Flüssigkeitszufuhr und Hydration spielen eine wichtige Rolle in der Hospiz- und Palliativversorgung – insbesondere, wenn es um das Wohlbefinden in den letzten Tagen vor dem Tod geht. Der Landesverband Hospiz NÖ möchte aufgrund der anhaltend hohen Temperaturen informieren, worauf es zu achten gilt.
Die physiologischen Folgen eines Flüssigkeitsmangels beim „gesunden“ Menschen sind hinlänglich bekannt und Ratschläge zum Umgang mit Hitze wurden in den letzten Tagen und Wochen von der WHO und nationalen öffentlichen Medien publiziert. Zeigen die vom ORF veröffentlichten Daten des Barcelona Institute for Health doch die Gefahr der Folgen deutlich auf, hat Trinken im palliativen Setting und insbesondere im Sterbeprozess eine andere Bedeutung.
Vorbereitung auf den Übergang
Bei Menschen in Palliativsituationen wird die Entscheidungsfindung für oder gegen eine zusätzliche Hydration oftmals kontrovers diskutiert, da sich die Evidenz und der Ausdruck von Fürsorge über die Gabe von Essen und Trinken gegenüberstehen. Der Verlust des Interesses an Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme kann ein Prädiktor für den Beginn der Sterbephase sein. Die Akzeptanz des nahen Todes eines geliebten Menschen fällt schwer und oftmals steht der Wunsch etwas Gutes zu tun bis zuletzt im Widerspruch zur Gabe von Essen und Trinken. Die Evidenz zeigt, dass eine parenterale Flüssigkeitszufuhr in der Sterbephase häufig zu einer Einlagerung von Flüssigkeit im Gewebe und zu einer Zunahme an Atemnot führt und andererseits durch parenterale Rehydration auch die subjektiv empfundene Mundtrockenheit nicht verbessert werden kann (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF, 2020). Aus diesem Grund ist eine kompetente, fachliche Information besonders wichtig.
Jeder Mensch ist einzigartig und es ist wesentlich, die spezifischen Bedürfnisse und Wünsche von Sterbenden zu respektieren und zu unterstützen. „Eine sorgfältige und individuelle Bewertung durch medizinisch-pflegerisches muliprofessionelles Fachpersonal in Zusammenarbeit mit den Patientinnen und Patienten sowie den Angehörigen ist Voraussetzung, um eine bestmögliche Entscheidung zu treffen“, so die beiden Geschäftsführerin des Landesverband Hospiz NÖ, Petra Kozisnik, BSc und Sonja Thalinger, MSc. Es geht vor allem um die Verbesserung der Lebensqualität und damit auch um eine psychosoziale Unterstützung bis zum letzten Atemzug – auch für jene Personen, die ihre Geliebten im Sterbeprozess begleiten.
Wohltuendes bei großer Hitze
An außerordentlich heißen Tagen erfordert palliative Pflege und Betreuung besondere Aufmerksamkeit, um Hitze und Durst zu lindern und einen würdevollen Sterbeprozess zu ermöglichen.
- Allgemein sollte auf eine angenehme Raumtemperatur geachtet und besonders im Sommer für Klimatisierung gesorgt werden.
- Kühlende Kompressen oder feuchte Tücher auf Stirn, Nacken oder Handgelenken verringern die Hitzeempfindlichkeit.
- Wenn der Wunsch nach Flüssigkeitsaufnahme besteht und die betroffenen Personen noch in der Lage sind zu schlucken, können verschiedene Getränke in kleinen Mengen verabreicht werden – idealerweise über einen Strohhalm oder eine Pipette.
- Mundspülungen mit Lieblingsgetränken verringern Mundtrockenheit und lindern ebenfalls das Durstgefühl.
- Durch regelmäßige und sorgfältige Mundpflege wird die Mundschleimhaut feucht gehalten. Einige Betroffene empfinden die kühlende und fettende Wirkung von Eiscreme als wohltuend. Auch das Lutschen an kleinen, gefrorenen Fruchtstückchen kann an heißen Tagen angenehm sein.
- Ist das Schlucken bereits erschwert oder nicht mehr möglich, empfiehlt sich das regelmäßige Anfeuchten der Mundschleimhaut mit speziellen Mundpflege-Stäbchen.
- Trockene und spröde Haut sollte mit Lotionen gepflegt werden, um sie zu befeuchten und zu schützen.
- Hitze kann zu zusätzlicher Müdigkeit und Erschöpfung führen. Deshalb ist es wichtig, dass sterbende Menschen ausreichende Ruhezeiten haben. Musik und beruhigende Düfte können dabei für Entspannung sorgen.
Tipps: Begleiten bis zuletzt
(Angehörigenbroschüre, herausgegeben von Hospiz Österreich): Der Ratgeber richtet sich an pflegende und begleitende Angehörige und Nahestehende.
https://www.hospiz.at/publikationen/begleiten-bis-zuletzt/
Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung
(Leitlinienprogramm Onkologie, Langversion 2.2, 2020), AWMF-Registernummer: 128/001OL
https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/palliativmedizin/
Sterben betrifft uns alle. Sprechen wir darüber.
Weitere Informationen: www.hospiz-noe.at