Schweiz: Nationalrat will Pflege analog der stationären und ambulanten Behandlungen einheitlich finanzieren

Dauerbrenner „Efas“: Seit bereits 14 Jahren beschäftigt sich das Schweizer Parlament mit der einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen. Nun soll auf Wunsch der Kantone auch die Pflege einbezogen werden.

„Es darf bei der Finanzierung keine Rolle mehr spielen, wo eine Behandlung erfolgt – ob im Spital oder in einer Arztpraxis“, begründet FDP-Nationalrätin Regine Sauter die aktuelle Vorlage im Nationalrat die wohl wichtigste gesundheitspolitische Vorlage der laufenden Legislaturperiode. „Unser Gesundheitswesen ist gut, aber nicht gut finanziert. Das führt zu Fehlanreizen“, sagte Abgeordneter Jörg Mäder (GL, ZH).

Der umstrittenste Punkt war bislang der Einbezug der Pflege in die einheitliche Finanzierung. Die Kantone hatten darauf bestanden und damit die Vorlage verzögert. Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat den Einbezug der Pflege mit 130 zu 57 Stimmen gutgeheissen.

Efas kann allerdings das weiterhin bestehende Problem nicht lösen, dass die Tarifpartner nicht in der Lage sind, ein flexibles Tarifsystem anzubieten. Auch die Teuerungen in der Krankenversicherung sind damit nicht vom Tisch. Eine Erhöhung des Kostenbeitrages der Kantone – aus Steuergeldern an die Leistungen des KVG von derzeit 24,5 auf 30 Prozent (Antrag der Grünen) fand keine Mehrheit.

„Die Pflege soll mitentscheiden können“

Barbara Gysi (SP, SG) forderte in der Debatte: „Ich möchte die Verbände des Pflegepersonals in die Tariforganisation einbeziehen. Ich halte es für sehr wichtig, dass die Sicht des Personals aktiv eingebracht werden kann, weil sich die Interessen der Arbeitnehmendenverbände nämlich nicht zwangsläufig mit den Interessen der Leistungserbringenden decken.“

Massive Mehrkosten für alle Versicherten?

Die SVP unterstützte die Vorlage nicht, weil sie für die Prämienzahler*innen weitere Prämienschübe befürchtet, die sich viele Krankenversicherte bald nicht mehr leisten könnten. Genau dies jedoch drohe, wenn die staionäe und ambulante Pflege ebenfalls in die Efas-Vorlage integriert werde. Die erhoffte positive Wirkung von Efas – die Kostensenkung – würde der SVP zufolge mit der Integration der Pflege zunichte gemacht, und es käme zu einer erheblichen Zusatzbelastung für die Versicherten.

Anderer Weg als in Deutschland oder Österreich

Mit dieser grossen Gesetzesänderung zur solidarischen Finanzierung der Pflege – durch Integration in die Krankenversicherung – geht die Schweiz einen anderen Weg als in Deutschland, wo eine eigene „Pflegeversicherung“ durch alle Beitragszahler*innen finanziert wird – oder in Österreich, wo ein aus Bundessteuern finanzierter „Pflegefonds“ – abseits der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung – den für die Pflege zuständigen Bundesländern die entstehenden Mehrkosten refinanziert.
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