Ö-Projekt ´Community Nursing´: „Verkauft euch nicht unter eurem Wert!“

 Ein aktueller Gastbeitrag von DGKP Daniel Peter Gressl (>facebook, 7.3.2022)

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Österreich setzt derzeit ein EU-Förderprogramm ´Community Nurses´in die Tat um. Dabei kommt es allerdings zu sehr unterschiedlichen Vorgehensweisen, kritisiert der Autor:

Vorab möchte ich kundtun, dass ich grundsätzlich immer für diplomatische Wege bin und versuche soziale Medien eher zur positiven Nachrichten-Verbreitung zu nutzen und über Fortschritt im professionellen Pflegebereich zu berichten. In den vergangenen Wochen wurde ich jedoch mit verschiedenen Anfragen konfrontiert und musste feststellen, dass sich etwas sehr Unerfreuliches aufgetan hat und dies möchte ich gerne mit der gesamten Pflegegemeinschaft teilen.

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Wie die meisten von Ihnen wissen, wurde Mitte Februar offiziell bekannt gegeben, dass 123 Pilotprojekte mit mehr als 190 Community Nurses in ganz Österreich finanziert werden (>LAZARUS berichtete). Pilotregionen haben die Möglichkeit für die Umsetzung des Community Nursing eine oder mehrere DGKP anzustellen oder in Kooperation mit Trägerorganisationen oder freiberuflichen DGKP zu treten. Laut den Förderrichtlinien erhalten Regionen mit einer Bevölkerungszahl von 3000 bis 5000 Menschen, 1 Vollzeitäquivalent. Pro Vollzeitäquivalent werden bis zu 100.000 Euro gefördert. Dieser Betrag ist aufgeteilt für 80 % Personalkosten und 20 % Sachkosten.

Laut den Sonderrichtlinien müssen die 80 % an Personalkosten auch direkt für die DGKPs aufgewendet werden. Im Detail bedeutet dies, dass z.B. eine freiberufliche DGKP als Vollzeitäquivalent ca. 80.000 Euro pro Jahr erhält und DGKP in Vollzeitanstellung, wenn man die Lohnnebenkosten abzieht, ca. 61.700 Euro pro Jahr und im Monat ca. 4.400 Brutto.

In den letzten Wochen erhielt ich vermehrt Anfragen von verschiedenen DGKP, die sich zu den ausgeschriebenen Stellen bei Trägerorganisationen und Gemeinden bewerben möchten und haben gefragt, mit wie viel Gehalt eine Community Nurse rechnen kann, denn die Gehälter in den Ausschreibungen seien sehr unterschiedlich. Ich selbst hatte danach einen Blick in die Jobportale geworfen und traute meinen Augen nicht. Es gab eine Range an Gehalt für VOLLZEITKRÄFTE von 1900,- Brutto bis 3100,- brutto.

Ich stellte Nachforschungen an und hatte mich mit einigen PDL und Geschäftsführer der verschiedenen Organisationen ausgetauscht und musste feststellen, dass einige die Sonderrichtlinien nicht gelesen hatten, dass 80 % der Förderung an die jeweiligen DGKP auszuzahlen sind und es ein „Mascherl“ gibt. Wenn man weniger zahlt, bekommt man weniger Förderung. Zum Entsetzen, dass man nicht in der Lage ist Sonderrichtlinien zu lesen, hatte ich dann doch noch ein Gespräch, dass mich sehr verwunderte und ich nach dieser Antwort beschloss, dies auch der Pflegegemeinschaft zu teilen. Mir wurde klar und deutlich mitgeteilt, dass man lieber der EU Fördergelder zurückgebe, als Pflegekräfte lt. Kollektivverträge zu überzahlen und man das Fördergeld auch für andere Bereiche in der Organisation gebraucht hätte, als nur damit das Personal zu bezahlen. Ich persönlich bin bestürzt und sehr enttäuscht, jedoch leider nicht überrascht.

Hier meine Gedanken laut ausgesprochen an die Kollegenschaft der verschiedenen Organisationen (Geschäftsführer, Juristen, auch PDL’s & Co) die sich seit so vielen Jahren „so stark“ für die Pflegekräfte in der Pflegereform einsetzen und laut betonen bei den Sitzungen und Verhandlungen Sie brauchen Unterstützung von der Realpolitik und der Bund soll die Pflege endlich reformieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist z.B. ein sehr gutes Beispiel, dass man als Organisation auch selbst Verantwortung trägt, wie man zukünftig mit Pflegekräften umgeht. Kein Politiker oder Politikerin der Welt kann da noch helfen, wenn Pflegepersonal aus den verschiedenen Organisationen ausscheidet, weil es einfach an grundlegenden Dingen fehlt wie z.B. Wertschätzung. Jetzt wurden finanzielle Mittel durch die Bundespolitik aufgebracht und ein kleiner Schritt im Zuge der Pflegereform wurde gesetzt. Pflegekräfte haben jetzt die Chance erhalten, ihr Können unter Beweis zu stellen und der Gesellschaft etwas Gutes tun. Die Chance, etwas Neues zu schaffen. Die Gesundheit der Bevölkerung kann nachhaltig gefördert werden u.v.m. Diese zukünftig erbrachten Leistungen gehören auch gut honoriert.

Es ist nicht das erste Mal, dass professionelle pflegerische Leistungen für wirtschaftliches Interessen zweckentfremdet werden. So wird das leider nichts werden mit der Pflegereform. Ich möchte z.B. in Zukunft nicht in der Situation als Vorgesetzter von einem CN-Projekt sein, wenn es dann in den nächsten Monaten so weit ist und sich alle CN österreichweit über ihre Gehälter ausgetauscht haben und es dann so weit kommt, dass man mit dem Gefühl der emotionalen Ungerechtigkeit konfrontiert wird.

An alle professionellen Pflegekräfte! Verkauft euch nicht unter eurem Wert, wenn ihr hochprofessionelle Pflegeleistungen erbringt.

Der Autor ist Vizepräsident des Berufsverbandes ÖGKV.

 

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