„Es geht um die mangelnde Wertschätzung, die den Angehörigen der Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflege im Hochschulbereich entgegengebracht wird“, kommentiert der Rektor der FH Gesundheit (Tirol), Mag. Walter Draxl enttäuscht. Eine überfallsartige Änderung des Fachhochschulgesetzes verlängert den Zeitraum für den nachträglichen Erwerb eines „Bachelor-Grades“ von wenigen Monaten auf 1,5 Jahre. Bereits vorhandenes Wissen wird seitens des Wissenschaftsministeriums nicht anerkannt. Eine Gesetzesänderung bzw. eine Übergangsregelung für die Pflege wird gefordert.
Seit der überfallsartigen Änderung des Fachhochschulgesetzes im heurigen Jahr ist es Fachhochschulen nur mehr möglich, bis zu 90 ECTS – das ist genau die Hälfte eines dreijährigen Bachelor-Studiums – an außerhochschulischen Prüfungen und Qualifikationen anzuerkennen. Dadurch müssen Personen, die ihre Berufsberechtigung als Diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen im Rahmen der bisherigen Diplomausbildung erworben haben, noch 90 ECTS zusätzlich nachmachen, somit mindestens 1,5 Jahre an Studienzeit anhängen, um nachträglich den akademischen Grad „Bachelor“ zu erwerben.
Und das obwohl Absolvent*innen der bisherigen dreijährigen Gesundheits- und Krankenpflegeschulen sowie der FH-Bachelor-Studiengänge Gesundheits- und Krankenpflege berufsrechtlich gleichgestellt sind und tagtäglich die gleichen Tätigkeiten übernehmen: „Bis zur Novellierung des Fachhochschulgesetzes im heurigen Jahr konnten wir rund 85% der ehemaligen Diplomausbildung im Rahmen des Studiengangs anrechnen“, führt FH-Vizerektorin Mag. Claudia Potocnik aus.
„Denn eigentlich unterscheiden sich die beiden Ausbildungen im Wesentlichen nur in Bezug auf die wissenschaftlichen Kompetenzen sowie dem Verfassen einer Bachelorarbeit.“
Studiengangsleiterin Waltraud Buchberger.
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FH-Rektir Walter Draxl fasst die Implikationen der Gesetzesänderungen noch weiter: „Im Grund schadet das neue Gesetz dem österreichischen Gesundheitswesen. Anstatt die Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflege in ihrer berufsbegleitenden Akademisierung zu unterstützen, müssen Pflegepersonen nun erheblich länger als nötig aus dem Gesundheitssystem heraus. Und das in Zeiten eines bestehenden erhöhten Bedarfes an Pflegepersonen.“
Alleine an der fh gesundheit in Innsbruck möchten derzeit 100 bereits diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen einen akademischen Bachelor-Grad erwerben, um damit ein berufliches Fortkommen zu erreichen. „Österreich-weit kann man sicherlich von weit mehr als 1.000 Betroffenen ausgehen“, so FH-Rektor Walter Draxl.
Zusätzlicher Stolperstein ist höchst kontraproduktiv
Gesundheits- und Krankenpfleger Thomas Erhard ist einer von ihnen und erklärt seine Sicht der Dinge: „Der Pflegeberuf konnte immer damit punkten, dass es wenige Bereiche gibt, die so eine Vielfalt und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bieten. Mit dieser Einschränkung für diplomierte Pflegekräfte einen akademischen Titel zu erwerben, ist ein weiterer Stolperstein für all jene gelegt, die noch motiviert diesen Beruf ausführen und dabei beruflich weiterkommen wollen. Es ist mir unbegreiflich, wie vom „Pflegenotstand“ geredet werden kann, und gleichzeitig wird nichts unternommen, um den Beruf attraktiver zu gestalten – sei es auf finanzieller Ebene, oder eben auch verbesserte Möglichkeiten zur Weiterbildung.“
Übergangslösung dringend erforderlich
Sinnvoll und notwendig wäre die Schaffung einer differenzierten Gesetzgebung, die es Diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger*innen ermöglicht, den Bachelor-Grad nach Absolvierung von tatsächlich fehlenden Studieninhalten zu erwerben. Dies könnte auch durch eine Übergangsfrist von 10 Jahren für diese Berufsgruppe erreicht werden.