klinik Ernst von Bergmann Bad Belzig gGmbH und der Krankenkasse BARMER partnerschaftlich zusammengearbeitet. Gemeinsam konnten sie zeigen, dass mit Hilfe der multiprofessionellen telemedizinischen Visite das Risiko für Folgeschäden für die Patient*innen verringert werden kann.
Über die zentrale E-Health-Plattform wurden die Kommunikation und die Datenerfassung der 15 beteiligten Intensivstationen in einem telemedizinischen Zentrum in der Charité gebündelt. Mit den Hausärzten der Region wurde ein Nachsorgeangebot etabliert, um Patient*innen auch nach der Intensivtherapie bestmöglich zu unterstützen. Der Innovationsauschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses hatte das Projekt von 2017 bis 2020 mit rund 6,8 Mio. Euro gefördert.
Für Intensivpatienten ist eine bestmögliche Versorgung überlebenswichtig. Dabei geht es nicht nur darum, ob, sondern auch wie die Patienten die Erkrankung überleben. Mit ERIC sollten daher die wissenschaftlichen und aktuellsten Erkenntnisse in Form von Qualitätsindikatoren direkt ans Patientenbett gebracht werden. „Wesentlich war dabei die tägliche telemedizinische Visite auf den Intensivstationen. Diese hat uns geholfen, evidenzbasiertes Wissen in jeder teilnehmenden Einrichtung zu implementieren und dadurch Langzeitfolgen für die Patienten zu verhindern“, sagt Prof. Dr. Claudia Spies, Projektleiterin und Direktorin der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin der Charité.
COVID 19-Pandemie als Bewährungsprobe erfolgreich
Die Pandemie war für das Projekt eine bedeutende und erfolgreiche Bewährungsprobe, berichtet Prof. Spies: „In dieser herausfordernden und schwer kalkulierbaren Situation hat die Telemedizin zu einer hohen Versorgungsqualität in der Breite beigetragen. Wir konnten umfassendes Wissen generieren und in kürzester Zeit für alle verfügbar machen.“ ERIC bot auch die Grundlage für die telemedizinische Vernetzung im Senatskonzept SAVE-Berlin@Covid-19. „Insgesamt haben wir alle sehr viel gemeinsam und im professionellen Miteinander gelernt.“ (Prof. Spies).
Der Visitenroboter (Bild) für die Stationen vor Ort ist mit mehreren Kameras und einem Mikrofon ausgestattet. So ist das medizinische Personal während der Televisite in Echtzeit mit Fachärzten und Pflegefachkräften in der Charité verbunden. Gemeinsam begutachten sie den Gesundheitszustand der Patienten anhand von acht Qualitätsindikatoren – beispielsweise Medikation oder Ernährung – und besprechen die weitere Therapie. „Der Visitenroboter kann mit der Kamera dicht an die Patienten heranfahren. So konnten wir gemeinsam mit dem Behandlungsteam vor Ort Strategien erarbeiten und im Bedarfsfall beraten und unterstützen“, erklärt Dr. Björn Weiß, Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin und Koordinator des Projekts. Dazu zählen die Anwendung der Bauchlage, die Einstellung des Beatmungsgerätes oder die Dosierung der Medikamente. Zudem wurden Hausärzte, Physiothera-peuten und Reha-Zentren über die Plattform ebenfalls mit einbezogen.
Jetzt sind die Bundesländer am Zug
Inzwischen ist ERIC erfolgreich evaluiert und wird vom Innovationsauschuss für eine Überführung in die Regelversorgung empfohlen. Die Gesundheitsministerien der Länder sind daher im nächsten Schritt gebeten zu prüfen, ob in ihrem Bundesland telemedizinische Visiten auf Intensivstationen etabliert werden sollten.
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*ERIC – Enhanced Recovery after Intensive Care
ERIC wurde unter Konsortialführung der Charité für 44 Monate mit insgesamt rund 6,8 Millionen Euro vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Modul Neue Versorgungsformen gefördert. Als Konsortialpartner waren die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Technische Universität Berlin, das Fraunhofer FOKUS, die Klinik Ernst von Bergmann Bad Belzig gGmbH und die BARMER beteiligt. Primäres Ziel war die verbesserte Implementierung von evidenzbasierten Qualitätsindikatoren, um Langzeitfolgen einer intensivmedizinischen Behandlung vermeiden zu können. Erreicht wurde dies über eine stationäre und ambulante Vernetzung mithilfe eines datengesicherten E-Health-Systems sowie eines kompetenzbasierten Qualifizierungs- und Personalentwicklungskonzept zur lokalen und regionalen Verbesserung der Behandlungsqualität. Beteiligt waren 15 Intensivstationen in Berlin-Brandenburger Krankenhäusern. Der letzte der 1.500 Patienten wurde im März 2020 in das Projekt aufgenommen. 800 von ihnen wurden zudem nach der Entlassung aus der Klinik über einen Zeitraum von sechs Monaten nachuntersucht.