Bayern: Neuer (alter) Plausch an der „Ratschkasse“ als gesundheitlicher Hebel gegen Einsamkeit

Bayern hat den Präventionsschwerpunkt 2023 zu den gesundheitlichen Folgen von Einsamkeit gestartet. Eine eigene Homepage zeigt Hilfsangebote für einsame Menschen auf.

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (Bild) hat am 27. April 2023 an einer Supermarktkasse im schwäbischen Buxheim bei Memmingen offiziell den diesjährigen Präventionsschwerpunkt gestartet. Der Grund: Chronische Einsamkeit kann – unabhängig von Alter und Geschlecht – auch Folgen für die psychische und körperliche Gesundheit haben. Das Motto lautet: „Licht an. Damit Einsamkeit nicht krank macht.“

Zum Auftakt eröffnete der Minister im EDEKA-Supermarkt Abröll-Groiß in Buxheim eine sogenannte „Ratschkasse“ gegen Einsamkeit: „Wir wollen ein größeres Bewusstsein in der Bevölkerung für die Problematik schaffen. Dabei sensibilisieren wir für die gesundheitlichen Folgen, die chronische ungewollte Einsamkeit mit sich bringen kann.“ Über die vielfältigen Anlaufstellen und Hilfsangebote für Betroffene informiert eine eigene Homepage unter www.einsamkeit.bayern.de. Zudem unterstützt das Land zahlreiche Projekte zur Vermeidung und Bekämpfung von Einsamkeit, wie etwa die neue ,Ratschkasse‘ im Buxheimer Supermarkt.

Wiederbelebung des früheren „Greißlers ums Eck“ als Kommunikationszentrum

Es gibt viele Menschen, die sich einsam fühlen und denen jemand zum Reden fehlt. Der Supermarkt ist ein Ort der sozialen Begegnung. An der ‚Ratschkasse‘ können sich Bürgerinnen und Bürger beim Bezahlen in aller Ruhe mit den Angestellten oder untereinander unterhalten. Was im hektischen Einkaufsalltag oft stört, ist hier ausdrücklich erwünscht: der Ratsch an der Supermarktkasse. Die Kund*innen sollen mit dem Verkaufspersonal mehr als nur Geld und Quittung austauschen, nämlich auch ein paar persönliche Worte – gerne auch mal länger.

Zahlreiche Studien haben Einsamkeit als Risikofaktor für körperliche und psychische Krankheiten identifiziert. Dazu gehören etwa Angststörungen, Depressionen sowie Bluthochdruck, Schlaganfall, Diabetes mellitus Typ 2 oder Demenz.

Das Konzept werde sehr gut angenommen, wie Beispiele etwa aus Frankreich zeigen: In immer mehr französischen Supermärkten gibt es ‚Blabla-Kassen‘, das sind ‚langsame Kassen‘, bei denen sich niemand beeilen muss und auch einmal Zeit für einen Plausch ist. Auch in Japan gibt es schon seit einigen Jahren solche Kassen speziell für Senior*innen.Aber auch Großstädte wie etwa Wien reaktivieren die altbewährte soziale Grätzl-Kultur des „Greisslers ums Eck“ (siehe Bild und >Bericht).

Der Gesundheitsminister: „Wenn die Ratschkasse erfolgreich war, würde ich mich freuen, wenn die Idee zahlreiche Nachahmer in Bayern findet.“ Ziel sei, dass wir aktiver das Miteinander leben und besser auf uns und unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger achten. Einsamkeit sollte kein Stigma sein, das auf Einzelnen lastet. Gemeinsam mit den Kommunen und der Gesundheitsverwaltung und den Akteuren der Bürgergesellschaft können wir dagegen angehen. Der Weg aus der Einsamkeit beginne mit einem ersten Schritt, so Holetschek.

Foto Greißlerei Wien: Die Presse/Cajo Kauffmann

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