Das anlässlich der Bundestagsdebatte zur Fachkräftestrategie veröffentlichte Positionspapier präsentiert sechs Reformvorschläge, um die Anwerbung von Pflegekräften im Ausland zu beschleunigen.
Mit der Umsetzung der Maßnahmen aus der Konzertierten Aktion Pflege wurden einige wichtige Impulse zur Fachkräfteeinwanderung im Gesundheitsbereich gesetzt. So wurde zum Beispiel ein Gütesiegel für ethisch vertretbare und faire Anwerbung entwickelt und zahlreiche weitere Initiativen ins Leben gerufen, um ein Verfahren zu entwickeln, welches die Prozesse zur Anwerbung von Pflegefachkräften nach Deutschland vereinfacht und nachhaltig gestaltet.
Die „Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland e.V.“ wurde mit der Erteilung des Gütezeichens „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ beauftragt. Hier kommen verschiedene Akteure aus der Praxis zusammen: Neben Personalserviceagenturen und selbst anwerbenden Einrichtungen finden sich weitere Fördermitglieder, die gemeinsam den Zweck verfolgen, eine ethisch vertretbare und faire sowie nachhaltige Anwerbung von Pflegekräften zu ermöglichen. Die Mitglieder möchten gemeinsame Erfahrungen bündeln und Impulse geben, um die Fachkräfte-Einwanderung zu erleichtern.
Folgende Punkte sollten aus Sicht der Gütegemeinschaft im Gesetzgebungsverfahren und in der künftigen Entwicklung mitbedacht werden:
1. Frist zum Erlangen der Berufsanerkennung anpassen
Die Praxis zeigt, dass die 24-monatige Frist, innerhalb der das Anerkennungsverfahren in Deutschland abgeschlossen werden muss, nur schwer einzuhalten ist. Durch die Einbindung zahlreicher Behörden, die für die Berufsanerkennung nötig sind, entstehen zum Teil sehr lange und stark voneinander abweichende Bearbeitungszeiten. Damit der Zeitraum zwischen bestandener Kenntnisprüfung oder abgeschlossenem Anpassungslehrgang und möglicher Beschäftigung verkürzt werden kann, wird eine aufenthaltsrechtliche Übergangsregelung vorgeschlagen, die beim Vorliegen einer gültigen, ausländischen Berufsurkunde die Beschäftigung als Pflegefachkraft automatisch und befristet vorsieht.
2. Leichtere Anerkennung der Berufsausbildung des Herkunftslandes
Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in der Pflege ist in §43 PflAPrV bundeseinheitlich geregelt. Zuständig für die Umsetzung sind Landesbehörden, die den Anerkennungsprozess auf Landesebene jeweils unterschiedlich handhaben. Wünschenswert für eine leichtere und schnellere Anerkennung ist eine Vereinheitlichung der Prozesse auf Bundesländerebene. Eine weitere Idee, um das Antragsaufkommen auffangen zu können und gleichzeitig die jeweilige Entscheidungskompetenz bei Bund und Ländern zu wahren, ist die Einführung einer neutralen Clearing-Stelle, an die sich Antragsstellende wenden können.
3. Beschleunigtes Fachkräfteverfahren
Das beschleunigte Fachkräfteverfahren nach § 81a AufenthG ist im Grundsatz gut und funktioniert insbesondere dann, wenn eine zentrale Ausländerbehörde das Verfahren durchführt. Damit die vom Gesetzgeber intendierten Beschleunigungen erreicht werden, wäre eine Aufgabenbündelung in den Händen einer zentralen Anlaufstelle (z.B. eine bestimmte Ausländerbehörde) mindestens in jedem Bundesland wünschenswert, ja, vielleicht notwendig.
4. Digitalisierung vorantreiben
Zu begrüßen ist die Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters in der vom Innenausschuss geänderten Fassung (Juni 2021). Das AZR soll eine einheitliche digitale Plattform werden, auf die alle am Immigrationsprozess beteiligten Behörden (Visastellen, Ausländerbehörden, Bundesagentur für Arbeit) zugreifen. So soll der Versand von Dokumenten auf Papier sowie das mehrfache Einreichen von Unterlagen (oder deren Verlust während der Bearbeitung) vermieden und eine Bearbeitung von Anträgen beschleunigt werden.
5. Visa-Prozesse optimieren
Die Wartezeit auf Termine zur Beantragung von Visa bei den deutschen Botschaften und Konsulaten variiert und beträgt einige Wochen bis hin zu mehreren Monaten. Teilweise vergeht ein halbes Jahr, bis Pflegekräfte nach Deutschland einreisen dürfen. Eine transparente Darstellung des Auswärtigen Amtes bezüglich der Zeitvorgaben, die es den einzelnen Botschaften und Konsulaten zur Vergabe von Visa-Terminen und zur Erteilung von Visa macht, würde die Planbarkeit für internationale Fachkräfte, Arbeitgebende und Personaldienstleister erhöhen.
6. Die Beglaubigung von Kopien vereinfachen
Zahlreiche Hürden erschweren die Fachkräfteeinwanderung. Einige Botschaften erstellen keine beglaubigte Kopien von Schulabschluss-Zeugnissen. Eine Folge ist z. B., dass junge Menschen aus einzelnen Ländern sich nicht für die Pflege-Ausbildung in Deutschland bewerben können. Die Ausbildung, für die wir im Inland nicht mehr ausreichend Bewerber finden, gilt in den Herkunftsländern als attraktiv.
Wir wissen, dass die Erstellung beglaubigter Kopien personal-intensiv ist, daher sollten die Botschaften/Konsulate hier entlastet werden. Die Einrichtung einer wöchentlichen offenen Sprechstunde für die Beglaubigung von durch die einwanderungswilligen Fachkräfte selbst hergestellten Kopien in den Botschaften könnte eine Lösung darstellen. Zusätzlich wäre es wünschenswert, dass jede Botschaft vertrauenswürdige Notare, Honorarkonsuln oder lokale Behörden im Herkunftsland bestimmt, die solche Kopien anfertigen, die durch deutsche Behörden akzeptiert werden. Einheitliche, standardisierte Regelungen können hier Unsicherheiten und Unterschiede ausräumen.
Fazit:
Damit dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegengetreten werden kann und der Anwerbeprozess respektvoller und wertschätzender gegenüber den Pflegefachpersonen gestaltet wird, müssen nicht sachgerechte Hürden bei der Fachkräfteeinwanderung abgebaut werden. Die zügige, transparente, einheitliche sowie kundenfreundliche Umsetzung der bereits existierenden Regelungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes kann bereits zu einer Verbesserung der Situation führen.