Zur Eröffnung des 10. Deutschen Pflegetages am 28. September 2023 mit 3.500 Teilnehmenden in Berlin präsentierte der Deutsche Pflegerat neuerlich seine Forderungen an die Bundesregierung. Und BGM Prof. Lauterbach antwortete mit neuen Reformversprechen.
Fotos: Jan Pauls / Deutscher Pflegetag
„Seit vielen Jahren richten wir uns wieder und wieder mit Forderungen an die Bundesregierung und zeigen den Handlungsbedarf auf, um die Pflege zukunftssicher zu machen. Und diese Forderungen sind begründet – durch nationale und internationale Studien, durch Beispiele aus anderen Ländern und mit sorgenvollem Blick auf die demografische Situation“, sagte DPR-Präsidentin Christine Vogler.
Die vier Forderungen des DPR:
1. Es braucht mehr Befugnisse für Pflegefachpersonen.
Die gesundheitliche Versorgung lässt sich nur verbessern, wenn Pflegefachpersonen ihren Beruf im Bereich von pflegerischer Diagnostik, Therapie und Betreuung souverän ausüben können. Die Übertragung von Heilkundetätigkeiten ist dabei unerlässlich und in anderen Ländern schon lange selbstverständlich. „Wir müssen moderne und versorgungsrelevante neue Berufsbilder wie die Community Health Nurse oder die Schulgesundheitspflege einführen“, sagte DPR-Präsidentin Christine Vogler. „So schaffen wir Perspektiven, mit denen wir Pflegefachpersonen im Beruf und in Deutschland halten können.“
Unterstützt wird ihre Forderung durch die Ergebnisse der aktuellen forsa-Umfrage „Pflege: Neue Rollen der Pflege in der Primärversorgung“ im Auftrag der Bosch Health Campus GmbH: 73 Prozent der Befragten stimmten voll und ganz (22 %) oder eher (51 %) zu, dass mehr Verantwortung an Pflegefachpersonen übertragen werden sollte.
2. Es braucht durchlässige und bundesweit gültige Pflegebildungsstrukturen.
Es kommt auf gute Bildungsmöglichkeiten für alle an, die im Bereich Pflege professionell tätig sind – von der Pflegefachassistenz bis zur Professur. „Der Föderalismus wirkt hier wie eine Bremse“, so die Präsidentin des Deutschen Pflegerates. „Es führt kein Weg daran vorbei, Weiterbildungsangebote und Studiengänge an Hochschulen auszubauen.“ Auch 92 Prozent der Bevölkerung halten Förderprogramme für die Ausbildung von Pflegepersonal laut forsa-Umfrage für hilfreich, um die aktuelle Situation in der Pflege zu verbessern.
3. Die Pflege muss mehr an den politischen Entscheidungsprozessen beteiligt werden.
„Nicht Politiker*innen oder die Ärzteschaft, nur beruflich Pflegende kennen den Arbeitsalltag in der Praxis“, betonte Christine Vogler. „Sie wissen deswegen, welche Maßnahmen wirklich helfen, um die professionelle Pflege voran zu bringen.“ Aus diesem Grund seien Selbstverwaltungsstrukturen im Bund und in allen Ländern in Form von Pflegekammern ein wichtiger Schritt, den die Politik gehen muss.
4. Die Arbeitsbedingungen müssen sich umfassend verbessern.
Dem Fachkräftemangel in der Pflege lässt sich nur mit besseren Arbeitsbedingungen begegnen. Der Deutsche Pflegerat fordert deswegen 4.500 Euro Einstiegsgehalt. Zudem sollen sich weitere Lohnbestandteile an den Qualifikationen und Arbeitsbereichen der Pflegefachpersonen orientieren. „Außerdem müssen wir die Voraussetzungen schaffen, dass Pflegefachpersonen auch unter erschwerten Bedingungen gut arbeiten können“, sagte Christine Vogler. Damit ist u.a. gemeint, Personalbemessungsverfahren konsequent umzusetzen, Bürokratie auf das absolut Notwendige zu reduzieren sowie überflüssige und doppelte Kontrollen zu vermeiden.
In der Bevölkerung befürworten laut forsa-Umfrage 91 Prozent eine bessere Bezahlung des Pflegepersonals und 79 Prozent eine Festlegung verbindlicher Personalbemessungsgrenzen. „Durch eine solche Verbesserung der Arbeitsbedingungen lassen sich Berufsrückkehrer:innen gewinnen und Teilzeitbeschäftige überzeugen, ihre Stundenzahl auszuweiten“, zeigte sich Christine Vogler überzeugt.
>Bildmaterial vom Kongress finden Sie hier
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Was BGM Prof. Lauterbach gesetzlich umsetzen will:
Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach hat zum Auftakt des Deutschen Pflegetags künftige gesetzliche Vorhaben zur Aufwertung des Pflegeberufs zwar angesprochen, blieb jedoch in einigen wesentlichen Anliegen der Pflegenden eher vage .. .
Mehr Kompetenzen für Pflegende
„Die Forderung, die Sie schon lange stellen, ist richtig. Wir nutzen das fachliche Potenzial der Pflege in Deutschland viel zu wenig.“ Deswegen sei mithilfe von Experten und der Expertise der Pflege auszuloten, wie weit man gehen könne.
„Hier muss es ganz klar zu einem deutlich erweiterten Spielraum der Belange – sowohl den Bereich der Delegation als auch der Substitution – kommen, die durch die Pflege abgedeckt werden können“, sagte Lauterbach. Es brauche klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Pflege, um einer gute und evidenzbasierte sicherzustellen, so Lauterbach.
Stärkung des Pflegestudiums
Lauterbach: „Wir brauchen einen sehr signifikanten Anteil von studierten Pflegekräften, um die Pflege auch weiterentwickeln zu können.“ Darauf ziele das kommende „Pflegestudiumstärkungsgesetz“, das u.a. auch zu einer besseren Vergütung von Pflegestudierenden führen werde.
Fachpersonal aus dem Ausland
Nach Ansicht des Gesundheitsministers benötige Deutschland mehr Pflegefachpersonen aus dem Ausland und betonte, dass die Anwerbung nur in Ländern erfolgen dürfe, die über ihren eigenen Bedarf hinaus Pflegepersonal ausbilden. Mit diesen Ländern gelte es „fair“ zusammenzuarbeiten, sagte Lauterbach.
Weitere gesetzliche Vorhaben
- Lauterbach sprach sich zudem für eine Aufwertung und bundesweite Vereinheitlichung der Ausbildung der Pflegeassistenzberufe aus,.
- Ein geplantes Krankenhausstrukturgesetz soll die Krankenhausversorgung deutlich „entökonomisieren“. Dies werde seiner Ansicht zufolge den Pflegeberuf aufwerten.
- Um – nicht zuletzt – das wachsende Problem der Leiharbeit in der Pflege in den Griff zu bekommen, soll ein Gesetz „trägerübergreifende Springerpools“ attraktiver machen.