Tarifpflicht ab 1. September in Deutschland: Bis zu 30 Prozent mehr Lohn in der Langzeitpflege

Seit 1. September dürfen kraft Gesetzes nur noch jene ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen bundesweit ihre Leistungsvergütungen mit den Kassen verhandeln, die einen Tarif anwenden oder auf regionalem Tarifniveau zahlen. Laut Bundesgesundheitsministerium bewirken die dadurch ausgelösten Lohnsteigerungen je nach Bundesland und Einrichtung von zehn bis zu 30 Prozent.

Geldübergabe

Die Tariftreueregelung wirkt. Die Löhne der Pflegekräfte in den Heimen steigen erheblich und das ist gewollt“, so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.  Bereits in den vergangenen Jahren sind die Löhne in der Altenpflege überdurchschnittlich gestiegen (wir berichteten) – seit 2017 insgesamt rund +21 Prozent.

Eigenanteil der Pflegebedürftigen in Heimen gedeckelt

Um Pflegebedürftige bei den damit einhergehenden höheren Eigenanteilen in der stationären Pflege zu entlasten, wurden diese bereits zu Jahresbeginn 2022 gestaffelt begrenzt. So erhalten Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 in stationären Einrichtungen – je nach Verweildauer – einen durch die Pflegekassen finanzierten Zuschuss zu ihrem privat zu zahlenden Eigenanteil in Höhe von fünf bis 70 Prozent.

Deutscher Pflegerat: Richtiger Schritt – doch Gegenfinanzierung noch fraglich

„Mehr Gehalt macht den guten Beruf der Pflege attraktiver, der vernünftig bezahlt werden muss. Mit der Tariftreue-Regelung sind wir jetzt einen Schritt weiter“, so DPR-Präsidentin Christine Vogler (Bild) in einem Radiointerview. Aber: „Höhere Löhne müssen gegenfinanziert werden. Darüber haben wir noch lange nicht bis zum Ende gedacht.“

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Der Bund habe zwar Mittel zur Gegenfinanzierung bereitgestellt. Dennoch würden derzeit nicht – wie zugesagt – alle Lohnerhöhungen vollumfänglich von den Pflege- und Krankenkassen refinanziert. Die finanzielle Belastung trügen derzeit Bewohner*innen und Patienten, die höhere finanzielle Eigenanteile selbst zu tragen hätten.

Präsidentin Vogler fordert, dass „wir gesellschaftlich endlich darüber nachdenken müssen, wie wir in Zukunft Pflege tatsächlich finanzieren. Über die Sozialversicherung wird das so nicht mehr funktionieren.“ Durch die sich massiv erhöhenden finanziellen Eigenanteile befürchtet Vogler zudem das Entstehen eines „moralischen Drucks auf die Pflegenden. Vogler befürwortet die Deckelung der finanziellen Zuzahlungen der Pflegebedürftigen und Patienten. Weiter weist sie darauf hin, dass „wir in Zukunft an einer Steuerfinanzierung der pflegerischen Versorgung nicht mehr vorbeikommen werden“.

 

>zum Interview mit Christine Vogler

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